Nachrichten

Friedhofscomedy „Drunter und Drüber“ bei Amazon Prime Video

Wenn die Toten nicht ein bisschen Abwechslung brächten, wären Friedhofe wohl im Rennen um die ödesten Arbeitsplätze der Welt ganz vorn. Der Tod selbst, der große Gleichmacher, scheint der Urheber von Friedhofsordnungen zu sein, in denen bis zur exakten Aufbewahrungsbestimmung von Gießkannen alles geregelt ist. Jedes Grab eine Nummer. Bei Grabsteinen zählt die Unfallverhinderungsvorschrift, nicht der freie Selbstausdruck des Steinmetzes. Menschliche Kreativität, so könnte man meinen, ist hier des Teufels oder zumindest der Anfang existenziell begriffener Unordnung.

Jeder Friedhofsmitarbeiter verrichtet sein Teil wie im Schlaf, sei es der zentimetergenaue Aushub der Grube oder Ergriffenheit auf Knopfdruck bei der Trauerrede. Den Verblichenen kann es egal sein, aber aus der Nähe besehen hat der Friedhof, gerade als Arbeitsplatz, komisches Potential. Freilich der schwarzhumorigen, grotesken Art. Was praktisch Denkende direkt zum gepflegten Klischee der besonderen Beziehung der Wiener zum Tod führt, mithin zur nachgesagten Morbidität. Etwas muss dran sein, zumindest in der Wiener Kunst, wo bekanntlich der Zen­tralfriedhof im Lied hochlebt und das Taubenvergiften im Park als romantische Freizeitbeschäftigung einander zärtlich Zugewandter erscheint.

Streik auf dem Friedhof

In der österreichischen Friedhofscomedy „Drunter und Drüber“ ist es allerdings nicht nur den Lebenden, sondern auch den Verstorbenen nicht gleichgültig, was auf dem Friedhof passiert. Die Toten, so ein Haupteinfall des bei Amazon Prime in acht halbstündigen Folgen laufenden Morbiditätsformats, warten nämlich in einem unterirdischen Transitbereich darauf, dass es weitergeht. Wohin? Weiß man nicht. Wie lange das dauert an diesem Ort, wo es hinter dem Einlasskontrollschalter aussieht wie auf einer Kfz-Zulassungsstelle, der eine Privatairline ihr Sechziger-Jahre-Mobiliar überlassen hat? Ewig, meint eine Verstorbene. Unendlich freilich nicht, wie man noch sehen wird.

DSGVO Platzhalter

In der Zwischenzeit gibt es hier unten nichts zu tun außer fernsehen. Das mag für manche schon ein Witz in sich sein. Leider läuft bloß ein einziges Endlosprogramm, aktuell Folge 739.431. Die Soap mit dem Titel „Die Drüber“, sendet live vom Friedhof oben nach unten. Öde, bis zu Beginn der ersten Folge der Comedy der Friedhofsleiter von einem kippenden Friedhofsengel mit marodem Fundament erschlagen wird. Schluss mit dem Panoramablick über das Wiener Treiben (gedreht wurde auf dem Friedhof Hernals).

Von jetzt an, so der stellvertretende Leiter Heli Wondratschek (Nicholas Ofczarek), wird solchen Zufällen, die Menschen ins Jenseits befördern, umstandslos der Garaus gemacht. Indem jeder Mitarbeiter sich ihm unterordnet. Wondratscheks Ordnungsoffensive trifft allerdings auf Mitarbeiter, deren Unbotmäßigkeit sich zur Renitenz steigert und schließlich zum Streik führt.

Soll er, der korrekt staubgrau Gewandete mit seiner aus der Zeit gefallenen Frisur und der aus dem Leim gegangen Figur, die Amtspflichten doch allein verkörpern. Wondratschek probiert es mit dem Feldwebelton; er ist sich sicher, der neue Leiter zu werden. Auftritt und Bühne: Ursula Fink (Julia Jentsch), die sich erst einmal mit dem E-Roller am Sargtransport verhakt. Dass ihre Versetzung aus dem Stadtamt ein Abwicklungsjob ist, vergisst sie, die aus jeder Situation Maximalchaos zu generieren imstande ist, sofort.

Mancher Gag verpufft

Bald haben die Wartenden im Transitbereich eine Menge zu lachen, die Zuschauer nicht ganz so viel. Vor allem, wenn in den Dialogen die Zuspitzung in unablässigem Suada-Pingpong untergeht. Das Drehbuch von Judith Westermann wirkt wie eine Materialsammlung der Absurditäten, so als habe sich die Autorin von keinem ihrer zahlreichen hübschen Einfälle zugunsten eines besseren Erzählflusses trennen wollen. Mancher Gag verpufft, trotz der Mitarbeit (oder Redaktion) des Regisseurs Christopher Schier.

Schier, der mit Ofczarek zusammen für „Die Ibiza Affäre“ verantwortlich zeichnet, hat mit Julia Jentsch und Ofczarek auch bei der vielfach ausgezeichneten Sky-Serie „Der Pass“ zusammengearbeitet. Von „Drunter und Drüber“ hätte man sich wegen der Beteiligten, des Themas und des Schauplatzes mehr versprochen. Mehr slapstickhaft als humorig, bisweilen gar mit Längen geht es schließlich darum, diesen Arbeitsplatz vor der Schließung zu retten, zum Beispiel mit einem „Tag des offenen Grabes“.

Die Friedhofs-Chaostruppe, Harald Windisch als trauriger Steinmetz Werner, Ulrike C. Tscharre als Grabschmuck-Floristin und Trauerrednerin Kornelia, Ella Lee als beider Tochter Selbi, dazu Johanna Orsini als Bestattungs-Geigerin, Sarah Viktoria Frick als Kremierungsfachfrau Adriana und Gerhard Greiner und Nikolai Baar-Baarenfels als unterbelichtete Totengräber, laufen mit Ofczarek und Jentsch manchmal zu passender Form auf. Unter Applaus derjenigen „Drunten“. Diese Kommentatoren mögen im Rahmen ihrer beschränkten Möglichkeiten, weil tot, begeistert sein, aber ansonsten wirkt „Drunter und Drüber“ überinspiriert.

Drunter und Drüber – Chaos auf dem Friedhof läuft bei Amazon Prime.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!