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#Kleine Klappe, große Wirkung

„Kleine Klappe, große Wirkung“

Eigentlich müsste jeder, der mit offenen Augen durch Paris läuft, diese kleinen ovalen Klappen mit Schlüsselloch schon einmal gesehen haben. Sie sind unten, etwa in Wadenhöhe, an den Fassaden älterer Häuser angebracht. Aber meist läuft man daran vorbei wie an Regenrohren oder Gullideckeln. Auch ihre Funktion kennt heute fast niemand mehr.

Als sie Ende des 19. Jahrhunderts installiert wurden, bedeuteten diese gusseisernen Öffnungen, die zur neu gelegten Gasleitung der Gebäude führten, den Anschluss an Licht und Wärme: damals magische Worte, synonym für Moderne und Fortschritt. Zukunft sei etwas, schrieb William Somerset Maugham, das die meisten erst lieben, wenn es Vergangenheit geworden ist.

In Zeiten inflationärer Gaspreise und der allmählichen Abkehr von fossilen Energien könnte man beim Anblick von Jub Mönsters Fotos der einstigen Pariser Gasanschlüsse nostalgisch werden. Etwa 50 Aufnahmen aus seiner Serie sind gerade in der „Maison Heinrich Heine“ in der Pariser Cité Universitaire zu sehen. Sie öffnen die Augen für ein kurioses Zeichen der Stadtgeschichte, das allmählich zu verschwinden droht.

„Ville Lumière“

Das erste Foto einer Gasanschlussklappe schoss der Bremer Künstler in den Achtzigerjahren. Seither sind etwa 2000 Bilder entstanden, denn schnell hatte er den Blick für sein ungewöhnliches Motiv und dessen Vielfalt im Gleichen geschärft. Immer sind es zufällige Schnappschüsse, die ihm beim Flanieren vor die Linse kommen. Sie werden weder ausgeleuchtet noch nachbearbeitet. Der Reiz dieser Fotos ist der enge Ausschnitt, der die Gasklappen gerade in ihrer Reihung wie eine Porträtgalerie erscheinen lässt.

Um 1860 sollen in Paris schon rund 56.000 Gaslaternen geleuchtet haben.



Bilderstrecke



Nostalgie
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Die Spuren der Zeit

Trotz der Zweckgebundenheit und einer immer ähnlichen Form sind sie einzigartig, tragen mit abgebröckelten Farbresten die Spuren der Zeit oder wurden in ihrer Jahrhundert-Existenz fast bis zur Unkenntlichkeit übertüncht. Oft werden sie aber auch zum gestalterischen Element einer Fassade: liebevoll mit Mosaik umgeben, in aufgemalte Dekorationen eingebunden oder als Teil eines Graffito. In den Fotos von Jub Mönster hat die urbane Inventaraufnahme eine ästhetische Qualität. Sie lassen an die minimalistisch seriellen Fotografien von Hilla und Bernd Becher denken.

Paris als „Ville Lumière“: Diese Bezeichnung geht angeblich schon auf die Zeit Ludwigs XIV. zurück, der seine Kapitale mit Öllaternen und Fackeln beleuchten ließ. Aber erst im Lauf des 19. Jahrhunderts wurde der Beiname wirklich spruchreif, denn nach und nach wurden die nächtlichen Straßen durch gasbetriebene Laternen illuminiert. Um 1860, als Georges-Eugène Haussmann das alte Paris in eine moderne Metropole umwandelte, sollen schon 56.000 Gaslaternen geleuchtet haben.





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Zehn Jahre F.A.Z.-Magazin
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Ungeschminkt und unretuschiert
Bild: Jork Weismann

Die fortschrittliche Energie wurde von neuen Industrieanlagen in den nördlichen Vororten über ein immer dichter werdendes Verteilernetz bis in die Häuser geleitet, zunächst ins Erdgeschoss, wo plötzlich Läden, Betriebe und Restaurants mit Licht versorgt werden konnten. Etwas später führten vertikale Leitungen in die oberen Stockwerke: „Gazà tous les étages“ stand nach der Jahrhundertwende auf blauen Schildern, die stolz an Hausfassaden prangten, denn mit Gas wurde nun auch geheizt und gekocht.

Etwas tiefer, in Bodennähe und leicht zugänglich, waren diese wunderlichen gusseisernen Anschlussklappen angebracht. Den passenden Schlüssel verwahrte die Pariser Gasgesellschaft. Auch die Feuerwehr hatte Zugang, um im Notfall den Hahn zuzudrehen.

Jub Mönsters Fotos haben neben der künstlerischen auch eine zeithistorische Bedeutung. Deshalb hat er kürzlich eine umfassende Auswahl seiner Fotos dem Archiv der Bibliothèque historiquede la Ville de Paris vermacht.

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