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#Terror an Film- und TV-Sets: Der Elefant im Raum

Gewalt und Machtmissbrauch am Filmset wie im Fall Til Schweiger - der Elefant im Raum

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Dass nicht nur in Hollywood Psychopathen im Showbusiness mit Angst regieren und sich gegenüber Mitarbeitern gehen lassen, ist eigentlich kein Geheimnis. Die große Frage ist nun, ob die Causa Schweiger hierzulande als symptomatisch erkannt oder als neuerlicher Einzelfall heruntergespielt wird. Erste Produktionsgesellschaften wollen reagieren – doch wie glaubhaft ist das?

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Man hat sich schon längst daran gewöhnt, dass in Deutschland alles ein wenig länger dauert: Ob bargeldlose Zahlung, Breitbandausbau oder die endgültige Entsendung des Faxgeräts ins Technikmuseum – hier mahlen die Mühlen eben gemächlich. Schmerzlich erkennbar wird dies nun wieder, etliche Jahre nach #MeToo und dem Fall von Harvey Weinstein, am Beispiel des Umgangs mit den Enthüllungen um die unerhörten Zustände an TV-Sets und bei Fernsehdrehs in Deutschland: Til Schweiger wurde erst kürzlich als mutmaßlich enthemmter Despot geoutet*, der Mitarbeiter tyrannisiert und scheinbar sogar körperlich misshandelt. Und allerseits gibt man sich überrascht.

ARD Degeto: Opfer von Machtmissbrauch, bitte jetzt aufzeigen!

Die öffentlich-rechtliche Prodiktionsfirma ARD Degeto ermutigt nun in diesem Kontext ihre Mitarbeiter*, Machtmissbrauch, Mobbing und Entgleisungen zu melden, wenn sie Hilfe dagegen wollen. Damit stehen die Opfer von Unterdrückungsmechanismen plötzlich denen gegenüber in der Bringschuld, die solche Zustände jahrelang potentiell billigend in Kauf genommen und durch Wegschauen auch mit gefördert haben. Im Rahmen des Schweiger-Skandals ist man nun scheinbar erstmals auf das Problem aufmerksam geworden, scheint es.

Nur scheint auch hinter deutschen Kulissen bereits seit Jahren eigentlich jedem klar zu sein, in welchen Positionen sich die Leuteschinder im Kultur- und Medienbereich festgesetzt haben. Die Missetäter sind aber mächtig und gut vernetzt, zudem werden erfahrungsgemäß von ihren Seilschaften über Jahrzehnte gedeckt, wenn das Ergebnis der Quälproduktionen am Ende erfolgreich ist. Das Problem ist damit als strukturell und eben nicht als personell zu betrachten.

Einem Goldesel schaut man nicht ins Maul

Jeder kennt die anzüglichen Witze über die „Besetzungscouch“ und tollwütige Ausraster von Granden des Filmgeschäfts machen sogar als Video im Internet die Runde, von Harvey Weinsteins Eskapaden wusste die Branche vor dem großen Knall ebenfalls jahrzehntelang. Aber immer noch müssen vielmehr abhängig Beschäftigte und auf Engagements angewiesene Schauspielerinnen und Schauspieler um ihre Karriere fürchten als die Wüteriche, Lustmolche und Berufsexzentriker in den neuralgischen Positionen – denn wer letztere offen anklagt, ist tendenziell erledigt. Im Fall Til Schweiger kommt wohl erschwerend hinzu, dass der Star-Schauspieler und Filmemacher mit seinen seichten Kinofilmen für Constantin Film wohl ein veritabler Goldesel war. Und einem solchen schaut man eben nicht gerne ins Maul.

Missstände in der Medienbranche: Schweigen ist Gesetz

Wenn man nun ernsthaft glaubt, gebeutelte Schauspieler und Set-Mitarbeiter müssten sich einfach nur aufrichtig über die Wahnsinnigen und Grabscher in Machtpositionen beschweren, macht man den Bock zum Gärtner und verkennt folgende einfache Tatsache: Wer die Omertà der durch und durch verkorksten Branche bricht, findet seine Füße schneller in Beton wieder, als er „MeToo“ sagen kann. Das Risiko der Enthüllung wiegt zu schwer, wodurch das Gesetz des Schweigens weiter Bestand hat – sowas löst man nicht mit einem anonymen Beschwerdebriefkasten.

Die Verantwortung kann nicht bei den Opfern liegen

Wollen Produktionsfirmen, Produzenten und Filmstudios sich also nur die Hände in Unschuld waschen, wenn sie die Opfer zur Anklage und damit in die Schusslinie zitieren? Wer den systematisch Geschundenen zunächst das Faustpfand abfordert, sich in eine Zeugenrolle zu begeben (und sei es „anonym“), bevor Veränderungen folgen, wird angesichts der herrschenden Begebenheiten wahrscheinlich eben gar nichts ändern. Statt Kompetenzverwirrung sollten Produktionsverantwortliche Standards eines menschenwürdigen Umgangs installieren. Sich dazu verpflichten. Wie Arbeitsschutz auf einer Baustelle. Pro-aktiv, nicht reaktiv. Alles andere kann getrost unter der Kategorie Virtue Signaling verbucht werden.

  • Quellen: * = Spiegel.de; ** = DWDL.de

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Von

Richard W. Schaber

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