Kommentar: Können wir uns blinden Konsum noch leisten?

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Ostern war, Muttertag steht an und eigentlich denkt man ja schon wieder an Weihnachten. Zumindest dann, wenn man den Werbekampagnen aus der Einkaufswelt glauben möchte. Doch ist dies in Zeiten immer leerer werdenden Geldbeutel und ungewisser Zukunft noch leistbar? Ein Kommentar zum Thema “reicht doch noch aus”.
Versteht mich nicht falsch. Auch ich liebe es einzukaufen, Menschen zu beschenken oder einfach mich für irgendetwas Erreichtes zu belohnen. Andererseits merke ich jedoch auch, dass nicht nur bei mir der Euro, den ich zum reinen Spaß haben besitze, immer weniger wird. Steigende Preise, explodierende Mietkosten und einfach das normale Leben sind für viele von uns mittlerweile schon Belastung genug und der Drang nach etwas Neuem muss gezügelt werden. Doch ist das etwas Schlechtes? Ist etwas. weil es nicht das Beste oder Neueste ist, deswegen gleich nicht mehr benutzbar?
Die Antwort ist schwerer als ich dachte. Aus diesem Grund habe ich für mich an folgenden, nicht-lebenskritischen Produkten aus meinem Alltag ein paar Dinge festgemacht.
Nicht billig, sondern preiswert kaufen
Alles, was ich besitze oder kaufe, muss den Preis wert sein, den ich bezahle. Ob es das ist, hängt von mehr als nur einem Faktor ab, und schon gar nicht sind es die Gleichen bei jeder Entscheidung. Auch bringt es nichts, etwas billig anzuschaffen, was man dann aber regelmäßig neu ersetzen muss und sich somit die wiederholenden Kosten steigen.
Somit kann für eine Person beispielsweise ein iPhone für gut über eintausend Euro eine preisgünstige Möglichkeit sein, seine anderen Geräte hierdurch nicht neu kaufen zu müssen, wie beispielsweise eine dedizierte Foto-/Videokamera, und durch eine mehrjährige, tägliche Benutzung des Gerätes die Kosten pro Gebrauchsstunde in Relation preiswerter sind als von einem Samsung Ultra Gerät, was billiger ist, aber man nur kauft, weil es “Ultra” ist, ohne dies wirklich auszuschöpfen. Der Vergleich ist auch vice versa legitim.
Bester Rabatt: Erst gar nicht kaufen
Seien wir ehrlich: Jede/r von uns freut sich über Hinweise wie “spare 50%” auf den Preis. Sehr verlockend, durchaus. Doch spart man keine 50%, man gibt 50% aus, somit ist ein Rabatt nie eine direkte Ersparnis, sondern nur eine verminderte finanzielle Belastung, welche mit Fakten belegt werden sollte.
Ein Rabatt, der in Theorie wirklich einer sein könnte, sind 0%-Finanzierungen. Auch wenn hier eine große Gefahr lauert, macht man hiermit einen Bogen um die Geldentwertung via Inflation. Doch dies geht viel zu weit in das Meta-Denken und soll hier nur eine Randnotiz darstellen.
Ist ja eigentlich noch gut …
Machen wir uns nichts vor. Wir brauchen viel weniger Neues als wir haben wollen oder uns vorgemacht wird. Vieles ist auch für mich ein bisschen Augen öffnend gewesen, wo ich durch die Recherche zu diesem Artikel in meinem Leben aufmerksam wurde.
Laptop
Dieser Artikel wird auf einem Surface Pro 6 Einsteigermodell geschrieben. Ein fünf Jahre altes Gerät, was selbst damals keine Bäume ausgerissen hat und an das moderne KI-Zeitalter und das moderne Windows 11 noch gar nicht zu denken war. Es reißt auch im Jahre 2025 keine Bäume aus, doch es leistet noch das Gleiche wie damals. Büroarbeiten, leichte Bild- und Videobearbeitungen oder auch sanftes Entwickeln von Software sind weiterhin möglich. Sogar der Akku hält nach all der Zeit noch erstaunlich gut durch.
Selbstverständlich hätte ich gern eines von den neuen Snapdragon KI-Surface-Geräten, natürlich wird das TypeCover etwas speckig, doch brauche ich es wirklich, um die Aufgaben zu erledigen, was ich will? Nein!
Spielekonsole
Ja, auch Menschen über 30 spielen. Manchmal, ab und zu, selten und wenn auch nur kurz, aber wir tun es. Da ich dies in einer rückenschonenden Position erleben möchte, spiele ich großteils auf dem Fernseher an einer Xbox Series S (Martins Bericht). Die Series S wird oft als Flaschenhals, Bremser für die Gameindustrie und “da kann man gleich auf einem PC aus den 2000dern” spielen abgetan. Doch für im Angebot unter 200 Euro, mit weniger Energieverbrauch und im Vergleich zu anderen Konsolen wenig benötigten Platz ist diese seit dem Erscheinen im Jahre 2020 ein treuer Begleiter in meinem Wohnzimmer.
