#Horror-Version eines der beliebtesten Fantasy-Filme der 2010er Jahre: So verzweifelt habt ihr Benedict Cumberbatch noch nie gesehen

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Trauerbewältigung mit einer ungeheuerlichen Kreatur im Rücken: Da kommt sofort das hochemotionale Fantasy-Drama Sieben Minuten nach Mitternacht in den Kopf, das vor neun Jahren den Taschentuchverbrauch im Kino in Rekordhöhe schießen ließ. Damals begegnete ein lebendig gewordener Baum mit Liam Neesons Stimme einem 13-jährigen Jungen, der um das Leben seiner schwerkranken Mutter fürchtete.
Auf der Berlinale läuft nun ein Film, der Sieben Minuten nach Mitternacht gar nicht so unähnlich ist: The Thing with Feathers, basierend auf dem Roman
Grief Is the Thing with Feathers
von Max Porter. Anstelle eines Baumes poltert hier eine garstige Krähe durch die Gegend, was dem Film gleich einen deutlich düstereren Anstrich verleiht. Inmitten dieser Tour de Force findet sich ein verzweifelter Benedict Cumberbatch wieder.
Mit The Thing with Feathers erhält Benedict Cumberbatch sein eigenes Sieben Minuten nach Mitternacht
Im Gegensatz zu Sieben Minuten nach Mitternacht erleben wir die Geschichte nicht durch die Augen eines Kindes. The Thing with Feathers rückt den von Cumberbatch gespielten Vater in den Mittelpunkt der Ereignisse, dessen Frau unerwartet verstorben ist. Jetzt sitzt er mit seinen beiden Söhnen zu Hause und hat keine Ahnung, wie er den nächsten Schritt in diesem aus den Angeln gerissenen Leben vollbringen soll.
Eingefroren, gelähmt: Regisseur Dylan Southern beobachtet den am Boden zerstörten Vater in einengenden 4:3-Aufnahmen, die durch Unschärfe im Hintergrund und eine große Dunkelheit im Bild zusätzlich bedrückend wirken. Hier und da dringt das Licht einer Lampe verschwommen durch, vor allem aber breitet sich vor der Kamera eine düstere Teilnahmslosigkeit aus, während sich das Geschirr in der Spüle stapelt.
Cumberbatchs Vaterfigur kapselt sich mehr und mehr von der Welt ab, versinkt in seinen ungeordneten Gefühlen und scheitert trotz bemühter Zärtlichkeit daran, mit seinen Söhnen zu reden. Viel zu sehr ist er gefangen in seinen aussichtslosen Gedanken, bis er eine unheimliche Stimme vernimmt. Mit krächzender Bestimmung bahnt sie sich ihren Weg in den Film und mutiert schließlich zum Ungeheuer.
Eine überlebensgroße Krähe klopft an die Haustür und baut sich vor dem namenlosen Vater auf. Lange Zeit sehen wir nur die angsteinflößenden Schemen des monströsen Wüterichs, der nicht nur mit einem ausgesprochen effektiven Creature-Design zum Leben erwacht, sondern ebenfalls extrem von David Thewlis‘ raunender Stimmlage zehrt. Der Werwolf aus Harry Potter breitet jetzt seine schwarzen Federn aus.
- Mehr: David Thewlis ist nicht der einzige Potter-Star auf der Berlinale
Ähnlich wie Professor Lupin, den Thewlis ab dem dritten Hogwarts-Schuljahr im Kino verkörperte, erweist sich die von ihm gesprochene Krähe als Bedrohung und Beschützer zugleich. Sie fordert den Vater heraus, sich endlich mit den Gefühlen zu beschäftigen, die ihn, seine Söhne und sein gesamtes Leben auseinanderreißen. Ein Flüstern aus dem Off, das in den Wahnsinn treibt, und später durch seine Erscheinung verstört.
The Thing with Feathers sorgt trotz offensichtlicher Metapher für hochemotionalen Horror auf der Berlinale
Vom Kinderzimmer bis zum Supermarkt: Es gibt kein Entkommen vor dem dürren Koloss, der urplötzlich aus dunklen Ecken in der entfremdeten Wohnung springt und aggressiv kommandierend für Schweißperlen auf Cumberbatchs Stirn sorgt. Von seinem Marvel-Helden Doctor Strange könnte der britische Schauspieler nicht weiter entfernt sein. In The Thing with Feathers geht er komplett in der Verzweiflung seiner Figur auf.
Die Krähe will aber nichts von dieser Erbärmlichkeit wissen. Ein ziemlich empathieloses Biest, das droht und beleidigt. Mit der Zeit entwickelt sich dennoch ein Verhältnis zwischen dem unheimlichen Hausgast und dem Vater, das abseits des Schreckens einen gewissen gegenseitigen Respekt und Verständnis mitbringt, auch wenn der grundlegende Albtraum niemals endet und das Vertrauen zur peinigenden Krähe schwankt.
Das, was Regisseur Dylan Southern, der ebenfalls für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, mit The Thing with Feathers erzählen will, ist im Grunde nach wenigen Minuten deutlich formuliert. Da der Vater seine Trauer nicht allein bewältigen kann, erscheint die Krähe aus seinen Zeichnungen, um ihm den Weg zu weisen
– eher ruppig als liebevoll. Southern versteht seinen Film als klaustrophobisches Horror-Stück.
Die Vorhersagbarkeit der dramaturgischen Abläufe schmälert die emotionale Wucht des Films kein Stück. Sowohl Cumberbatch als auch die überzeugenden Kinderdarsteller, Richard Boxall
und Henry Boxall, geben dem Schmerz ein verletzliches, greifbares Gesicht im Kontrast zur finsteren Krähe, die selbst Krabat-Ultras das Fürchten lehrt. Dieses Monster wird euch noch lange in euren Albträumen verfolgen.
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Gleichzeitig ist es faszinierend zu erleben, wie Southern zwischen den Momenten, die offensichtlich das Grauen heraufbeschwören, eine nachdenkliche Atmosphäre schafft. Sie erzeugt in erster Linie ein Gespür für das betäubende Gefühl, das nach dem Verlust einer geliebten Person alles zu verschlingen droht. Selbst Cumberbatch, ein Hollywood-Star, löst sich komplett in Southerns in Dunkelheit getauchten Bildern auf.
Wir haben The Thing with Feathers im Rahmen der Berlinale 2025 gesehen. Bisher hat der Film leider noch keinen deutschen Kinostart.
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