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#In der Nordsee stauen sich die Schiffe

„In der Nordsee stauen sich die Schiffe“

Das Lieferketten-Chaos, das wir seit Beginn der Corona-Pandemie kennen, führt zu erheblichen Problemen an den Häfen und mittlerweile auch zu einem Stau in der Nordsee. Entspannung ist nicht in Sicht, im Gegenteil: In Deutschland läuft der Tarifkonflikt in der Hafenwirtschaft gerade erst auf einen Höhepunkt zu. Käme es zu Streiks in den nächsten Wochen, würde sich die Lage noch einmal verschärfen.

Dutzendweise warten Schiffe, jedes beladen mit Zigtausenden Containern, in der deutschen Bucht auf das Anlaufen in Hamburg oder Bremerhaven. Vor den Häfen Rotterdam und Antwerpen sei die Lage sogar noch dramatischer, heißt es beim Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel. Vor den Häfen von Deutschland, Holland und Belgien steckten 2 Prozent der globalen Frachtkapazität fest und könnten weder be- noch entladen werden. Was sich für den Laien nach einer kleinen Menge anhört, wird relativiert durch einen Blick nach Schanghai, wo sich durch den zwei Monate währenden Lockdown laut IfW etwa 3 Prozent der weltweiten Frachtkapazität im Stau angesammelt hat.

Das hat auf die deutsche Wirtschaft erhebliche Wirkungen. Auf 700 Millionen Euro schätzt das IfW das Volumen des Exports, der wegen des Lockdowns in Schanghai nicht von China nach Deutschland gelangen konnte. Auch wenn jetzt nach dem Ende des Lockdowns wieder mehr Schiffe Schanghai verlassen, führt das nicht zu Entspannung. Stattdessen wird sich die Stauproblematik in den Zielhäfen verschärfen, wenn die Containerschiffe dort abgefertigt werden sollen. Vom Suezkanal kommend, steuern die Schiffe zuerst Antwerpen, dann Rotterdam, dann Hamburg an, und überall treffen sie auf die gleichen Probleme: Lagerplätze sind rar geworden in den Häfen, deswegen heißt es warten. „Wir sind ein Umschlagbetrieb, kein Lagerbetrieb“, betont ein Sprecher des Hamburger Hafenbetreibers HHLA – und beschreibt damit doch keineswegs die Realität, sondern den früheren Normalzustand, ein Wunschbild heute.


Bild: F.A.Z.

Schon gleich, als das Corona-Lieferchaos erstmals zum Problem wurde, hat die HHLA in Hamburg Fläche für zusätzliche 4000 Container organisiert. Jetzt wird die Lagerfläche noch einmal erweitert. Das sorgt für Entlastung, ist aber keine effiziente Problemlösung. Während der Hafenumschlag mittlerweile vielfach über automatisierte Brücken funktioniert, sorgt so ein improvisierter Lagerplatz für zusätzlichen Aufwand. Das manuell gesteuerte Ab- und Aufladen und Hin- und Herfahren braucht mehr Personal, mehr Technik und mehr Diesel.

Dass sich die Lage so verschärfen konnte, hat vielfältige Ursachen. Eine davon ist offenbar die Überbuchung der Schiffe. In der Erwartung, dass einige Container ohnehin nicht rechtzeitig zum gebuchten Schiff gebracht werden, verkaufen die Reedereien mehr Kapazität, als zur Verfügung steht. Für Container, die sicher mitgenommen werden sollen, müssen die Kunden deswegen deutlich höhere Preise zahlen. Wer nur eine niedrige Frachtrate bezahlt hat, muss warten. Für die Häfen wird dieses Verfahren nun zur Belastung, denn auf diese Weise stehen immer häufiger Container in der Warteschleife für ein nächstes Schiff. Dafür können die Häfen zwar wiederum Geld verlangen, allerdings nützt das für die Problemlösung wenig.

Schiffsverkehr in der Deutschen Bucht: Der Trackingdienst „Marine Traffic“ zeigt die Positionen von Frachtschiffen (grün) und Tankern (rot) vor Hamburg.

Und nicht nur Export-Container drehen mittlerweile eine Warterunde, auch der Import verschleppt sich immer häufiger. Das könnte teilweise daran liegen, dass sich die Importeure längst auf andere Wege die schmerzlich vermisste Ware besorgt haben. Es könnte auch daran liegen, dass die Kunden längst abgesprungen sind, jetzt erst recht, seit sich die Konjunktur durch den Ukraine-krieg eintrübt.

Dritte Verhandlungsrunde am Freitag

Für die HHLA ist das bisher wenig durchschaubar. Der Hafenbetreiber weiß allenfalls, ob Gefahrgut geladen ist, aber ansonsten hat man sich bisher nicht für den Inhalt der Container interessiert. Jetzt ändert sich das. Noch nie wurde so viel mit Großkunden telefoniert, so viele Appelle formuliert, ganz nach dem Motto: Jeder Container, der abgeholt wird, hilft.

Auch die angespannte Logistik an Land macht die Lage schwierig. Stürme wie zuletzt über Bayern sorgen für Engpässe bei der Bahn. Nicht so sehr hierzulande, aber in anderen europäischen Ländern ist auch ein Mangel an Lastwagenfahrern ein Problem beim Versuch, die Container weiterzutransportieren.

Mancher Reeder versucht es jetzt mit Ausweichmanövern. Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann wirbt beispielsweise schon eifrig für den Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven, und tatsächlich hat die deutsche Linienreederei Hapag-Lloyd (die ihrerseits an beiden Häfen beteiligt ist) schon einen Dienst von Hamburg nach Wilhelmshaven umgelegt. Die Hinterland-Logistik ist aktuell allerdings nicht vergleichbar mit Hamburg, weshalb das Werben bei anderen Reedereien offenbar noch nicht so gefruchtet hat.

Wie ein Horrorszenario wirkt in dieser Situation die Vorstellung, dass die Hafenarbeiter streiken könnten. Am Freitag steht die dritte Verhandlungsrunde bevor. Der ZDS, Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe, hat bis zu 7 Prozent mehr Einkommen angeboten. Die Forderung der Gewerkschaft Verdi liegt deutlich darüber. Zusätzlich zum Inflationsausgleich sollen die Vergütungen um 1,20 Euro pro Stunde steigen, außerdem soll eine Containerzulage pro Jahr von 1200 Euro bezahlt werden.

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