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#In der Lausitz wird das Wasser knapp

„In der Lausitz wird das Wasser knapp“

Der Ort, an dem das ganze Desaster sichtbar wird, liegt unscheinbar im zweiten Stock eines Plattenbau-Hochhauses am Stadtrand von Senftenberg in der Lausitz. Auf einem Bildschirm hoch über den Schreibtischen ist die „Aktuelle Situation“ zu sehen: Die Säulen der Rubrik „Niederschläge“ sind allesamt im roten Bereich. Die verheerendsten Werte liefert der Messpunkt Hoyerswerda, der ein Defizit von mehr als 50 Prozent verzeichnet. „Allein in diesem Jahr fehlen uns schon drei Monate Niederschlag“, sagt Maik Ulrich von der Flutungszentrale der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV). „Teile der Schwarzen Elster sind schon ganz trockengefallen.“

Stefan Locke

Korrespondent für Sachsen und Thüringen mit Sitz in Dresden.

Die Schwarze Elster ist neben Spree und Lausitzer Neiße einer der drei natürlichen Wasserlieferanten, die das Unternehmen, das sich um die Hinterlassenschaften des Braunkohlebergbaus kümmert, dringend braucht. In den vergangenen Jahren war der Fluss bereits mehrfach ausgetrocknet, auch diesmal versuchten Helfer noch schnell, Fische umzusetzen – oft vergeblich.

Wasserversorgung wird immer schwieriger

Die Mitarbeiter in der Flutungszentrale haben auf Monitoren den Überblick über das gesamte Wassersystem der Lausitz. Hier laufen alle Informationen über Flusspegel, Füllstände der Speicherseen, Regenmengen und Abflüsse zusammen. Und mit ein paar Mausklicks lässt sich von diesen Schreibtischen aus der Lauf des Wassers steuern. Grob gesagt, könnten sie hier Berlin oder dem Spreewald den Hahn abdrehen. Doch gibt es klare Vorgaben der Länder Sachsen, Berlin und Brandenburg, mit denen jeder Schritt, den sie hier tun, abzustimmen ist.

Oberste Priorität habe die Wasserversorgung, erläutert LMBV-Chef Bernd Sablotny. Doch die werde immer schwieriger. „Die Mindestabflüsse, die uns die Länder auferlegt haben, lassen sich kaum noch darstellen“, sagt er. „Das Wasserangebot ist seit einigen Jahren deutlich geringer geworden.“ An zweiter Stelle stehe die Wiederauffüllung der Speicher, danach komme die Aufgabe, den Pegel des Oder-Spree-Kanals zu halten. Und erst dann, an vierter Stelle, könne die LMBV aus den Flüssen Wasser zur Flutung der ausgekohlten Tagebaue ableiten. Für Letzteres sei in den vergangenen Jahren mangels Regens praktisch kaum noch etwas übrig geblieben. Bisher, sagt Sablotny, habe man viel über Hochwasserschutz geredet.

Auch in einstigen Tagebauen neu angelegte Speicherseen seien ursprünglich für die Flutregulierung ausgelegt gewesen und eigens Industrienormen dafür geschaffen worden. Dass man es mal mit dem Management von Niedrigwasser zu tun haben würde, habe sich noch bis vor Kurzem kaum jemand vorstellen können.

Gerade die Lausitz ist jedoch besonders anfällig für Trockenheit, weil sie sich am Übergang vom maritimen Klima zum kontinentalen Klima befindet, heißt es aus dem sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie. Daher sei die Region „deutlich niederschlagsärmer als der deutsche Durchschnitt“. Und Besserung ist nicht in Sicht, im Gegenteil: Der Klimawandel sorge zusätzlich noch für eine Verschiebung hin zu einem stärkeren Einfluss kontinentaler Luftmassen. Zugleich lässt der fehlende Regen auch die Grundwasserstände sinken, die in normalen Trockenzeiten die Flüsse speisen. Durch die Trockenheit der vergangenen Jahre sind die Grundwasserstände nicht nur in der Lausitz, sondern in fast ganz Sachsen auf historische Tiefstände gesunken.

Das Amt spricht von einer regelrechten „Grundwasserdürre“. 84 Prozent der 250 Messstellen unterschritten inzwischen den monatstypischen Grundwasserstand um durchschnittlich 39 Zentimeter. Die Gefahr, dass Flüsse austrocknen, steige dadurch noch an. Insbesondere die Jahre 2018, 2019 und 2020 seien „echte Trockenjahre“ gewesen, die „das Gesamtsystem aus dem Gleichgewicht gebracht“ hätten, sagt Bernd Sablotny. Statt der üblichen 100 Millionen Kubikmeter Wasser habe da in der Lausitz nur noch gut die Hälfte zur Verfügung gestanden.

Um den „Unterliegern“ dennoch ausreichend Wasser bereitstellen zu können, habe man im Sommer auf bisher nur halb gefüllte Speicherseen zurückgreifen müssen und so jährlich 30 Millionen Kubikmeter für die Niedrigwasserauffüllung abgelassen. Die Speicherseen allerdings laufen bisher nur auf Probe. Um hier möglichst schnell in den Normalbetrieb zu kommen und zuverlässig Wasser liefern zu können, wünschen sich die Bergbausanierer nun, die gesetzlichen Anforderungen für Tagebaurestseen, die nur als Speicher und nicht als Badeseen genutzt werden, zu senken. Trotz etwaiger instabiler Böschungen oder Hangrutschungen seien diese Speicher sicher zu betreiben.

Der Braunkohleabbau stört den Wasserhaushalt

Die Minister aus Brandenburg und Sachsen sagten zu, das zu prüfen. „Dass Wasser fehlt, wird unsere neue Normalität sein“, sagt Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (Grüne). Der Klimawandel sei hier jedoch nur eine Ursache, die das Problem verschärfe. „Der Wasserhaushalt in der Lausitz ist durch den Braunkohleabbau schwerst geschädigt.“ Die Trockenheit sowie der wegen des Strukturwandels und damit neuer Wirtschaftsansiedlungen steigende Wasserbedarf kämen nun noch hinzu. Das Wassermanagement sei ein äußerst komplexes Thema, das nur gemeinsam von Bergbausanierern, Kommunen und Ländern bewältigt werden könne. Erst im Mai haben deshalb auch die Länder Berlin, Brandenburg und Sachsen ihre Zusammenarbeit in der Arbeitsgemeinschaft „Flussgebietsbewirtschaftung“ ausgeweitet. „Das Wasserthema in der Lausitz ist jetzt Chefsache“, sagt Günther.

In der Flutungszentrale in Senftenberg zeigen die Pegel Anfang dieser Woche, dass noch 500 Liter je Sekunde die Spree hinabfließen. „Das reicht schon nicht mehr aus, um den Mindestabfluss zu sichern“, sagt Maik Ulrich. Normalerweise müsste der Fluss um diese Zeit drei- bis viermal so viel Wasser führen, jetzt müssen er und seine Mitarbeiter eingreifen. Die Trockenheit, sie hat hier in diesem Jahr so früh begonnen wie noch nie.

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