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#Auf dem Jupiter stürmt es auch in der Stratosphäre

Auf dem Jupiter stürmt es auch in der Stratosphäre

Der Gasriese Jupiter ist für seine riesigen Sturmwirbel und rasenden Wolkenbänder bekannt. Jetzt enthüllen Beobachtungen mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) in Chile, dass es über der Wolkendecke des Jupiter sogar noch rasantere Stürme gibt: Rund um die Pole bewegen sich schmale Windbänder mit bis zu 1450 Kilometer pro Stunde – das ist doppelt so schnell wie die Winde im Großen Roten Fleck. Weil es in der Stratosphäre des Jupiter keine optisch verfolgbaren Wolken gibt, nutzten die Astronomen für ihre Tempomessung die spektralen Signaturen von Blausäuremolekülen in dieser Atmosphärenschicht.

Jupiter ist berühmt für seine charakteristischen roten, weißen und bräunlichen Wirbelstürme und die in Streifen parallel zum Äquator wehenden Sturmbänder. Erst kürzlich ermittelten Planetenforscher mithilfe von Daten der NASA-Raumsonde Juno, dass diese troposphärischen Stürme von der Oberseite der Wolkendecke bis in 3000 Kilometer Tiefe reichen. Ein erheblicher Teil der tiefer liegenden Gasmassen ist demnach in ständiger, schneller Bewegung. Sehr viel weiter oben, in der Ionosphäre des Gasriesen, rasen noch schnellere Ströme geladener Teilchen durch die dünne Gashülle. Diese ionosphärischen Jets stehen in enger Verbindung zu den Polarlichtern des Planeten und können bis zu zwei Kilometer pro Sekunde schnell sein, wie Thibault Cavalié von der Universität Bordeaux und seine Kollegen erklären.

Kometeneinschlag als Helfer

Aber zwischen diesen beiden windigen Schichten klaffte bislang eine Lücke: Ob und welche Stürme in der zwischen Wolkendecke und Ionosphäre liegenden Stratosphäre wehen, war unbekannt. Weil es in dieser Schichte keine Wolken oder anderen sichtbaren Marker gibt, deren Bewegungen man verfolgen könnte, konnten keine direkten Messungen von Windgeschwindigkeiten in der Jupiter-Stratosphäre durchgeführt werden. Doch Cavalié und sein Team haben nun einen glücklichen Zufall ausgenutzt, um erstmals doch das Tempo der jovianischen Stratosphärenwinde zu ermitteln. Als im Jahr 1994 der Komet Shoemaker-Levy auf spektakuläre Weise den Jupiter traf und in zahlreiche Bruchstücke zerbrach, entstanden neue Moleküle in der Planetenstratosphäre, darunter Cyanwasserstoff (HCN) und Kohlenmonoxid. Wenn es Stürme in dieser Atmosphärenschicht gibt, müssten sich diese Moleküle daher mit den Winden bewegen.

Das Entscheidende jedoch: Aus anderen Planetenbeobachtungen ist bekannt, dass die chemische Signatur von Cyanwasserstoff und Kohlenmonoxid über Spektralanalysen im Millimeter-Wellenbereich nachweisbar ist – und genau diese haben nun Cavalié und sein Team mithilfe des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) in Chile analysiert. Für ihre Studie nutzten sie 42 der 66 hochpräzisen ALMA-Antennen, um in der spektralen Signatur des Cyanwasserstoffs die Doppler-Verschiebung zu messen – winzige Änderungen in der Frequenz der von den Molekülen ausgesandten Strahlung, die durch die Bewegung der Moleküle verursacht wird. „Durch die Messung dieser Verschiebung haben wir die Geschwindigkeit der Winde ermittelt, ähnlich wie man die Geschwindigkeit eines vorbeifahrenden Zuges durch die Änderung der Frequenz der Zugpfeife bestimmen kann“, erklärt Co-Autor Vincent Hue vom Southwest Research Institute in Texas.

Rasende Jets um die Pole

Dem Forscherteam gelang es so, erstmals auch in der Stratosphäre des Jupiter Winde nachzuweisen und ihre Geschwindigkeit zu messen. „Das spektakulärste Ergebnis ist das Auftreten von starken Jets mit Geschwindigkeiten von bis zu 400 Metern pro Sekunde, die sich unter den Polarlichtern in der Nähe der Pole befinden“, berichtet Cavalié. Diese polaren Jets erreichen demnach ein Tempo von 1450 Kilometer pro Stunde und sind damit doppelt so schnell wie die Winde im Großen Roten Fleck des Jupiter. Wie die Astronomen berichten, liegen die neu entdeckten Winde mehrere hundert Kilometer unter den schon bekannten Ionosphären-Jets und bewegen sich gegen die Rotation des Planeten. „Unsere Entdeckung deutet darauf hin, dass sich diese Jets wie ein riesiger Wirbel verhalten könnten, der rund das Vierfache des Erddurchmessers hat und etwa 900 Kilometer hoch ist“, sagt Cavaliés Kollege Bilal Benmahi. Ein Wirbel dieser Größe wäre im Sonnensystem einzigartig.

Neben den überraschenden Polarwinden identifizierten die Wissenschaftler weitere stratosphärische Windbänder rund um den Äquator des Planeten. Diese sind etwas schwächer ausgeprägt und mit rund 600 Kilometer pro Stunde nur knapp halb so schnell. Insgesamt aber ist die Existenz so starker Winde in der Schicht zwischen Wolkendecke und Ionosphäre überraschend, wie die Forscher erklären. Denn bisherigen Modellen nach müssten diese Winde in der oberen Atmosphäre an Geschwindigkeit verlieren und verschwinden, bevor sie in die Stratosphäre gelangen. „Die neuen ALMA-Daten sagen uns das Gegenteil“, sagt Cavalié. „Diese ALMA-Ergebnisse öffnen ein neues Fenster unter anderem für die Erforschung von Jupiters Polarlichtregionen.“

Quelle: Thibault Cavalié (Laboratoire d’Astrophysique de Bordeaux) et al., Astronomy & Astrophysics, doi: 10.1051/0004-6361/202140330

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