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Frankfurter Uniklinik: Screening Cube analysiert Herz-Gesundheit

In der großen Eingangshalle der Uniklinik steht seit wenigen Tagen links eine Kabine, die jeden Patienten oder Besucher zu einem schnellen Kardio-Check-up einlädt. Was der „Screening Cube“ in wenigen Minuten liefert, ist eine Zusammenstellung von Gesundheitsdaten, die auf mögliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen hinweisen können. Das unentgeltliche Angebot des finnischen Start-ups Medicube X, von der Uniklinik mit entwickelt, ist in Deutschland erst das zweite dieser Art. Es ist überraschend einfach zu nutzen und liefert viele Werte, die in einer Arztpraxis genauer, aber umständlicher erhoben würden. Doch hier geht es um eine Ersteinschätzung.

Wer in der Kabine Platz nimmt, muss ein paar Fragen beantworten, ehe es daran geht, den Blutdruck, die Atemfrequenz, das Gewicht und die Sauerstoffsättigung zu messen. Es folgt ein EKG, bei dem nur die Hände aufs Gerät gelegt werden müssen. Ein sogenannter AGE-Reader misst mit einem Infrarotstrahl, wie viele Zucker-Eiweiß-Verbindungen sich in der Haut angesammelt haben, was Hinweise auf Diabetes und Gefäßerkrankungen liefern kann. Die Ergebnisse aller Messungen werden auf Knopfdruck wie eine Kassenquittung an den Besucher ausgegeben. Sind die Werte der Risikoanalyse auffällig erhöht, kann mittels aufgedrucktem QR-Code ein Termin in der Präventionsambulanz der Herzmedizin vereinbart werden.

Treibende Kraft hinter dem niedrigschwelligen Angebot ist David Leistner, Direktor der Klinik für Kardiologie am Uniklinikum. Er sucht mit der kleinen Präventionsstation nicht nach neuen Patienten, sondern möchte sie im Gegenteil so lange wie möglich fern von Herzkatheterlabor oder Operationssaal halten. Weil die Belastungen des Herzens meist schleichend und unbemerkt zunehmen, wissen viele Menschen nicht um ihr Risiko. Ginge es nach Leistner, würde er flächendeckend solche niedrigschwelligen „Screening Cubes“ aufstellen, in Einkaufszentren und U-Bahn-Stationen, um auch jene zu erreichen, die Vorsorgeuntersuchungen nur vom Hörensagen kennen.

Herzmedizin ohne Forschung und Vorbeugung überlastet

Angesichts der wachsenden Zahl älterer Patienten, die von immer weniger Fachkräften versorgt werden müssten, sei Vorbeugung wichtiger denn je, damit Menschen so lange wie möglich gesund bleiben. „Wir werden nicht mehr jedem alles geben können“, stellt der Kardiologe bei der Vorstellung der Messstation nüchtern fest. Für die Herzmedizin, die die Uniklinik in den nächsten Jahren deutlich ausbauen will, bedeutet das, dass Behandlungen präziser werden müssen: „Damit wir weiter jedem genau das geben können, was er braucht.“

Im neu gegründeten Zentrum für personalisierte Medizin wird DNA analysiert.
Im neu gegründeten Zentrum für personalisierte Medizin wird DNA analysiert.Stefan Nieland

Medizinische Leistungen nach dem Gießkannenprinzip auszuschütten, werde künftig weder personell noch finanziell möglich sein. Die Risiken für den Rhythmusgeber des Körpers liegen aber nicht nur in Bewegungsmangel, Übergewicht, Stress, falscher Ernährung sowie zu viel Alkohol und Zigaretten. Sie können auch genetisch bedingt und daher schon bei jungen, anscheinend gesunden Menschen vorhanden sein.

Im Zentrum für personalisierte Medizin, das an der Uniklinik in diesem Jahr seine Arbeit aufgenommen hat, kann bei familiärer Vorbelastung die DNA aus Blutproben analysiert werden, um solche Risiken frühzeitig zu identifizieren. So kann in bestimmten Fällen Schlimmeres verhindert werden, wenn etwa medikamentös rechtzeitig gegengesteuert wird.

Im neuen Zentrum, das die Senckenbergischen Institute für Pathologie und Humangenetik in Zusammenarbeit mit der Klinik für Kardiologie und Angiologie sowie dem Institut für Rechtsmedizin betreiben, werden Forschung und Patientenversorgung verbunden. Personalisierte Medizin erlaube es, Therapien an den einzelnen Patienten anzupassen, erläutert Peter Wild, Leiter des Zen­trums. Genetische Voraussetzungen und Umweltfaktoren – etwa Alter oder strukturelle Veränderungen des Herzens – müssten zusammen betrachtet werden. Das gelinge am besten, wenn Fachärzte aus unterschiedlichen Disziplinen im Team zusammenarbeiten.

Herzzentrum Frankfurt soll führender Standort in Europa werden

Für die Einschätzung von kardiovaskulären Risiken steht der Herzmedizin der Uniklinik von Juni an auch ein neuer photonenzählender Computertomograph zur Verfügung. Er ermöglicht besonders detailreiche Bilder, indem jedes einzelne Röntgenphoton, das einen Patienten durchläuft, „gezählt“ wird. Mit geringerer Strahlendosis als bei herkömmlichen CT-Scannern werde es so möglich, selbst kleinste Strukturen und Ablagerungen in den Arterien zu erkennen und zu bewerten, sagt Leistner.

Das Gerät wird von der Firma Siemens Healthineers bereitgestellt, mit der das Uniklinikum eine weitreichende Zusammenarbeit in der Herzmedizin vereinbart hat. Diese umfasst einen kompletten Neubau der Herzkatheterabteilung auf dem Campus der Universitätsmedizin in den nächsten beiden Jahren. Die Gesamtkosten belaufen sich laut Markus Jones, dem Kaufmännischen Direktor der Universitätsmedizin, auf rund 30 Millionen Euro: „Wir investieren in die technische und bauliche Erneuerung unserer Herzmedizin. Mein Dank gilt dem Land Hessen, das diese Investitionen ermöglicht.“

Das neue Zentrum solle Präzisionsmedizin für Patienten möglichst niedrigschwellig zugänglich machen, so Jürgen Graf, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender der Universitäts­medizin Frankfurt. Die Kooperation mit Siemens Healthineers trage maßgeblich dazu bei, nicht nur durch die erneuerte Infrastruktur, sondern auch durch gemeinsame Forschungsprojekte. Das Universitäre Herzzentrum Frankfurt soll so zu einem führenden Standort der Herzmedizin in Europa werden.

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