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In Sicherheit

Es hat eine Weile gedauert, bis im Bus Erleichterung einsetzte. Erst nach einer Stunde etwa hätten die 19 Afghanen in den Sitzreihen langsam Vertrauen gefasst zu den Bundeswehrsoldaten, die sie begleiteteten, erzählt Jürgen Bredtmann. Die Menschen seien zurückhaltend gewesen, gestresst von der strapaziösen Reise. Mit der Hilfe von zwei Dolmetschern unter den Afghanen redeten sie dann alle miteinander, als der Bus immer weiter auf der Autobahn von Frankfurt in den Norden fuhr, und langsam fiel die Anspannung ab. Die Ersten schliefen dann auch ein. Am Mittwochabend, kurz nach 19 Uhr, nach gut acht Stunden Busfahrt, kamen sie schließlich an. Das Ziel der 19 Afghanen war eine Unterkunft für Flüchtlinge in Rahlstedt im Hamburger Nordosten. Es waren die ersten Ortskräfte mit ihren Angehörigen, die nach der Flucht aus Kabul Schutz gefunden haben in Deutschland.

Matthias Wyssuwa

Politischer Korrespondent für Norddeutschland und Skandinavien mit Sitz in Hamburg.

Bredtmann ist Sprecher der Bundeswehr in Hamburg. Das Landeskommando in der Hansestadt hat den Auftrag bekommen, alle afghanischen Ortskräfte und ihre Angehörigen vom Flughafen in Frankfurt abzuholen und im ganzen Land zu verteilen. 13 Busse brachte es daraufhin nach Frankfurt, zunächst brauchte man aber nur den einen. Die Flüchtlinge waren von Kabul nach Taschkent geflogen worden und von dort nach Frankfurt.

Als das Flugzeug am Mittwochmorgen gegen vier Uhr in Deutschland landete, waren 132 Personen an Bord. Botschaftspersonal war darunter, Menschen mit anderen Staatsangehörigkeiten oder mit Familien in Deutschland. 19 Afghanen waren am Ende übrig, die in den Bus einstiegen. Drei Familien, darunter sieben Kinder. Weil Hamburg am Dienstag als erstes Bundesland fest 250 Plätze anbieten konnte für Ortskräfte aus Afghanistan, fuhr der Bus auch in die Hansestadt. Und je näher sie ihrem Ziel gekommen seien, erzählt Bredtmann, desto mehr hätten sich die Dolmetscher auch erleichtert gezeigt und bedankt, dass die Bundeswehr sie rausgeholt habe aus Afghanistan.

Abgleich mit Terroristen

Für die Ortskräfte in Afghanistan kann Deutschland womöglich nicht mehr viel tun. Auf die Afghanen, die es auf einen der Flieger geschafft haben, haben sich Bund und Länder vorbereitet. Am Flughafen Frankfurt machen die Menschen zunächst einen Corona-Schnelltest und werden registriert. Dabei werden auch die Fingerabdrücke genommen, der Name in lateinische Buchstaben transkribiert. In der sogenannten Registrierungsstraße arbeiten die Bundespolizei und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eng zusammen.

Die Bundespolizei hat die Aufgabe, Ausnahmevisa zu erteilen. In dem Verfahren findet eine Sicherheitsüberprüfung statt, die allerdings nur in einem automatischen Abgleich mit Terrorlisten besteht. Anschließend werden die Menschen mit den Bussen des Hamburger Landeskommandos in Erstaufnahmeeinrichtungen gebracht. Am Donnerstag wurde mindestens ein Bus mit weiteren Ortskräften aus Afghanistan in Doberlug-Kirchhain in Brandenburg erwartet. Wie viele Personen am Ende in den Bussen sitzen, sagt Bredtmann, wisse man erst, nachdem die Flugzeuge in Frankfurt gelandet und alle Daten aufgenommen seien.

Für die Verteilung gilt der Königsteiner Schlüssel, der nach Steueraufkommen und Bevölkerungszahl festlegt, welches Bundesland wie viele Personen aufnehmen muss. Wie es im Bundesinnenministerium heißt, wird dabei die Aufnahmebereitschaft der Länder „berücksichtigt“. Hamburg war besonders früh dran, aber inzwischen gibt es aus allen Bundesländern das Angebot, Afghanen aufzunehmen. Auch einige Kommunen, unter anderem in Bayern, hatten sich gemeldet. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet, der auch Unionskanzlerkandidat ist, hatte mitgeteilt, für 800 afghanische Ortskräfte und für 1000 afghanische Frauen aus den Bereichen Bürgerrechte, Kunst und Journalismus Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Solche Ankündigungen sind jedoch eher an die Öffentlichkeit gerichtet als an das BAMF. Dort versucht man die Verteilung so zu organisieren, dass alle Länder ihren anteiligen Beitrag leisten.

Erstaufnahmeeinrichtung schnell verlassen

Die Ortskräfte und ihre Familien müssen nicht ins Asylverfahren. Sie bekommen von den lokalen Ausländerbehörden direkt eine Aufenthaltserlaubnis, die in der Regel auf drei Jahre beschränkt ist. Sie können die Erstaufnahmeeinrichtungen dann schnell verlassen und in kommunale Unterkünfte umziehen. Diese Regelung gilt auch für eine zweite Gruppe, wie Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Donnerstag mitteilte: Personen, die auf den Listen der Bundesregierung stehen, weil sie besonders schützenswerte Repräsentanten der afghanischen Gesellschaft sind, darunter sind etwa Journalistinnen und Menschenrechtlerinnen. Am Donnerstagmorgen hatten die Innenminister von Bund und Ländern vereinbart, dass auch sie nicht ins Asylverfahren müssen.

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Unter den Ankommenden in Frankfurt sind aber auch Afghanen, die weder Ortskräfte waren noch auf einer der Listen stehen. Sie müssen in den Erstaufnahmeeinrichtungen einen Asylantrag stellen. Wer eine Verfolgung durch die Taliban nicht nachweisen kann, kann vorerst trotzdem im Land bleiben, weil die Abschiebungen nach Afghanistan ausgesetzt wurden.

Auch aus der Hamburger Innenbehörde heißt es, man gehe davon aus, dass die Menschen kein Asylverfahren durchlaufen müssten, sondern gleich ein Aufenthaltsrecht erhielten. Schnell hatte man die Erstaufnahmeeinrichtung für sie eingerichtet, die Betten bezogen, Essen und Spielzeug und medizinische Versorgung organisiert. In Hamburg machten alle dann noch einen PCR-Test. An diesem Freitag dürfte ein weiterer Bus in der Stadt ankommen, heißt es.

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