#Wahlen auf den Azoren: Steht Portugal ein Rechtsruck bevor?
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Auf den Azoren gewinnt ein Bündnis der rechten Mitte. Auch die rechtspopulistische Chega-Partei legt zu. Sie könnten eine neue Regierung bilden – die zum Vorbild für Lissabon werden könnte.
Es war zwar weit draußen im Atlantik, wo das Rechtsbündnis AD am Sonntag auf den Azoren die vorgezogenen Regionalwahlen gewonnen hat. Aber die Abstimmung auf den neun Inseln war der letzte Probelauf vor den portugiesischen Parlamentswahlen am 10. März. Nach den Korruptionsvorwürfen und dem Rückzug von Ministerpräsident António Costa kämpft dessen sozialistische Partei (PS) um die Wiederwahl. Von den stürmischen Azoren kam kein Rückenwind: Zum ersten Mal seit 1996 ist die PSD, die das Rechtsbündnis anführt, dort stärkste Kraft geworden.
Gleichzeitig verdoppelten auch die Rechtspopulisten, die dem Bündnis nicht angehören, ihren Stimmanteil. Die Chega-Partei setzt mit fünf statt bisher zwei Abgeordneten ihren Aufstieg fort. Zuletzt hatte sie im September bei den Regionalwahlen auf Madeira kräftig zugelegt. Laut jüngsten Umfragen könnte Chega bei den Parlamentswahlen mit mehr als 20 Prozent der Stimmen drittstärkste politische Kraft werden. Auf den Azoren und in Lissabon könnte die erst 2019 gegründete Partei des früheren Fußballkommentators André Ventura eine Schlüsselrolle bei der Bildung einer neuen rechten Regierung spielen.
Auf dem Atlantik-Archipel hat die „Aliança Democrática“ (AD) zwar gewonnen, aber die absolute Mehrheit verfehlt. Das Bündnis der rechten Mitte, dem neben der PSD noch die CDS und eine kleine Monarchistenpartei angehören, erhielt 26 Mandate. Die Sozialisten haben künftig nur 23 Abgeordnete, dazu kommen noch drei Mandate kleinerer Parteien.
Regierungschef schließt Gespräche mit Chega nicht aus
Auf den Azoren hatte Chega vor vier Jahren für eine kleine politische Sensation gesorgt, als sie einer konservativen Minderheitsregierung unter der Führung des PSD-Politikers José Manuel Bolieiro half, die Sozialisten von der Macht zu vertreiben. Selbstbewusst hatte die Chega-Partei vor der jüngsten Wahl eine Regierungsbeteiligung als Preis für ihre Unterstützung verlangt.
Der amtierende regionale Regierungschef Bolieiro will mit einer „relativen Mehrheit“ regieren. Das Wahlergebnis sei eine „Inspiration für das, was wir ab dem 10. März im ganzen Land tun werden“. Er schließt weder Gespräche mit Chega noch mit den Sozialisten aus, die für eine Tolerierung seiner Regierung jedoch keine Bereitschaft signalisieren.
Besonders die PSD unter Oppositionsführer Luís Montenegro will zum Auftakt des nationalen Wahlkampfes nicht den Eindruck erwecken, sie mache sich von den Rechtspopulisten abhängig. Er lehnt es bisher ab, sich mit Chega zusammenzutun. Die PSD profitierte von der Krise der sozialistischen Regierung in Lissabon nicht sonderlich, mit der sie sich in Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefert.
„Wenn die PS verliert, verliert die ganze PS“
Der neue PS-Vorsitzende Pedro Nunes Santos übernahm die Verantwortung für die Niederlage mit den Worten „wenn die PS verliert, verliert die ganze PS“. Der frühere Minister, der dem linken Parteiflügel angehört, betonte jedoch den Unterschied zwischen der politischen „Realität“ auf den Azoren und dem Rest Portugals.
Auf dem Atlantikarchipel mit 243.000 Einwohnern spielen lokale Themen eine wichtigere Rolle als Überlegungen, der Regierung im fernen Lissabon einen Denkzettel zu verpassen. Bei der Wahl des Regionalparlaments bildet jede der neun Inseln einen Wahlkreis, die kleineren sind dabei überproportional vertreten. Das Eiland Corvo etwa hat mit 400 Einwohnern zwei Abgeordnete.
In Portugal gibt es neben den Azoren mit Madeira nur eine zweite autonome Region. Beide Regierungen scheiterten, wie auch die sozialistische Regierung in Lissabon. Auf den Azoren fand die Regionalregierung keine Mehrheit für ihren neuen Haushalt, weshalb nun die vorgezogenen Wahlen stattfanden. Auf Madeira musste der regionale Regierungschef, der der PSD angehört, nach Korruptionsvorwürfen und mehreren Festnahmen zurücktreten – die Tierschutzpartei PAN, die seine Regierung tolerierte, hatte ihre Unterstützung zurückgezogen. Auch dort könnte es Neuwahlen geben.
In Lissabon hatte Ministerpräsident António Costa am 7. November seinen Rücktritt erklärt. Die Korruptionsermittlungen im Zuge der „Operation Influencer“ hatten ein politisches Beben verursacht, das Portugal erschütterte und seine Regierung zu Fall brachte – auch wenn sich bald herausstellte, dass die Ermittler nicht nur schlampig, sondern möglicherweise auch voreilig gehandelt hatten und der Regierungschef wohl eher eine Randfigur sein könnte. Der Staatspräsident setzte dennoch vorgezogene Wahlen für den 10. März an.
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