#Große Dramatik und unglaubliches Glück
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„Große Dramatik und unglaubliches Glück“
Wer immer den 36. America’s Cup für langweilig hielt, wurde am vierten Tag der Regattaserie eines Besseren belehrt – die beiden Rennen waren an Dramatik kaum noch zu überbieten. Können führte im ersten Lauf zum Sieg der Kiwis, im zweiten hatten sie dann unglaubliches Glück. Am Ende konnten sie den Sieg in einem der spektakulärsten Rennen der Cup-Geschichte nach Hause bringen. Damit liegen die Neuseeländer mit fünf Siegen gegenüber drei der Italiener in Führung. Wer als erster sieben Rennen gewonnen hat, bekommt die älteste internationale Sporttrophäe verliehen. Gewinnen sie die beiden Läufe am Dienstag, behalten die Kiwis den Cup in Auckland.
Christoph Hein
Wirtschaftskorrespondent für Südasien/Pazifik mit Sitz in Singapur.
„Wir wollten heute den Break schaffen. Das Boot lief gut. Wir haben einige Fehler gemacht, lernen aber weiter“, sagte Blair Tuke, die rechte Hand des neuseeländischen Steuermanns Peter Burling nach dem zweiten Tagessieg. Die Anspannung der vergangenen 35 Minuten stand ihm da noch ins Gesicht geschrieben. Denn die Kiwis gingen am Montagnachmittag vor Auckland durchs Feuer – Sieg und Niederlage waren so nah, wie keinmal zuvor in dieser Serie.
Nach einem überlegenen Gewinn des siebten Laufs am frühen Nachmittag fallen die Neuseeländer auf dem ersten Raumschotkurs des achten Laufs in einer Halse von der Kufe: sie bleiben stehen, während die Italiener mit 34 Knoten über den Kurs fliegen und ihren Vorsprung auf mehr als zwei Kilometer ausbauen. Als für die Kiwis nichts mehr zu gewinnen ist, drehen sich plötzlich die Vorzeichen: An der zweiten Luvtonne fällt nun die Luna Rossa in einer Wende von ihrer Tragfläche – und treibt für Minuten hilflos um die Tonne. Nun stürmen die Kiwis von hinten heran, fliegen an den dümpelnden Italienern vorbei und übernehmen die Führung. Ihren Rückstand von vier Minuten wandeln sie im Ziel in einen fast genauso großen Vorsprung. „Als wir endlich auf den Tragflächen waren, haben wir gleich wieder Druck gemacht. Es gibt immer eine Chance, dass der andere auch stehenbleibt“, sagte Tuke.
Packende Zweikämpfe
Zunächst hatte am Montag Erleichterung geherrscht. Endlich mehr Wind, endlich ein offener Schlagabtausch auf der Bahn. „Die Regatta beginnt morgen”, hatte Glenn Ashby Tukes Mitsegler auf der neuseeländischen Te Rehutai am Vorabend noch ermahnt. Und der australische Steuermann der Italiener, Jimmy Spithill, ahnte: „Bis jetzt war es immer so, dass dasjenige Boot gewinnt, das als erstes über die Linie kommt und nach der ersten Wende führt. Das wird sich mit den Wetterbedingungen möglicherweise ändern.“
Er sollte bei seiner vierten Teilnahme am America’s Cup Recht behalten. In der Tat kam es nach dem durch Flaute erzwungenen Ruhetag am Sonntag beim siebten und achten Lauf zu packenden Zweikämpfen vor Auckland. Im ersten Lauf, bei stärkerem Wind, hatten die Kiwis noch alles richtig gemacht: Sie segelten das schnellere Boot, und das besser als die Italiener. Den Vorsprung, den sich die Luna Rossa mit einem hervorragenden Start im ersten Rennen des Tages erarbeitet hatte, konnte sie nicht halten. Damit gewannen die Neuseeländer erstmals das erste Rennen eines Tages. Auch war es das erste Mal, dass die am Start führende AC75 keinen Sieg nach Hause fahren konnte.
Zwar war die Höchstgeschwindigkeit der beiden Boote beim siebten Rennen mit knapp 43 Knoten (80 Stundenkilometer) ausgeglichen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit der Neuseeländer aber lag sowohl auf der Kreuz wie auch vor dem Wind rund 2 Knoten über derjenigen der Italiener. Mit einer kleineren Fock hatten die Kiwis das bessere Vorsegel gewählt. So wie beim Autorennen die Reifen, kann die Wahl der Segel ein solches Rennen entscheiden. „Unsere Jib war auf der ersten Kreuz noch richtig, ab der zweiten hätten wir noch zulegen können“, räumte Francesco Bruni nach dem ersten Rennen ein, der zweite Steuermann der Italiener. Um die Luvtonne herrschten am Morgen vor Auckland 12 Knoten Wind, an der Leetonne hingegen nur 9 Knoten Wind. Damit kam die Wahl der richtigen Beseglung einer Wette gleich. Die schwerste Entscheidung des Tages fiel schon vor dem Startschuss – die Neuseeländer fällten sie für den ersten Lauf richtig.
„Das ist nicht gut gelaufen“
„Wir geben nicht auf, wir haben ein paar Rennen gewonnen. Das Ding hier ist noch lange nicht gelaufen“, sagte Bruni nach dem ersten Lauf. Und schob fast trotzig nach: „Wir werden nichts ändern für den achten Lauf, gar nichts.“ Das war zunächst richtig, denn der Wind drohte einzuschlafen. Nun hatten die Italiener einen Vorteil. Er schien das Rennen entschieden zu haben, als die Te Rehutai genau in dem Moment, als sie raumschots auf die Luna Rossa aufschloss, in einer Halse von der Kufe stürzte. Hilflos trieb der Renner um den Kurs. Die Grinder gaben mit einem Herzschlag von mehr als 180 alles, um das Flugboot wieder abheben zu lassen. Als es gelang, hatten sie mehr als zwei Kilometer aufzuholen.
Ihre Chance kam völlig unerwartet, als Spithill denselben Fehler machte wie Burling zuvor. Unangreifbar in Führung liegend, ließ er die Luna Rossa bei der Wende vor der Luvtonne abstürzen. Nun flogen die Kiwis von hinten heran, ließen den Rückstand in jeder Sekunde schmelzen, um dann ihrerseits den Lauf ungefährdet zu beenden.
Der Dienstag wird zeigen, ob die Italiener sich noch einmal aufbäumen können. Spithill bemühte sich nach dem zweiten Zieldurchlauf um die Ausgeglichenheit eines buddhistischen Mönchs: „Das ist nicht gut gelaufen. Aber wir lernen jeden Tag dazu.“ Nicht ausgeschlossen, dass er bei der Crewsitzung am Abend vor dem ersten Entscheidungstag des 36. America’s Cup sich selber zitieren wird: „Jeder Tag, an dem man aufwacht mit dem Wissen, um den America’s Cup segeln zu dürfen, ist so schlecht eigentlich nicht“, hatte der Australier in italienischen Diensten am Sonntag noch zu Protokoll gegeben.
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