#Fellfarbe früher Säugetiere enthüllt

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Versteinerte Pigmentzellen können uns verraten, welche Farben längst ausgestorbene Tiere wie Dinosaurier besaßen. Nun haben Forschende dieses Verfahren auch auf sechs frühe Säugetiere angewandt, die vor 150 Millionen Jahren an der Seite der Dinosaurier lebten. Wie sich herausstellte, hatten diese urzeitlichen Tiere alle einheitlich dunkles Fell, was mit ihrer nachtaktiven Lebensweise zusammenhängen könnte: Das dunkle Fell diente in erster Linie der Tarnung, so die Vermutung. Die heutige Farben- und Mustervielfalt unter Säugetieren entstand dagegen wahrscheinlich erst nach dem Aussterben der Dinosaurier.
Im Vergleich zu einigen knallbunten Vögeln, Fischen und Reptilien trägt das Fell von Säugetieren eine eher gedeckte Farbpalette. Das liegt daran, dass es in unseren Pigmentzellen nur ein einziges Pigment gibt: das Melanin. Es kommt allerdings in zwei chemischen Varianten vor: dem Eumelanin, das Schwarz- und Brauntöne erzeugt, und dem Phäomelanin, das für Gelb- und Rottöne verantwortlich ist. Durch die Kombination beider Varianten kann das Fell von Säugetieren zahlreiche eindrucksvolle Muster annehmen – von Tigerstreifen über Dalmatinerpunkte bis hin zum Schwarz-Weiß von Riesenpandas.

Den Farben unserer Vorfahren auf der Spur
Die Pigmente Eu- und Phäomelanin unterscheiden sich jedoch nicht nur hinsichtlich der Farben, die sie hervorbringen, sondern auch in der Form ihrer Melanosomen – jener Organellen in Pigmentzellen, die Melanin bilden und speichern. Wie Forschende um Ruoshuang Li von der Chinesischen Universität für Geowissenschaften berichten, sind Melanosomen von orange-rotem Fell eher kugelförmig, während Melanosomen von dunklem Fell eher länglich sind. Das bestätigte eine rasterelektronenmikroskopische und spektrophotometrische Messung an 116 heute lebenden Säugetieren.
Auf Basis dieses Datensatzes konnte das Team ein Modell entwickeln, mit dem sich auch die Fellfarbe ausgestorbener Säugetiere rekonstruieren lässt. Dafür müssen die fossilen Melanosomen als dreidimensionale, versteinerte Abdrücke erhalten geblieben sein. Das ist insbesondere bei rund 150 Millionen Jahre alten Funden aus dem Nordosten Chinas der Fall. Die dort entdeckten fossilen Säugetiere sind zum Teil so gut erhalten, dass die Abdrücke ihres Fells mit bloßem Auge zu erkennen sind. Doch welche Farbe trugen sie? Das haben Li und ihre Kollegen nun anhand von sechs verschiedenen Spezies ermittelt, die einst an der Seite der Dinosaurier verschiedene Nischen besetzten. Manche waren baumlebend, andere konnten vermutlich gleiten und wieder andere lebten wahrscheinlich unterirdisch.
Ein einheitliches Dunkelbraun
Das Ergebnis: Trotz ihrer unterschiedlichen Lebensweise besaßen alle untersuchten Säugetiere einst eine ähnliche Fellfarbe, wie Li und ihr Team berichten. „Proben, die von verschiedenen Stellen jedes Fossils entnommen wurden, ergaben eine einheitlich dunkelbraune Farbe, ohne Anzeichen von Farbmustern wie Streifen, Flecken oder Gegenschattierungen, wie sie bei heutigen Säugetieren zu finden sind“, schreiben die Forschenden. Der Mangel an Variation hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass die meisten frühen Säugetiere zur Zeit der Dinosaurier nachtaktiv waren und ihnen ein unauffälliges Fell zu einer besseren Tarnung verhalf. Auch moderne nachtaktive Säugetiere wie Maulwürfe, Mäuse, Ratten und Fledermäuse sind vorwiegend dunkel gefärbt.
Darüber hinaus könnten die stark melanisierten Haare unseren frühen Säugetier-Vorfahren auch anderweitig nützlich gewesen sein. „Melanisierung erhöht die Erwärmungsgeschwindigkeit von Materialien, und dunklere Haare könnten kleinen Säugetieren helfen, den Wärmeverlust durch Isolierung zu verringern“, erklären Li und ihre Kollegen. Weil die Säugetiere in der Dinosaurier-Ära noch vornehmlich klein und nagetierähnlich waren, könnten sie dadurch ihre Körpertemperatur leichter stabil gehalten haben. „Melanisierte Materialien sind auch stabiler und abriebfester, sodass die Haare möglicherweise der Abnutzung standhalten und die Haut schützen können“, nennen die Wissenschaftler einen weiteren Vorteil.
Musterbildung erst nach dem Ende der Dinosaurier
Das Team geht davon aus, dass die Säugetiere erst nach dem Aussterben der Dinosaurier ihre heutige Farben- und Mustervielfalt entwickelt haben. Als unsere Vorfahren die durch das Massenaussterben vor rund 66 Millionen Jahren freigewordenen Nischen besetzten, waren einige von ihnen nun auch tagsüber aktiv. Ihr Fell konnte von da an auch der visuellen Kommunikation mit Artgenossen und insbesondere der sexuellen Selektion dienen und musste nicht mehr unauffällig sein, wie die Forschenden erklären.
Quelle: Ruoshuang Li (China University of Geosciences) et al., Science, doi: 10.1126/science.ads9734
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