#Ja, auch das ist jetzt Vintage
„Ja, auch das ist jetzt Vintage“
Es gibt Kleidungsstücke, mit denen Frauen meist ein Leben lang gut bedient sind: Ein schlichtes weißes Shirt, ein gutsitzendes Paar Jeans und „das kleine Schwarze“ etwa kommen womöglich nie aus der Mode. Und dann gibt es Modetrends, die viele am liebsten schnell wieder aus Kleiderschrank und Gedächtnis verbannen möchten. Für Millennials gelten nicht selten die 2000er Jahre als eine solche Zeit der großen Mode-Fauxpas, selbst die Vorbilder auf den roten Teppichen machten es damals nicht eleganter vor: Grelle Farben, wilde Muster und, nicht zu vergessen, Strasssteine überall. Vor allem zu Krönchen geformt auf Jogginghosen in Samt-Optik gehörten sie dazu, außerdem Sonnenbrillen mit farbigen Gläsern oder bauchfreie Tops zu tiefsitzenden Jeans. Mode und ihre Trends verlaufen bekanntlich zyklisch – und damit ist auch jene zum Teil modisch fragwürdige Zeit zurück.
Dass der Grat zwischen geschmacklos und geschmackvoll sehr schmal sein kann, entdeckt derzeit insbesondere die Gen Z, also die Generation derer, die zwischen 1997 und 2012 geboren worden sind. Die sogenannte Y2K-Mode wird hier als Hommage an die Jahre ab der Jahrtausendwende zelebriert. Eine modische Wiedergeburt feiert dabei etwa die pinke Jogginghose von Juicy Couture: Laut der Mode-Suchmaschine Lyst stiegen die Suchanfragen nach dem Label aus Los Angeles in diesem Jahr um 179 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Britney Spears trug die Hose früher in Blau, eine damals noch weniger bekannte Kim Kardashian den Jogginganzug in Braun und für Paris Hilton wurde die Velours-Hose in Pink neben dem Chihuahua in ihrer Designertasche zum Markenzeichen. All das ist nun schon mehr als 20 Jahre her und die Mode der damaligen Zeit im Grunde schon „vintage“.
Dua Lipa gehört zu den prominentesten Vertreterinnen der Y2K-Mode.
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Bild: Screenshot: F.A.Z.
Meist werden 2021 dabei nur die Key-Pieces modisch wieder aufgewärmt, obgleich fortgeschrittene Y2K-Jünger mit Farben und Materialien geschickt umzugehen wissen – sie schrecken weder vor Colour- noch vor Muster-Blocking zurück. Für Vorsichtige gilt allerdings: Alles in Maßen. Mit diesem Credo bleiben obendrein die Nerven der Millennial-Generation verschont, bei der ein Y2K-Outfit von Kopf bis Fuß schnell mal unangenehme Erinnerungen an alte Modesünden wecken kann.
Takashi Murakami für Louis Vuitton: Die Künstlerkooperation gilt als Designer-Favorit in der Y2K-Mode.
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Bild: Hersteller
Wie die zeitgenössische Y2K-Mode stilvoll getragen wird, zeigen Stars wie Dua Lipa und Bella Hadid: Zu ihren modischen Lieblingen gehören Baguette-Taschen, Bandeau-Tops mit schmalen Trägern und klobige Schuhe, oft kombiniert mit passender Frisur in 2000er-Ästhetik, wie etwa streng nach hinten gestyltem Haar mit Blocksträhnen. Die zum Teil schrillen und wildgemusterten 2000er-Pieces können mit gedeckten Farben neutralisiert werden.
Ein tatsächliches Richtig oder Falsch gibt es bei dem Trend nicht — denn Mode soll vor allem Spaß machen und Raum für Experimente geben. Bauchfreie Tops in Kombination mit Low-Rise-Jeans auch wenn man keinen Bauchmuskel-Ansatz zu präsentieren hat? In Zeiten von Body Positivity zumindest nicht mehr das Problem, dass es in den 2000er Jahren mal war, Fatshaming und Bodyshaming im Allgemeinen werden dieser Tage strenger geahndet als damals. Auch dünne Frauen wie Keira Knightley waren mit einem solchen Outfit nicht vor den Klatschblättern sicher, die den Look mit diffamierenden Kommentaren wie „Nur Haut und Knochen“ versahen. Und wer damals zu weniger Stoff als der modische Status Quo griff, wurde in der Gesellschaft nicht als selbstbestimmte Frau gefeiert, sondern galt vor allen Dingen schnell als billig.
Influencerin Amanda Marie im Y2K-Look: Auch die Von Dutch-Kappe kommt wieder in Mode.
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Bild: Screenshot F.A.Z.
Zwar wurden jene toxische Schönheitsstandards nicht Anfang des 21. Jahrhunderts gesetzt, allerdings gefestigt. In diesem Kontext als Stil-Ikonen benannt werden zudem vor allem die Rolle der Regina George im 2004 erschienen Film „Mean Girls“, Alicia Silverstone in „Clueless“ oder Nicole Richie und Paris Hilton. Selten erwähnt werden hingegen – bis auf Ausnahmen wie die Girlband Destiny’s Child – schwarze Frauen wie Lil Kim, die mit ebenso extravaganten Outfits, Frisuren und Nägeln auf die Bühne trat. Was an schwarzen Körpern als „ghetto“ und „trashy“ abgeurteilt wurde, galt an weißen Frauenkörpern als modische Revolution. Und diese Unterschiede bleiben dieser Tage nicht unkommentiert: Vorwiegend Millennials monieren im Netz, dass die Y2K-begeisterte Generation Z sich der widrigen Umstände jener Zeit nicht bewusst ist, in der Diversität und Body Positivity weder aus ethischer Sicht besprochen wurden, noch als wirtschaftlich profitabel galten.
Die modische Rückkehr der 2000er Jahre hat jedoch ihren ganz eigenen, zeitgenössischen Touch: Denn die große Kür vollbringt, wer aus zweiter Hand einkauft. Das schont im besten Fall nicht nur den Geldbeutel, sondern ist auch nachhaltiger und entspricht damit wieder dem klimabewussten Zeitgeist. Der älteren Millennial-Generation zeigt der Trend auch: Früher war zwar nicht alles besser, aber modisch gesehen nicht alles schlecht.
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