#„Gen Z“ ist weniger naturverbunden

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Die „Generation Z“ in Deutschland kennt weniger heimische Arten und ist weniger naturverbunden als ältere Erwachsene, wie eine Studie zeigt. Demnach verbringen die jungen Menschen zwar ähnlich viel Zeit im Freien, wissen aber weniger über Pflanzen, Vögel und Schmetterlinge als Ältere. Dadurch sind sie auch weniger bereit, sich für Flora und Fauna einzusetzen. Es gäbe aber Möglichkeiten, dem entgegenzuwirken.
Durch menschliche Eingriffe in die natürlichen Lebensräume und den Klimawandel schwindet weltweit die biologische Vielfalt. Dieser Artenschwund bedroht die Ökosysteme unseres Planeten und auch unsere eigene Lebensgrundlage. Damit die Nahrungsketten erhalten bleiben, muss die biologische Vielfalt auf globaler wie lokaler Ebene geschützt werden. Aber wie engagiert man Menschen für den Artenschutz?
„Viele Studien haben nachgewiesen, wie wichtig Naturerfahrungen, eine emotionale Verbindung zur Natur sowie Wissen über Tier- und Pflanzenarten sind, damit Menschen sich für die Natur einsetzen. Allerdings wurde auch gezeigt, dass aufgrund veränderter Lebensstile Kinder und Jugendliche häufig weniger Kontakt zur Natur haben und auch weniger als Erwachsene über Natur wissen“, berichtet Tanja Straka von der Technischen Universität (TU) Berlin. „Damit wird die Befürchtung verbunden, dass sich zukünftige Generationen weniger für die Erhaltung der Natur einsetzen werden.“ Doch was ist dran an dieser Befürchtung?
Studie bestätigt Phänomen der „Generationenamnesie“
Um das herauszufinden, haben Forschende um Straka erstmals systematisch untersucht, wie sich Jugendliche sowie junge und ältere Erwachsene hinsichtlich ihres Naturkontakts und ihrer Artenkenntnisse unterscheiden. An der Studie nahmen insgesamt 600 Menschen teil, darunter 252 Jugendliche im Alter zwischen 15 und 17 Jahren aus Berlin sowie 215 junge Erwachsene zwischen 18 und 29 Jahren. Diese Jahrgänge gehören zur sogenannten „Gen Z“. Hinzu kamen 133 ältere Erwachsene zwischen 30 and 76 Jahren aus ganz Deutschland. Die Biologen befragten sie dazu, wie oft sie Grünflächen besuchen, inwieweit sie sich mit der Natur verbunden fühlen und sich für sie einsetzen würden. Zudem sollten die Teilnehmenden anhand von Fotos zwölf in Deutschland weit verbreitete Arten bestimmen, darunter je vier Vögel, Schmetterlinge und Pflanzen.
Das Ergebnis: Alle Teilnehmenden hielten sich überraschenderweise gleich häufig in Parks, Gärten und anderen Grünflächen auf, die meisten sogar mehrfach pro Woche. Das vermutete Phänomen der „extinction of experience“ – des Erfahrungsaussterbens – gibt es demnach zumindest im Hinblick auf Zugang und Kontakt mit der Natur nicht. Dieser geht bei jüngeren Generationen nicht per se verloren, schließt das Team. Ältere Teilnehmende kannten aber mehr Tier- und Pflanzenarten, fühlten sich stärker mit der Natur verbunden und waren eher bereit, sich für die Natur einzusetzen, als jüngere Menschen. Diese drei Eigenschaften nahmen in der Studie zwischen den Generationen und mit dem Alter tendenziell ab. Der Wert für Naturverbundenheit sank zwischen den drei Altersgruppen von 3,98 auf 3,09 und der Wert für die Einsatzbereitschaft von 3,76 auf 2,82 – jeweils auf einer fünfstufigen Skala.
Die Forschenden sehen damit bestätigt, dass es in Bezug auf die Naturkenntnis schon eine Art Generationenamnesie gibt. Diese Abnahme des Naturwissens war jedoch je nach Organismengruppe unterschiedlich stark ausgeprägt. Die Auswertung ergab, dass sowohl die „Gen Z“ als auch ältere Erwachsene Pflanzen besser kannten als Vögel und Vögel besser als Schmetterlinge. So konnten 73 Prozent der Jugendlichen die Brombeere richtig benennen, aber nur 29 Prozent die Elster und nur noch drei Prozent den Schmetterling Kleiner Fuchs. Im Vergleich dazu erkannten 84 Prozent der älteren Erwachsenen die Brombeere, 61 Prozent die Elster und 22 Prozent den Kleinen Fuchs. Keine der zwölf abgefragten Arten wurde von allen Teilnehmenden richtig benannt. Die Arten, die insgesamt am häufigsten richtig benannt wurden, waren die Brennnessel (86 Prozent), der Haussperling (67 Prozent) und der Zitronenfalter (58 Prozent). Über alle drei Altersgruppen hinweg am seltensten richtig benannt wurden die Rosskastanie (53 Prozent), die Elster (42 Prozent) und der Kleine Fuchs (11 Prozent).
Mehr Bildung und Interaktion mit der Natur
Die Auswertung enthüllte aber auch einen Zusammenhang, der trotz der Unterschiede zwischen den Altersgruppen bei allen Teilnehmenden bestand: Wer viele Arten kannte, war auch emotional stärker mit der Natur verbunden und war eher bereit, sich für sie einzusetzen. Demnach fördert ein gutes Artenwissen tatsächlich die Naturverbundenheit und diese wiederum die Einsatzbereitschaft, schließen die Forschenden. „Es lohnt sich also, die Artenkenntnis und Naturverbundenheit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu fördern“, so Straka.
Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass Stadtbewohner weniger naturverbunden sind als Landbewohner. Um das Engagement der Gesellschaft zu fördern, reicht es nach Ansicht der Berliner Biologen allerdings nicht aus, Parks und andere Grünflächen in Städten einzurichten. Seniorautor Ingo Kowarik von der TU Berlin schlägt angesichts der Ergebnisse zwei Maßnahmen vor: „Die erste ist, verstärkt Zugänge zur Kenntnis unterschiedlicher Organismengruppen zu vermitteln, vom Kindergarten bis hin zur universitären Ausbildung. Die zweite Schlussfolgerung: Besonders Kinder und Jugendliche sollten darin unterstützt werden, sich nicht nur im Grünen aufzuhalten, sondern dort auch über die Natur zu lernen und positive emotionale Erfahrungen mit Natur zu gewinnen“, so der Ökologe. „Dabei sollte auch die Chance genutzt werden, Wissen und Erfahrungen über Natur über Generationen hinweg weiterzugeben“, ergänzt Straka.
Quellen: Technische Universität Berlin; Fachartikel: Ambio, doi: 10.1007/s13280-025-02135-7
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