Koalitionsausschuss: Neue Regierung, neuer Geist?

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Nach der Wahl von Friedrich Merz zum Bundeskanzler Anfang Mai und der Regierungserklärung eine Woche später bildete die erste Zusammenkunft des Koalitionsausschusses am Mittwoch den dritten und letzten Teil eines politischen Initiationsritus, von dem die Botschaft ausgehen sollte, dass in Berlin auch politisch ein Frühling angebrochen ist.
Trotzdem ist von einem Stimmungsumschwung unter den Bürgern oder einer signifikanten Verbesserung wirtschaftlicher Indikatoren auch sieben Monate nach dem Zerfall der Ampelkoalition nichts zu sehen.
Missverhältnis zwischen Aufgaben und Ressourcen
Zu groß ist nicht nur die Verunsicherung durch den fortschreitenden Zerfall einer regelbasierten Weltordnung. Zu groß ist auch die Skepsis, dass die Vorhaben der neuen Regierung das Zeug haben, die Risiken für den gesellschaftlichen Zusammenhalt einzudämmen, die von der Krise des deutschen Wirtschaftsmodells, der Ausgabendynamik der Sozialversicherungssysteme und den demographischen Veränderungen ausgehen.
Und zu groß ist auch das Misstrauen, das inzwischen einem Staat entgegenschlägt, dessen Ressourcen in keinem günstigen Verhältnis mehr stehen zu den Aufgaben, die er zu bewältigen hat, geschweige denn zu den nicht selten überzogenen Erwartungen, die an ihn gestellt werden, auch von seinen Repräsentanten. Um so mehr wäre es zu wünschen, die neue Regierung könne diesen Teufelskreis schon bald durchbrechen, und sei es nur punktuell.
Ob die Priorisierungen, wie sie jetzt bekräftigt wurden, diesem Ziel dienen, lässt sich kaum vorhersagen – dazu sind die Botschaften weiterhin zu diffus.
Noch ist es nicht so weit, dass man von einer „kardinalen Gefährdung der innenpolitischen Gesamtsituation“ sprechen müsste, wie Helmut Schmidt es 1967 angesichts der Krise des Ruhrbergbaus in den Sinn kam. Aber dass diese Wirtschaftskrise durch den Geist von 1968 bewältigt wurde, ist keine Gewähr dafür, dass es sechzig Jahre später wieder zu einem ähnlichen Umschwung kommt. Ein neuer Geist ist jedenfalls noch nicht in Sicht.
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