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#Jessica von Bredow-Werndl im goldenen Tunnel

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Jessica von Bredow-Werndl im goldenen Tunnel

Ein weiß behandschuhter Finger, den Jessica von Bredow-Werndl zwischen die Gesichtsmaske und das Schild ihres Helms schob – daran konnte man sehen, wie ihr zumute war. Sie wischte ein paar Tränen aus ihren Augen, die fast ungläubig in die Welt hinausblickten. Als sie kurz darauf mit der Goldmedaille auf der Brust der deutschen Nationalhymne zuhörte, da schüttelte sie zweimal benommen den Kopf.

Vorsichtig blickte sie nach links und rechts, so als wollte sie prüfen, ob die ganze Umgebung, die sie eben noch ganz klar gesehen hatte, immer noch da war. Alles an ihr schien zu fragen: Wirklich? Ich bin Olympiasiegerin? Wie eine Schlafende, die etwas Wunderbares geträumt hat und sich nun ein klein wenig vor dem Aufwachen fürchtet.

Doch es stimmt: Jessica von Bredow-Werndl hat zusammen mit ihrer Trakehnerstute Dalera das Einzelfinale von Tokio gewonnen, mit der monumentalen Note von 91,732 Prozentpunkten, und steht nun ganz oben – mehr als die 35 Jahre alte Bayerin aus Aubenhausen bei Rosenheim kann man in der Welt der Dressur nicht erreichen. Man kann nur versuchen, es zu wiederholen, so wie die 17 Jahre ältere Isabell Werth, die sieben olympische Goldmedaillen gewonnen hat, davon eine schon 1996 in der Einzelwertung.

„Ich bin dir von Herzen dankbar“

Nach dem gemeinsamen Team-Gold am Dienstag wurde es diesmal Silber für die große Meisterin aus Rheinberg mit ihrer Fuchsstute Bella Rose, die fünfte Silberne, auch ein starkes Stück in ihrer Sammlung. Obwohl: Gewinnen wäre noch schöner gewesen, das verhehlte sie nicht. Und sie hatte alles versucht, es zu schaffen. Kurz habe sie nach ihrer Kür sogar geglaubt, sie hätte die Teamkollegin doch noch übertrumpfen können, sagte sie, aber dann lag sie mit 89,657 Prozentpunkten doch ein Stück hinter der Konkurrentin aus Bayern. „Das Ergebnis akzeptieren wir so“, sagte sie. „C’est la vie.“

Ja, so ist es. Jessica von Bredow-Werndl und Dalera waren besser, sie lieferten eine nahezu perfekte Kür ab. Die Leichtigkeit von Tokio ist das Ergebnis jahrelanger harter Arbeit, und auch Isabell Werth war an diesem Werdegang beteiligt. Als Jessica von Bredow-Werndl und ihr Bruder Benjamin nach ihrer Juniorenzeit in einer sportlichen Sackgasse gelandet waren, half sie ihnen als Trainerin wieder hinaus. „Ich bin dir von Herzen dankbar, auch wenn du es nicht hören willst“, sagte sie am Mittwoch zur Lehrmeisterin, die sie nun geschlagen hatte.

Eigentlich wären zwei Olympische Spiele nötig gewesen, um Dalera und Bella Rose, diese beiden exorbitant begabten Stuten, gebührend feiern zu können. Jede von ihnen hätte mit ihrer Reiterin das Zeug zu einem olympischen Traumpaar gehabt, jede hätte eine eigene Ära prägen können. Darum würde man, handelte es sich um Boxen und nicht um den vornehmen Dressursport, dieses Finale womöglich als Jahrhundertkampf bezeichnen.

„Einen grandiosen Fight“, nannte es Bundestrainerin Monica Theodorescu. Auf Rang drei, schon wieder ein bisschen irdischer, landete die Britin Charlotte Dujardin, Olympiasiegerin von 2012 und 2016, mit ihrem Fuchswallach Gio und 88,543 Prozentpunkten. Nur die Dritte der deutschen Gold-Equipe, Dorothee Schneider aus Framersheim, konnte die Höhenflüge nicht mitgehen. Ihr Auftritt mit dem Wallach Showtime endete in einem Fiasko. „Zu viel Risiko“, sagte sie. Die beiden landeten mit 79,432 Punkten auf Platz 15.

Die Auslosung wollte es, dass Jessica von Bredow-Werndl, die schon in der Qualifikation und im Mannschaftswettbewerb die Höchstnote erreicht hatte, vorlegen musste. Zu der Musik von „La La Land“ zelebrierten sich die beiden gegenseitig, als wären sie tatsächlich in ihre eigene Welt verschwunden. Tief versunken im Hier und Jetzt, in ihrem goldenen Tunnel, reihten sie eine Höchstschwierigkeit an die nächste. „Ich habe gemerkt, dass ich immer mehr Risiko gehen kann“, sagte sie. „Manchmal hatte ich schon das Gefühl, einen Feuertanz zu reiten, auf Messers Schneide“, sagte sie. „Ich habe mich gefragt: Wie weit kann ich gehen? Aber es ist sich alles ausgegangen.“

Nicht, dass Isabell Werth mit Bella Rose ihr irgendetwas geschenkt hätte. Zu Beethovens „Ode an die Freude“ brannten auch diese beiden kurz darauf ein Feuerwerk ab. Die Passage und Piaffe der Fuchsstute hätten stehende Ovationen verdient. Und als das Pferd sich ganz zum Schluss in der letzten Piaffe noch einmal um 360 Grad drehte, so als könnte sie in alle Richtungen funkeln, da gab es wohl kaum einen Augenzeugen, der keine Gänsehaut hatte.

Es waren kleine, für Laien kaum sichtbare technische Unstimmigkeiten, die den Unterschied machten und ein nicht auszuräumendes Grundproblem, dass Bella Rose im starken Trab nicht in der Lage ist, mit der Hinterhand so weit unter den Körper zu treten wie Dalera. Aber was bedeutet das schon angesichts ihrer großen Klasse? „Es war ihre beste Kür“, sagte Isabell Werth. „Ich wüsste nicht, was ich noch hätte besser machen können.“ Egal, welche Medaille dabei herauskommen würde – sie sei einfach nur glücklich gewesen über die Prüfung, und das sah man ihr auch an: Wieder das überwältigte Strahlen, mit dem sie schon tags zuvor im Grand Prix Special aus dem Viereck geritten war, und diesmal schon lange vor der abschließenden Grußaufstellung.

Bella Rose, die erst 2018 von einer dramatischen Verletzung Genesene, hatte mit 17 Jahren endlich ihren ganz großen Auftritt gehabt. Es sei, erklärte Isabell Werth, der letzte Start des Pferdes bei einem internationalen Championat gewesen. Sie halte nun Ausschau nach einer passenden Gelegenheit für ihren glanzvollen Abschied. Was nicht heißt, dass Isabell mit ihren 52 Jahren gleich mit aufhören würde. Sie hat genug junge Pferde im Stall, um weiter zu reiten. „Ein paar Jahre werden es noch“, sagte sie. Und in drei Jahren findet ja schon Olympia 2024 in Paris statt.

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