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#„Schlimmer als in der Fleischwirtschaft“

Dirk Engelhardt weiß wovon er spricht, wenn er die Arbeitssituation von Lastwagenfahrern und die Ausstattung von Rastanlagen kritisiert. Und das nicht nur, weil er sich als Vorstandssprecher des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung täglich mit den Sorgen deutscher Transportunternehmen befasst. Er selbst war während seiner Schul- und Studienzeit europaweit mit Vierzigtonnern unterwegs. Nach Promotion und Habilitation zu Logistikthemen in der Landwirtschaft wandte er sich komplett dem Transportwesen zu. Nach Tätigkeiten für eine Raiffeisen-Tochter wechselte der 1973 Geborene 2017 zu der Spitzenorganisation für Straßengüterverkehr, Logistik und Entsorgung, der die Interessen von rund 7000 Transportunternehmen vertritt.

Herr Engelhardt, seit einem Monat streiken Fernfahrer auf dem Rastplatz Gräfenhausen an der A5, was bedeutet das für Ihre Branche?

Die Lage in Gräfenhausen spiegelt eigentlich die Situation im Güterkraftverkehr in Europa ganz gut wieder. Wir als Verband bemängeln das schon seit vielen Jahren, denn es gibt eigentlich zwei Welten. Wir haben auf der einen Seite die westeuropäischen beziehungsweise hier die deutschen Unternehmen, bei denen wir vernünftige Verhältnisse haben.

Was heißt das?

Die Fahrer werden ordentlich bezahlt, alle bekommen mehr als den Mindestlohn, denn die Löhne sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Die Fahrer sind in der Regel jeden Abend zu Hause, oder, wenn sie im Fernverkehr unterwegs sind, sind sie jedes Wochenende zu Hause. Da gibt es keine Situation, dass Fahrer über Wochen oder Monate wie Vagabunden in Europa unterwegs sind.

Dirk Engelhardt ist Vorstandssprecher des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung.


Dirk Engelhardt ist Vorstandssprecher des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung.
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Bild: BGL

Das ist bei osteuropäischen Fuhrunternehmen auf der anderen Seite anders?

Ja. Wir haben inzwischen viele osteuropäische Marktteilnehmer. Die haben einen Marktanteil von fast 40 Prozent am Transportgeschäft.

Auf den Autobahnen hat man den Eindruck, dass es deutlich mehr sind?

Das stimmt, im grenzüberschreitenden Lkw-Verkehr liegt der osteuropäische Anteil bei mehr als 80 Prozent. Die Unternehmen haben ihre Fahrer oft über Monate in Europa im Einsatz. Bei Befragungen haben wir erfahren, dass zwei Monate das Mindeste sind, es ging aber hoch bis zu mehr als einem Jahr – einschließlich Weihnachten, Silvester und Ostern. Diese Fahrer sind wirklich wie Nomaden in Europa unterwegs, ohne dass sie die Möglichkeit haben, nach Hause zu kommen.

Das klingt nach ähnlichen Verhältnissen wie bei den osteuropäischen Leiharbeitern in der Fleischwirtschaft?

Ich würde sagen, im Transportgewerbe ist es noch schlimmer als in der Fleischwirtschaft. Da können die Arbeiter wenigstens abends etwas einkaufen und sich in ihrer Unterkunft versorgen.

Während die osteuropäischen Fernfahrer auf dem Rastplatz im Lkw übernachten?

Und nicht nur das: Wir haben in Deutschland einen eklatanten Mangel an Lkw-Parkplätzen, es fehlen circa 40.000, außerdem gibt es zu wenig sanitäre Einrichtungen, und es sollte auch möglich sein, von den Rastplätzen zum Beispiel mit Leihrädern oder Mopeds auch mal irgendwohin zum Einkaufen zu kommen. Außerdem sollte eigentlich jedes Gewerbegebiet sanitäre Einrichtungen für den Lieferverkehr haben. Stattdessen verbringen Fahrer wie die in Gräfenhausen ihre Wochenenden auf völlig überfüllten Park- und Rastanlagen in den Fahrzeugen.

Was aber nicht legal ist?

Nein, und das passiert auch bei den deutschen Unternehmen nicht. Da lege ich die Hand für ins Feuer. Die deutschen Unternehmen disponieren ihre Fahrzeuge zum Wochenende nach Hause. Die Fahrzeuge stehen auf den Betriebshöfen, und die Fahrer sind bei ihren Familien. Das ist auch so vorgeschrieben, denn die EU hat eigentlich ein gutes Gesetzespaket auf den Weg gebracht, das sogenannte Mobilitätspaket, dafür haben wir uns als Verband auch sehr eingesetzt. Darin ist zum Beispiel geregelt, dass dem Fahrer alle 14 Tage die Möglichkeit eingeräumt werden muss, nach Hause zu kommen. Außerdem ist auch ganz klar geregelt, dass das Fahrzeug alle acht Wochen an den Ausgangsort zurückkehren muss.

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