Wissenschaft

Bernstein verrät Tsunami vor 115 Millionen Jahren

In geologischen Ablagerungen sind die Tsunamis vergangener Zeiten normalerweise schwierig zu erkennen. Doch in einem Tiefseesediment im heutigen Japan haben Forschende nun ganz besondere Hinweise auf eine solche Naturkatastrophe vor 115 Millionen Jahren gefunden: Ausgedehnte Bernsteinablagerungen deuten darauf hin, dass damals große Mengen Baumharz weit ins Meer gespült wurden, dort von großen Kräften verformt wurden und nur langsam aushärteten. Wahrscheinlichster Kandidat für diese Kräfte sind die Wassermassen eines Tsunamis.

Bernstein kann uns Einblicke in längst vergangene Zeiten gewähren. Üblicherweise tut er das durch uralte Insekten und Pflanzenteile, die vor Jahrmillionen in Tropfen aus Baumharz eingeschlossen wurden. An der Luft härtet das Harz innerhalb weniger Tage aus und bewahrt seine Fracht auf diese Weise in nahezu unveränderter Form, auch wenn es später versteinert.

Bernstein in der Tiefsee

Doch unabhängig von solchen Einschlüssen kann Bernstein womöglich auch Hinweise auf lange zurückliegende Naturkatastrophen liefern. „In Tiefseesedimenten aus der frühen Kreidezeit haben wir große Mengen Bernstein gefunden“, berichtet ein Team um Aya Kubota von der Chuo Universität in Tokio. Die Fundstelle befindet sich im Shimonakagawa-Steinbruch auf der japanischen Insel Hokkaido. Als sich die Ablagerungen in der frühen Kreidezeit vor rund 115 Millionen Jahren bildeten, lag dieser Bereich in der Tiefsee – einem ungewöhnlichen Ort für Bernstein, der eigentlich nur in Bernsteinwäldern an Land entstehen kann.

„Die plausibelste Ursache für das Vorkommen dieses rätselhaften Bernsteins in der Tiefsee sind großräumige Tsunamis“, erklären Kubota und ihre Kollegen. Demnach überfluteten die riesigen Tsunamiwellen wahrscheinlich die Wälder, in denen sich einst das Harz gebildet hatte, und rissen es bei ihrem Rückfluss ins Meer hinaus. Die Baumharzklumpen gelangten so bis in die Tiefsee. Darauf deutet auch die Struktur der gefundenen Bernsteinablagerungen hin: „Der Bernstein ist deutlich deformiert, vergleichbar mit typischen Deformationsstrukturen in Weichsedimenten“, berichten die Forschenden.

In rasantem Tempo bis zum Meeresgrund

Große, ebene Flächen am einstigen Meeresgrund, in denen sich Bernstein mit anderen Bestandteilen des Sediments vermischt hat, deuten darauf hin, dass das Harz den Meeresboden in zähflüssiger Form erreicht hat. Dort wurde es bald von Sediment bedeckt, das womöglich aus einem massiven, ebenfalls vom Tsunami ausgelösten Erdrutsch stammte. Fluoreszenzanalysen enthüllten zudem die innere Struktur des Bernsteins: „Horizontale Kanten, flammenartige Strukturen und kleine Bläschen deuten darauf hin, dass das Harz bei der Ablagerung durch den Wasserfluss verformt wurde“, erklärt das Forschungsteam. „Diese Verformungen des Harzes fanden unter Wasser statt.“ Denn ohne Kontakt zur Luft bleibt das Material deutlich länger weich.

Dazu muss das urzeitliche Baumharz jedoch in sehr kurzer Zeit direkt vom Wald zum Meeresboden gelangt sein. „Ein solch schneller und direkter Transport von terrestrischen Materialien vom Land zum Ozean ist durch einen Tsunami möglich“, schreiben Kubota und ihr Team. Einfache Stürme oder Überschwemmungen hätten dagegen den Forschenden zufolge nicht ausgereicht. Beim Erstarren und Versteinern hat der Bernstein dann die Spuren der Naturkräfte konserviert, die damals auf ihn einwirkten. Ob es sich allerdings um einen oder mehrere Tsunamis handelte, lässt sich anhand der Bernsteinablagerungen nicht eindeutig feststellen.

Quelle: Aya Kubota (Chuo University, Tokyo, Japan) et al., Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-025-96498-2




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