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#Kartoffel-Krankheit mit Wirkstoffpotenzial

„Kartoffel-Krankheit mit Wirkstoffpotenzial

In „Bösewichten“ kann auch Gutes stecken, verdeutlicht eine Studie: Forscher haben in einem bakteriellen Krankheitserreger der Kartoffel einen Wirkstoff entdeckt, der Potenzial im Kampf gegen Pilzinfektionen sowohl bei Pflanzen als auch beim Menschen zeigt: Das sogenannte Solanimycin aus dem Erreger der „Schwarzbeinigkeit“ wirkt gegen verschiedene bekannte landwirtschaftliche Schaderreger sowie gegen den humanpathogenen Pilz Candida albicans. Die Studie verdeutlicht damit das bisher kaum beachtete Potenzial der pflanzenassoziierten Bakterien als Quelle für antimikrobiell wirksame Substanzen, sagen die Wissenschaftler.

Meist stehen die gegen Bakterien gerichteten Substanzen im Fokus der Aufmerksamkeit – die Antibiotika. Doch auch gegen eine andere Gruppe mikrobieller Erreger werden dringend neue Wirkstoffe benötigt: Pilzinfektionen sind ein wichtiges Thema – sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Medizin. Verschiedene Pilzarten machen sich über Pflanzen her und verursachen dadurch weltweit gigantische Ertragsverluste. Bessere Bekämpfungsmittel sowie Alternativen für die durch Resistenzentwicklungen zunehmend versagenden Mittel sind deshalb gefragt. Ähnlich wie Pflanzen können allerdings auch Mensch und Tier von bestimmten Pilzarten befallen werden – mit teils lebensbedrohlichen Folgen. Zur Behandlung stehen bisher aber nur vergleichsweise wenige Substanzen zur Verfügung. Ähnlich wie bei den Antibiotika besteht deshalb auch bei den Antimykotika erheblicher Entwicklungsbedarf.

Suche im Waffenarsenal von Mikroben

Als eine besonders ergiebige Quelle für antimikrobiell wirkende Substanzen haben sich bisher bestimmte Bakterien erwiesen, die meist friedlich im Boden leben. Die Wissenschaftler um Miguel Matilla und Rita Monson von der University of Cambridge richten den Blick nun hingegen auf sogenannte phytopathogene Bakterien. Konkret steht in ihrem Fokus der Erreger Dickeya solani, der an Kartoffelpflanzen die sogenannte „Schwarzbeinigkeit“ verursacht, sowie die Knollen befallen kann. Das Bakterium ist derzeit auf dem Vormarsch und verursacht große Schäden im Kartoffelanbau. Die Forscher widmen sich allerdings nicht seiner Bekämpfung, sondern interessieren sich für ein mögliches Erfolgsgeheimnis des Bakteriums: Wie von anderen Mikroben bekannt, könnte es Konkurrenten wie andere Bakterien oder Pilze in seinem Umfeld gezielt „vergiften“, um sich Vorteile zu verschaffen.

So begann das Team, sich der Untersuchung des antimikrobiellen Waffenarsenals von Dickeya solani zu widmen. Dabei stießen sie bereits auf eine Substanz namens Oocydin A, die Wirkung gegen mehrere pilzliche Pflanzenpathogene zeigte. „Diese frühere Entdeckung sowie die Analyse des Genoms des Bakteriums deuteten allerdings darauf hin, dass es mehr Wirkstoffe zu entdecken gibt“, sagt Matilla. Bei ihren weiteren Untersuchungen stießen die Wissenschaftler dann auf die Substanz, die sie als Solanimycin bezeichnen. Es gelang ihnen schließlich, diesen Wirkstoff zu isolieren, um ihn für Wirksamkeitstests einzusetzen. Dabei wurde untersucht, inwieweit die Substanz das Wachstum von bestimmten Mikroben auf Kulturmedium unterdrücken kann. Wenn dies der Fall ist, bilden sich charakteristische Hemmhöfe um den Ort der Applikation des Wirkstoffes aus.

Potenzial für Landwirtschaft und Medizin

Wie die Tests zeigten, war das bei einer Reihe von pilzlichen Organismen der Fall: Solanimycin zeigt Wirkungspotenzial gegenüber wichtigen Schaderregern an verschiedenen Kulturpflanzen, die der Landwirtschaft weltweit erheblich zu schaffen machen. Daneben konnten die Wissenschaftler am Beispiel des Pilzes Candida albicans auch das Potenzial für die Humanmedizin aufzeigen. Solanimycin verursachte deutliche Hemmhöfe auf Kulturmedien, auf denen dieser potenziell gefährliche Erreger wuchs. Candida albicans kann unter bestimmten Umständen erhebliche Gesundheitsprobleme und sogar lebensbedrohliche systemische Infektionen beim Menschen verursachen.

Durch ihre genetischen Untersuchungen konnten die Forscher interessanterweise auch zeigen, dass das Bakterium die Verbindung nur dann produziert, wenn es sinnvoll ist. Demnach führt eine Umgebung mit einem bestimmten Säureniveau – wie es in einer Kartoffel vorkommt – zur Bildung der Substanz. Wie die Forscher erklären, ist die Herstellung des Wirkstoffs für die Einzeller aufwendig und deshalb bilden sie es nur, wenn sie sich in ihrem Opfer befinden und dort allein von seinen Nährstoffen profitieren wollen. „Es handelt sich um ein Antimykotikum, von dem wir glauben, dass es pilzliche Konkurrenten abtöten soll, was den Bakterien sehr nutzen kann“, sagt Monson.

Inwieweit sich der Wirkstoff allerdings nun tatsächlich auch für einen landwirtschaftlichen oder klinischen Einsatz eignet, müssen erst weitere Untersuchungen klären, betonen die Forscher. Sie haben bereits begonnen, mit Chemikern zusammenzuarbeiten, um mehr über die Molekularstruktur von Solanimycin zu erfahren und besser zu verstehen, wie es funktioniert. Anschließend könnten Tests des Wirkstoffs im Pflanzen- und Tiermodellen folgen. Vor allem sehen die Forscher aber eine grundsätzliche Bedeutung in ihrer Studie: Es wird deutlich, dass auch in Pflanzenpathogenen Potenzial für die Entdeckung von Substanzen steckt, die gegen Krankheiten bei Pflanzen und Menschen eingesetzt werden können. „Wir müssen offen sein für die Erforschung von allem, was es da draußen gibt, um neue antimikrobiell wirksame Substanzen zu finden“, so Matilla.

Quelle: American Society for Microbiology, Fachartikel: mBio, doi: 10.1128/mbio.02472-22

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