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#Koexistenz von Neandertaler und Homo sapiens

Koexistenz von Neandertaler und Homo sapiens

In der Grotte Mandrin in Frankreich haben Forscher Überreste moderner Menschen in einer rund 54.000 Jahre alten Ausgrabungsschicht entdeckt – dies ist einer der ältesten Nachweise von Homo sapiens in Europa. Doch der Fund hat eine weitere Besonderheit: Die Überreste moderner Menschen befanden sich zwischen Schichten, die Neandertaler-Fossilien enthalten. Das deutet darauf hin, dass Neandertaler und moderne Menschen in dieser Zeit in Europa koexistiert haben und die Höhle abwechselnd bewohnt haben. Hinweise auf einen kulturellen Austausch liefern die Ausgrabungen jedoch nicht.

Vor mehr als 300.000 Jahren entwickelte sich der Homo sapiens in Afrika. Die ältesten Nachweise moderner Menschen außerhalb Afrikas werden auf ein Alter von rund 210.000 Jahren datiert und stammen aus Griechenland. Doch während sich unsere Vorfahren in der Folgezeit in Asien weit verbreiteten, sind die Nachweise in Europa rar. Abgesehen von dem Fund in Griechenland sind die frühesten Relikte moderner Menschen in Europa vor etwa 44.000 Jahren belegt. Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Neandertaler, die zu dieser Zeit in Europa lebten, die modernen Menschen zunächst verdrängten, bevor sie selbst vor gut 30.000 Jahren ausstarben.

Moderner Mensch schon vor 54.000 Jahren in Europa

Funde sprechen jedoch dafür, dass die beiden Menschenarten zumindest in einigen Regionen gleichzeitig vorkamen. Sie könnten demnach über Jahrtausende hinweg koexistiert haben. Ein Team um Ludovic Slimak von der Universität Toulouse Jean Jaurès in Frankreich liefert nun einen weiteren Beleg dafür: Bei Ausgrabungen in der französischen Grotte Mandrin fanden sie versteinerte Überreste und Werkzeuge moderner Menschen zwischen Schichten mit Neandertaler-Fossilien.

„Unsere Funde zeigen, dass in den letzten Jahrtausenden der Existenz der Neandertaler die Besiedlung der Stätte durch Neandertaler und moderne Menschen abwechselnd stattfand“, schreiben die Forscher. „Wir dokumentieren mindestens vier sich abwechselnde Phasen der Verdrängung. Die Neandertaler bewohnten das Gebiet um Mandrin bis vor etwa 54.000 Jahren, wurden dann von modernen Menschen abgelöst, gefolgt von einer Wiederbesiedlung durch den Neandertaler und einer zweiten Phase des modernen Menschen vor rund 44.000 Jahren.“

Funde
Abfolge von Zähnen und Werkzeugen in der Grotte Mandrin. © Ludovic Slimak

Zähne und Werkzeuge

Von den jeweiligen Bewohnern der Höhle fanden die Forscher versteinerte Zähne und Werkzeuge. In der frühesten Schicht mit Überresten moderner Menschen befand sich ein Zahn, den Slimak und seine Kollegen eindeutig einem Homo sapiens aus dem oberen Pleistozän zuordnen konnten. Datierungen ergaben, dass der Besitzer des Zahns im Zeitraum vor 56.800 bis 51.700 Jahren gelebt hat. „Das bedeutet, dass dieses Individuum wesentlich älter ist als alle bisher dokumentierten modernen menschlichen Überreste in Europa“, schreiben die Forscher.

Die Werkzeuge dieser Schicht ähnelten solchen, die bereits an anderen, jüngeren Fundstellen menschlicher Siedlungen im östlichen Mittelmeerraum gefunden wurden. Dabei handelt es sich vor allem um Klingen und Spitzen aus Feuersteinen, die den Forschern zufolge mit bemerkenswerter technischer Präzision hergestellt wurden. „Das Vorhandensein aller Produktionsphasen, vom Beginn bis zum fertigen Produkt, zeigt, dass der gesamte Produktionsprozess in der Höhle durchgeführt wurde“, schreiben sie. Die verwendeten Steine waren sehr gleichmäßig und stammten teils aus Gebieten, die bis zu 90 Kilometer von der Grotte Mandrin entfernt liegen. „Das legt nahe, dass die Menschen damals ein großes territoriales Einflussgebiet hatten“, so die Forscher.

Schneller Wechsel statt einmaliger Verdrängung

Die in den darüber und darunter liegenden Schichten gefundenen Neandertaler-Steinwerkzeuge unterscheiden sich in Form und Kunstfertigkeit deutlich davon. Genauere Werkzeug-Analysen lieferten auch keine Hinweise darauf, dass sich die modernen Menschen und die Neandertaler in Bezug auf technische Traditionen kulturell ausgetauscht hätten. Auch zwischen den verschiedenen Neandertaler-Gruppen konnten die Forscher keinen kulturellen Austausch feststellen. „Das stimmt mit dem Szenario eines schnellen Austauschprozesses ohne größere Interaktionen überein“, schreiben Slimak und seine Kollegen.

„Die Daten zeigen, dass die Verdrängung der einheimischen Neandertaler-Gruppen kein einfaches Einzelereignis war, sondern ein komplexer historischer Prozess, in dessen Verlauf sich beide Populationen in ein und demselben Gebiet schnell oder sogar abrupt ablösten, und zwar mindestens zweimal“, so die Forscher. „Die Mandrin-Folge ist der erste Nachweis einer plausiblen Zeitgleichheit von Neandertalern und modernen Menschen in einem geografisch definierten Gebiet in Europa.“

Quelle: Ludovic Slimak (Universität Toulouse Jean Jaurès, Frankreich) et al., Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.abj9496

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