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#Klassiker der Zukunft

„Klassiker der Zukunft“

Irrtümer zu bekennen, Lebenslügen einzuräumen, Scheitern zu gestehen – das gehört inzwischen zur politischen Rhetorik bis hinauf zum Bundespräsidenten. Doch wer hat Recht behalten vor der Geschichte, wer war seiner Zeit voraus, wer hat die Dinge kommen sehen? Und zwar ohne sich auf Klassifikationen von links und rechts festlegen zu lassen? Der heute vor hundert Jahren geborene Carl Amery kann sich, nicht nur was die Priorisierung des Naturschutzes anbelangt, an diesem Anspruch messen lassen.

Im Gedächtnis als Schriftsteller und früher Umweltaktivist, war Amery (ein Anagramm seines Nachnamens Mayer) 1980 Gründungsmitglied der grünen Partei und Vordenker einer Ökologie als Querschnittsaufgabe, wie sie sich Anfang der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts gegen den, wie es hieß, Profitschmutz des Kapitalismus ausbildete. Dies in einer Art kultureller Gegenoffensive, die von Hans Magnus Enzensberger (Kursbuch 33 über „Ökologie und Politik“, 1973) bis E. F. Schumacher („Small is beautiful“, 1973) oder Herbert Gruhl („Ein Planet wird geplündert“, 1975) reichte.

Warum so gereizt, Herr Enzensberger?

Penibel trugen die frühen Freunde der Erde ihren Methodenstreit aus. Hatte Enzensberger die neue ökologische Ideologiekritik noch verdächtigt, ein methodisch unsauberes, reines Überbauphänomen der kapitalistischen Produktionsweise zu sein (Ideologiekritik als Ideologie, wie er spottete), beharrte Amery auf dem Chancen-Charakter des ökologischen Ansatzes, gerade wegen dessen Grenzüberschreitungen zwischen Mensch und Natur: „Mein Kollege Hans Magnus Enzensberger ist einer der einsichtigsten marxistischen Behandler des ökologischen Problems; aber gerade deshalb lässt der gereizte Ton aufhorchen, den er (in seinem Marksteine setzenden Kursbuch 33) gegen den Anspruch der Humanökologie, der Politischen Ökologie anschlägt“, schrieb Amery 1976 in „Natur als Politik“, einem Buch, das sich als Klassiker der Zukunft erwies.

Schrecklich, wie sehr Amery auch damit recht behielt, dass er im selben Buch wie nebenbei erklärte, es gebe „im sowjetischen Machtbereich kein einziges Minoritätenproblem, keine Nationalitätenfrage“, die nicht „entweder durch Genozid oder durch Ethnozid gelöst worden wäre oder würde“. An diesen Befund knüpfte der von Haus aus linke Prophet die Erwartung: „Der zünftige humane Marxist würde also kaum einen Deut anders handeln als sein kapitalistischer Vorfahr dies in Amerika, oder als sein kosakischer Urgroßvater dies in Sibirien tat; jedenfalls nicht im Prinzip.“ Es gehe beim Abschlachten der Menschen dann nur noch um die Unterschiede zwischen „Schlachtung mit oder ohne Betäubung“; im Zeichen des Sowjetischen blieben die Schlachthöfe stehen. Amery hat es kommen sehen.

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