#Günstig, regional und vegan
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„Günstig, regional und vegan“
Beim Gedanken an Mensaessen, welcher Geschmack entsteht da in der Vorstellung? Ist es der von Currywurst und Pommes, dem deutschen Kantinenklassiker? Oder der von zu weichen Nudeln mit Sahnesoße, die sich in ihrer Konsistenz kaum von den zerkochten Pilzen unterscheiden lassen? Vielleicht ist es auch der von selbst zusammengesuchtem Salat aus dem Edelstahlbuffet, ertränkt in überwürzigem Kräuterdressing. Mensaessen hat nicht die beste Reputation. Aber wenn es nach Felix Bröcker und Natalja Kreiter geht, muss das nicht so bleiben.
Mit ihrer Initiative „Mensa von morgen“ wollen Bröcker und Kreiter erreichen, dass sich zumindest die Mensa an der Hochschule für Gestaltung (HfG) in Offenbach anders entwickelt. Der Anlass für die Initiative waren die Pläne für den Neubau der Hochschule, der im Offenbacher Hafen auf 15.000 Quadratmetern entstehen wird; in acht Jahren soll er fertig sein.
Die Mensa als soziale Skulptur
Wenn alles neu wird, warum dann nicht auch das Konzept der Mensa: Das ist die Idee der beiden Studenten. „Die Mensa kann eine soziale Skulptur sein, die in die Gesellschaft hineinwirkt“, sagt Felix Bröcker, der selbst eine Ausbildung zum Koch gemacht hat und an der HfG zu „Inszenierungsstrategien der europäischen Hochküche“ promoviert. Sein und Natalja Kreiters Wunsch: Die essbaren Zutaten der sozialen Skulptur sollten nachhaltig, regional und vegan sein. Außerdem finanzierbar und im besten Falle schmackhaft. Wie das funktionieren könne, diskutierten Bröcker und Kreiter dieser Tage in Frankfurt, im Museum Angewandte Kunst, mit Gästen aus Kunst, Kultur und Kulinarik.
So ist das gedacht: die Runde, das Essen und der, der es zubereitet hat.
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Bild: Helmut Fricke
Unter den Gästen ist an diesem Abend Onno Faller, die früher die Kochwerkstatt an der Städelschule in Frankfurt leitete und heute Geschäftsführerin des Museums am Jagdschloss Kranichstein in Darmstadt ist. Die Kochwerkstatt ist eines der Vorbilder von Kreiter und Bröcker für die Mensa von morgen. Dort erhob Peter Kubelka als Professor das Kochen zur künstlerischen Technik. Obwohl er als Filmkunstprofessor eingestellt war, wurde er nachhaltig dadurch bekannt, dass er Film und Kochen gemeinsam als Kunstgattung lehrte. Aufregende Zeiten seien das gewesen, erzählt Faller. „Wir standen immer mit einem Bein im Gefängnis.“ Die zahlreichen Hygienevorschriften, die für Großküchen gälten, verhinderten oftmals das handwerkliche Kochen mit kulturell verankerten Techniken. Beispielsweise dürften keine rohen Eigelbe verarbeitet werden. „Aber wie soll man sonst eine Hollandaise machen?“
Vorbild für Uni-Kantinen? Grüne Waffeln von Emma-Metzler-Küchenchef Anton de Bruyn
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Bild: Helmut Fricke
Ein anderes Hindernis ist der Versorgungsauftrag der Mensa. Die HfG in Offenbach hat zurzeit 800 Studenten, etwa 150 essen täglich in der Mensa. Für die Versorgung besteht zudem ein Vertrag mit einem Dienstleister über das Studentenwerk. „Der lässt sich nicht so einfach aufbrechen“, sagt Susanne Eickemeier, Kanzlerin der HfG. Das Studentenwerk selbst, so erzählt es Felix Bröcker, stehe ihrer Initiative zwar offen gegenüber. Allerdings plane es in anderen, größeren Dimensionen. Er könne das verstehen. Wer an anderen Unis mehrere hundert, mitunter Tausende Studenten verköstige, denke zunächst daran, wie Lieferketten und Versorgung der Gäste sichergestellt werden könnten.
Was brauchen die Gäste? Kann satt zu werden an einer Hochschule, an der es um Gestaltung geht, das Wichtigste sein? „Von so einem profanen Versorgungsgedanken muss die HfG Abstand nehmen, wenn sie ein Vorbild sein will“, sagt der Philosoph und Gärtner Leon Joskowitz. Das Mensaessen solle eine künstlerische, professorale Note erhalten, meint er.
Günstige, regionale und vegane Zutaten
In einer mobilen Küche steht unterdessen Anton de Bruyn, regengeschützt unter einem Vordach im Innenhof des Museums. Er ist Koch und Inhaber des Lokals Emma Metzler, des Restaurants im Museum Angewandte Kunst. Er soll und will zeigen, wie vom Konstrukt Mensa inspiriertes Essen auch sein kann. Während die Gäste noch über den Versorgungsgedanken diskutieren, bereitet er mit einem Gehilfen 75 Portionen einer Zucchiniwaffel mit Kohlrabisalat und Preiselbeeren zu. „Die Zutaten sind alle günstig, regional und vegan“, sagt er, während er nebenbei weitere Zucchiniwaffeln im Waffeleisen backt und mit dem Salat auf den Tellern anrichtet. Der Wareneinsatz für einen Teller dieses Gerichts liege bei unter einem Euro.
Wie würde er als Küchenchef eine Mensa angehen, die den an diesem Abend formulierten Ansprüchen gerecht wird? „Dafür braucht man einen kreativen Koch, der viele gute Ideen hat.“ Also eigentlich jemanden wie ihn selbst, oder? De Bruyn lacht und sagt, dass viele Kollegen sich von einem gewissen Alter an nach einem Job sehnten, der besser mit der Familienplanung vereinbar sei als die Arbeit in einem Restaurant. Ein ordentlicher Küchenchef wisse zu diesem Zeitpunkt, wie sich für Mensagäste ein preiswertes Gericht aus nachhaltigen, regionalen, veganen Zutaten machen ließe. Allerdings müsste so ein Koch auch ein ganz gutes Gehalt bekommen. „3000 Euro netto sollte man mir dafür schon bezahlen“, sagt de Bruyn.
Seine Zucchiniwaffel ist zumindest ein schmackhaftes Argument für solch ein Modell. Teig und Zucchini verbinden sich, als gehörten sie ganz natürlich zusammen, das Ganze ergänzt sich wunderbar mit dem Kohlrabi und stillt den Hunger der Anwesenden für den restlichen Abend. Aber bis das der nächste deutsche Kantinenklassiker wird, ist es wohl trotzdem noch ein weiter Weg.
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