Auch hier sind die bei weiten bessere Grafik und größerer Speicher einer Series X oder einer PlayStation 5 ein großer Motivator etwas Neues zu kaufen, doch was dann? Dann steht etwas für mehrere hundert Euro mehr herum, was dann durch das größere Gehäuse auch nicht mehr dort stehen kann, wo die Series S momentan steht. Also auch hier ein: “Ja ich will, aber muss und sollte diese nicht ersetzen”.
Über Fernsehgeräte brauchen wir hier gar nicht reden, denn auch wenn ich wollte, finde ich keinen Grund, meinen 12 Jahre alten Fernseher auszutauschen.
(Office-) Abonnements
Was ist heutzutage kein Abo? Gefühlt nichts, selbst Unterhosen gibt es als monatliche Subskription.
Die allermeisten meiner Beiträge fangen heutzutage an mit einer Ideensammlung mithilfe von Copilot, werden in Microsoft Word geschrieben, und wenn ich etwas plattformübergreifend hierzu notieren möchte, landet es in OneNote. Dennoch bin ich weiterhin im kostenfreien Segment von Microsoft Office unterwegs. Natürlich, hier ist alles nur im Browser, was mich anfangs abschreckte und mittlerweile schätze, da ich somit auch ältere Hardware weiterhin performant nutzen kann.
Die 40 GB Speicher, die ich in OneDrive hierzu habe, langen für Dokumente und Präsentationen weiterhin völlig aus. Klar hätte ich gern Terrabyte an Speicherplatz, wo ich auch virtuelle Maschinen lagern kann. Klar hätte ich gern bei Copilot oder ChatGPT Zugriff zu den besten und neuesten Modellen, doch würde ich diese wirklich so nutzen, dass es mir das merkliche mehr an Gebühren wert ist? Im Moment nein, deswegen ist für mich das kostenfreie Office noch gut genug.
Ein anderes Thema hierbei ist für mich GitHub Copilot, welches ich aktiv bezahle und in meinem Ermessen mir hierfür eine entsprechende Gegenleistung liefert. Somit sind für mich diese Gebühren des Preises wert – pun intended.
3D-Druck als Hobby
Da jede/r von uns unterschiedliche Hobbies hat, ist diese Kategorie natürlich umso mehr von Subjektivität geprägt. Dennoch hoffe ich auch hier, dass ich eine gute Gradwanderung zwischen Spaß und Kosten-/Nutzen Faktor habe.
Ich beschreibe mich selbst als “interessierter” Anfänger im Beriech 3D-Druck, der aber nicht wirklich basteln möchte. Aus diesem Grund besitze ich den kleinsten BambuLab, den A1 mini. Für im Angebot 169 Euro war und ist es ein preisgünstiger Einstieg, ohne eine Verpflichtung zu haben, es täglich nutzen zu müssen – denn ich habe ja viel Geld dafür bezahlt.
Kleine Drucker brauchen weniger Platz, weniger Strom und machen eventuell auch weniger Lärm, was vor allem wichtig sein kann im geteilten Wohnraum. Natürlich sind neuere oder größere Modelle sehr verlockend. Mehr Bauraumvolumen, mehr Auswahl an Materialen oder, wenn man an andere Hersteller kennt, eine bessere Erweiterbar- und Modbarkeit. Doch brauche ich es? Im Moment wieder einmal – nein. Somit ist auch mein “Hobby”-Gegenstand noch gut, genau so, wie er ist.
Nicht geißeln!
Dennoch bin ich großer Fan davon, sich nicht absichtlich und ohne Grund zu geißeln. Ist man Gamer durch und durch und hat die finanziellen Möglichkeiten – dann soll man sich natürlich eine Series X und einen dementsprechend hochgerüsteten Fernseher kaufen. Ist man mit Leidenschaft 3D-Drucker, dann kauft man sich – wenn möglich – natürlich mehrere Drucker oder Laser oder Hobel oder alles in einem.
Ich möchte mit meinem Artikel nicht ein “du darfst nicht” Eindruck erwecken. Ich möchte aufzeigen, dass man nicht immer Neues unbedingt braucht und das, was man hat auch länger Nutzen kann, als Herstellern lieb ist. Wir alle haben an manchen Objekten diese Einstellung verinnerlicht. Niemand kommt nach einem Jahr auf die Idee, seine Küche oder Toilettenschüssel zu erneuern, weil es neue Saison ist – im Vergleich zu beispielsweise Mode, wo viele Menschen zweimal im Jahr in Wechsellaune kommen.
Habt Spaß, kauft ein, was ihr wollt, doch eventuell schadet eine Nacht mehr darüber schlafen nicht, ob man es wirklich benötigt und ob es eine Verbesserung gegenüber dem “Ist”-Zustand darstellt.
Über den Autor

Tobias Scholze
Bayrischer Open Source- und Community-Enthusiast, Verfechter des neuen Microsoft und Wandler zwischen den Betriebssystemwelten. #communityrocks
Von Herzen ein Nerd mit der festen Überzeugung, dass man gemeinsam und durch den Einsatz von moderner IT die Welt für jeden ein Stückchen besser machen kann.
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