Technologie

Kommentar: Warum man Chrome nicht von Google abspalten sollte

Kommentar: Warum man Chrome nicht von Google abspalten sollte

Im US-Kartellverfahren gegen Google erwägt das Justizministerium eine Abspaltung des Chrome-Browsers von Google. Eine schlechte Idee, die sich nicht an den Interessen der Verbraucher orientiert. Meine Meinung.

Ist es nachteilig, dass Google sowohl bei der Websuche, der Online-Werbung als auch bei den Internet-Browsern mit weitem Abstand den Markt anführt?

Auf jeden Fall.

Hat Google seine Position als Marktführer missbraucht, um die eigenen Produkte zu fördern und die Konkurrenz gezielt zu benachteiligen?

Selbstverständlich haben sie das.

Die Lösung für diese Probleme: Man zwingt Google dazu, Chrome zu verkaufen. Ganz einfach, oder? Wenn der marktbeherrschende Browser jemand anderem gehört, kann Google ihn nicht mehr als „Waffe“ einsetzen.

Wer kann das bezahlen?

Auf den ersten Blick mag das vielleicht nach einem guten Ansatz klingen. Allerdings handelt es sich bei Chrome zweifellos um eines der wertvollsten Software-Produkte des Planeten. Wer Chrome kaufen möchte, benötigt dafür eine Menge Geld. OpenAI hat sich schon mal in Stellung gebracht, zudem hört man noch Namen wie DuckDuck Go, Yahoo oder Perplexity. Abgesehen von OpenAI stellt sich hier bereits die Frage, wie die anderen Interessenten den geschätzten Kaufpreis von 50 Milliarden US-Dollar überhaupt aufbringen wollen.

Wer auch immer Chrome im Fall der Fälle kaufen würde, es wäre ganz sicher kein Akt der Nächstenliebe. Es erscheint kein Robin Hood, der Chrome aus den Fängen des reichen Großkonzerns befreit und ihn in den Dienst der Internet-Bevölkerung stellt. Derjenige, der sein Geld in Chrome investiert, will es wieder zurück. Mit Zinsen versteht sich.

Wie könnte eine Refinanzierung funktionieren? Sicher nicht, indem man den Browser selbst kostenpflichtig macht, denn niemand wäre bereit, für Chrome zu zahlen. Eine alte Weisheit besagt: Wenn Du nicht bezahlst, bist Du nicht der Kunde, sondern das Produkt, das im Schaufenster steht.

Googles Geschäftsmodell: „Böse“, aber transparent

Das Geschäftsmodell von Google ist recht simpel: Es sammelt mit Chrome die Daten der Internetnutzer und verkauft diese an die Werbeindustrie. Jeder, der Chrome nutzt, weiß das. Diese Transparenz ist doch im Grunde sogar erfreulich.

Ein neuer Besitzer von Chrome müsste nach anderen Wegen suchen, mit dem Browser Geld zu verdienen. Etwa durch die Integration von eigenen Premium-Angeboten, die man innerhalb des Browsers prominent bewirbt. Oder – nur mal laut gedacht – in dem man die anderen Nutzer der Chromium-Engine zur Kasse bittet und aus dem Open Source- ein kommerzielles Projekt macht.

Die Lösung: Sanktionen statt Symbolpolitik

Ein Verkauf von Chrome wäre Symbolpolitik. Die Rechte der Nutzer würden damit nicht gestärkt. Es würde lediglich das Problem auf eine andere Ebene verlagert.

Am Ende sehe ich sogar die Gefahr, dass man dem neuen Eigentümer nicht so sehr auf die Finger schaut. Die Mission ist schließlich erfüllt und es warten noch andere große Fische im Big-Tech-Teich darauf, unter die Lupe genommen zu werden.

Lasst Chrome, wo er ist. Stellt stattdessen klare Regeln auf und sanktioniert Google die ihrwisstschonwas aus dem ihrwisstschonwem, wenn sie sich nicht daran halten. Die EU hat hier mit dem Digital Markets Act den richtigen Ansatz gewählt. Wer unfair spielt, zahlt. Finanzieller Schmerz wirkt noch immer am besten.

Über den Autor

Martin Geuß

Martin Geuß

Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant.
Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir – für Euch!

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Technologie kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!