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#Meeresbakterien: Die seltenen sind wichtig

„Meeresbakterien: Die seltenen sind wichtig

Sie bauen gigantische Mengen Biomasse ab und prägen damit den Kohlenstoffkreislauf in den Ozeanen: Über die Bakterien im Meerwasser haben Forscher nun etwas Erstaunliches herausgefunden. Nicht die am häufigsten vorkommenden Arten, sondern die seltenen Spezies bauen besonders viel organisches Material ab und setzen dabei Kohlendioxid frei. Weniger als drei Prozent der Bakterien in den Meeren konsumieren demnach ein Drittel des gesamten Sauerstoffs. Die Befunde werfen damit neues Licht auf die Mechanismen des marinen Kohlenstoffkreislaufs, dem eine zentrale Bedeutung für das irdische Leben und die Klimaentwicklung zukommt, sagen die Wissenschaftler.

Vom Blauwal bis zum Krebschen – wenn es um die Lebewesen der Meere geht, steht meist die enorme Artenvielfalt bei den Tieren im Rampenlicht. Doch die Diversität bei einer „unscheinbaren Weltmacht“ ist noch viel größer: In einem Liter Ozeanwasser finden sich hunderttausende verschiedene Bakterienarten. Es handelt sich dabei um Winzlinge mit riesiger Bedeutung: Die Mikroben verstoffwechseln verschiedene organische Substanzen, die letztlich auf den Biomasseaufbau Photosynthese betreibender Organismen zurückzuführen sind. Die meisten dieser Bakterien veratmen Sauerstoff, um Energie aus dem organischen Material zu gewinnen und erzeugen dabei Kohlendioxid. Durch ihre gigantische Gesamtmasse dominieren diese Mikroben dabei den marinen Kohlenstoffkreislauf – sie setzten mehr organische Substanz um, als alle anderen Meereslebewesen zusammen.

Wichtige Winzlinge im Visier

Trotz ihrer Bedeutung sind die Meeresbakterien allerdings vergleichsweise wenig erforscht. So gab es bisher auch nur grobe Informationen über die Stoffwechselraten dieser Mikroben. Denn bisher haben Forscher einfach die Summe der gesamten Atmungsaktivität der Bakterien in einem bestimmten Volumen erfasst und durch die Anzahl der vorhandenen Organismen geteilt. Dadurch blieb unklar, inwieweit es artspezifische Unterschiede bei der Atmungsaktivität gibt. Um detailliertere Einblicke in diese “Black Box” zu gewinnen, hat ein internationales Forscherteam eine Methode entwickelt, die es erlaubt, die Atmungsaktivität von einzelnen Bakterienarten zu bestimmen.

Dabei verwenden sie fluoreszierende Sonden: Je mehr eine Zelle atmet, desto mehr beginnen diese Marker zu leuchten. Bei dem System wird die Fluoreszenz einzelner Bakterienzellen erfasst und dann werden sie je nach Stärke des Signals sortiert. Anschließend werden sie einer genetischen Analyse unterzogen, um herauszufinden, um welche Bakterienart es sich handelt. Für die Studie haben die Wissenschaftler nun Bakteriengemeinschaften aus dem Golf von Maine, dem Mittelmeer und aus dem offenen Atlantischen und Pazifischen Ozean untersucht.

Seltene Spezies mit enormem Appetit

So konnte das Team aufzeigen, dass die artspezifischen Unterschiede bei der Atmungsaktivität teils gewaltig sind. “Die Atmungsaktivität der einzelnen Bakterienarten im Meerwasser kann bis zu tausendfach variieren. Wir haben herausgefunden, dass gerade jene Bakterien, die im Ozean weniger zahlreich vertreten sind, die höchsten Atmungsaktivitäten aufweisen, während sehr häufig vorkommende Bakterien geringe Atmungsaktivitäten haben”, sagt Co-Autor Gerhard Herndl von der Universität Wien. Das bedeutet, dass für den Kohlenstoffkreislauf in den Meeren die seltenen Bakterien insgesamt wichtiger sind als die Mikroorganismen, die in großer Anzahl im Meerwasser vorkommen, resümieren die Wissenschaftler. “Es handelt sich um ein häufiges Missverständnis in der Ökologie und in der Betrachtung der biogeochemischen Kreisläufe: Nicht jene Organismengruppen oder Nährstoffe, die in der höchsten Konzentration verkommen, sind besonders wichtig, sondern sehr oft jene, die nur in geringen Konzentrationen vorkommen”, erklärt Herndl.

Doch was könnte hinter dem Muster stecken? „Offenbar werden die hochaktiven Bakterien stark beweidet, das heißt von anderen Lebewesen gefressen, sodass sie nur in geringen Häufigkeiten vorkommen. Hohe Aktivität bedeutet also auch hohe Verlustraten“, sagt Herndl. „Es zeichnet sich also ab, dass nur wenige Bakterienarten dafür sorgen, dass wir einen hohen Kohlenstofffluss im Meer haben, während der Großteil der Bakterien eher wenig aktiv ist, langsam wächst und auch wenig beweidet wird“, erklärt der Wissenschaftler.

Wie er und seine Kollegen hervorheben, wurde damit deutlich, wie grob die Informationen über die metabolische Aktivität der planktonischen Bakterien waren, die bisher in globale biogeochemische Modelle eingeflossen sind. Mithilfe ihrer Methode lässt sich diese “Black Box” nun beleuchten. „Die neuen Erkenntnisse haben große Auswirkungen auf die Untersuchung von globalen Nährstoffkreisläufen wie dem Kohlenstoffkreislauf, da das Meer für einen Großteil des globalen Kohlenstoffkreislaufes verantwortlich ist.”, sagt Herndl abschließend.

Quelle: Universität Wien, Fachartikel: Nature, doi: 10.1038/s41561-022-01081-3

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