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#Forscher entwickeln Referenzgenom der Menschen

Das Erbgut ist eines der konstitutiven Elemente des Menschen – so war es auch eine Sensation, als vor gut zwanzig Jahren ein erstes Genom veröffentlicht wurde. Doch das 1990 gestartete Internationale Humangenom-Projekt mit seiner im Jahr 2003 publizierten Referenzsequenz wies Lücken auf: Es umfasste nur gut 90 Prozent des menschlichen Erbguts und bestand aus Gensequenzen von lediglich rund 20 Menschen, der Großteil von einer Person. Nachdem im vergangenen Jahr in „Science“ ein erstes als vollständig angesehenes Genom eines einzelnen Menschen veröffentlicht wurde, schickt sich ein internationales Forscherteam nun an, den folgerichtigen nächsten Schritt zu gehen: eine Referenz für das menschliche „Pangenom“ zu entwickeln.

An diesem Mittwoch veröffentlichte das „Human Pangenome Reference Consortium“ im Fachblatt „Nature“ einen ersten Entwurf, der Erbgutsequenzen von 47 genetisch diversen Individuen beinhaltet. Die Sammlung habe das Ziel, „so viele DNA-Sequenzen wie möglich zu repräsentieren, die innerhalb unserer Spezies zu finden sind“, heißt es in einer Pressemitteilung. Es wird geschätzt, dass die Genome aller Menschen zu 99,9 Prozent identisch sind – das verbleibende Promille macht damit alle genetischen Unterschiede aus. Doch bislang wurden hauptsächlich Genome von Menschen europäischer Abstammung für Forschungszwecke genutzt. Das kann zur Folge haben, dass medizinische Entscheidungen für Menschen aus anderen Regionen der Welt auf nicht relevanten Daten basieren.

Erbgut von 350 Menschen

Im Vergleich zum bisherigen menschlichen Referenzgenom mit seinen rund drei Milliarden Basenpaare werden nun einerseits Lücken von 119 Millionen Basenpaaren geschlossen sowie zahlreiche strukturelle Varianten des Erbguts abgedeckt. Andererseits ermöglicht das neue Projekt es, Variationen zwischen Individuen zu erfassen und abzubilden. Die Ergebnisse sind nur ein Zwischenschritt: In gut einem Jahr soll das Pangenom die genetische Diversität von 350 Menschen abbilden.

Die neuen Referenzdaten sollen das Risiko reduzieren, gesundheitliche Un­gleichheiten zu verstärken, erklärt Eric Green, Direktor des von der US-Regierung finanzierten Nationalen Human­genom-Instituts. Dies entspreche auch dessen Ziel, die Diversität in allen Aspekten der Genomforschung zu erhöhen, was entscheidend sei, um die genombasierte Medizin auf gerechte Weise nutzbar zu machen.


Ermöglicht wird das Vorhaben durch neue Sequenzierungstechnologien, die längere Abschnitte des Genoms lesen können – zuvor konnten nur kurze Abschnitte am Stück erfasst und die Geninformation hiernach per Algorithmen zu einem Genom zusammengesetzt werden. Auch ist es nun möglich, Erbgutstücke zu lesen, die aufgrund der zellulären Verpackung der DNA nicht leicht zugänglich sind, oder solche, bei denen dieselben Sequenzen sich oft wiederholen. Die Kosten für das aktuelle Projekt werden auf rund 40 Millionen US-Dollar veranschlagt, jene für das Humangenom-Projekt wurden auf rund drei Milliarden US-Dollar geschätzt.

„Erster Schritt zur Demokratisierung des Genoms“

Die aktuelle Veröffentlichung sowie jene aus „Science“ vom vergangenen Jahr „schließen praktisch alle Lücken, die in der ersten Version des Genoms noch vorhanden waren“, erklärt der an dem Pangenom-Projekt nicht beteiligte Genetiker André Reis in einem Statement. Er ist Direktor des Humangenetischen Instituts am Universitätsklinikum Erlangen. Strukturelle Unterschiede im Genom könnten einen großen Einfluss haben und gesundheitlich relevant sein; dessen regulatorische Elemente, die sozusagen „das Orchester der Gene steuern“, seien bisher weniger gut verstanden. Das neue Projekt fange nun einen signifikanten Teil der global vorhandenen Diversität ein. „Es ist ein wichtiger erster Schritt in der Demokratisierung des Genoms und der Teilhabe von Menschen nichteuropäischer Abstammung an den Errungenschaften der Genomforschung.“

Das Projekt sei ein Anfang, sagt Stefan Mundlos, Direktor des Instituts für Medizinische Genetik und Humangenetik der Charité – doch: „Die vollständige Diversität wird man nie vollständig abbilden können, denn viele Varianten sind individuell.“ Es werde helfen, weitere Assoziationen zwischen Krankheiten und Genom aufzudecken. Bei rund einem Drittel der Patienten mit einer genetischen Krankheit könne man diese bereits mithilfe des bestehenden Referenzgenoms diagnostizieren. „Mit dem vollständigen Genom sollte sich diese Situation verbessern“, sagt Mundlos. Das Pangenom-Projekt soll gleichzeitig neue Standards entwickeln, zum Nutzen nicht nur von Menschen. „Die Methoden, die wir entwickeln, sollten sich auch für andere Spezies als wertvoll erweisen“, schreiben die Autoren in ihrem ­Artikel.

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