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#Lehren aus Le Pens Wahl-Ergebnis für Deutschland

„Lehren aus Le Pens Wahl-Ergebnis für Deutschland“

Der Seufzer der Erleichterung, der nach der französischen Präsidentenwahl in Berlin (und Brüssel) zu hören war, ist berechtigt. Hätte Le Pen gewonnen, dann wäre innerhalb weniger Wochen ein zweiter tragender Pfeiler der deutschen Außenpolitik weggebrochen. Nach dem Scheitern der Russlandpolitik, die Deutschlands Sicherheitskonzeption untauglich gemacht hat, wäre mit einer integrationsfeindlichen und antideutschen Präsidentin auch die europäische Einbettung der Bundesrepublik gefährdet gewesen.

Dass Le Pen nicht mehr aus EU und Euro austreten wollte, bedeutet nicht viel. Ihr „Europa der freien und souveränen Nationen“ liefe auf eine Rückkehr der Rivalitäten hinaus, die dem Kontinent in seiner Geschichte so viel Unglück gebracht haben. Eine französisch-russische Allianz, die sie für die Zeit nach dem Krieg favorisierte, wäre ein erster Schritt zu einem neuen Konzert der Mächte gewesen, in dem Berlin und Paris kaum im selben Lager gestanden hätten.

Gute Ergebnisse nicht nur in Frankreich

Dazu wird es in den nächsten fünf Jahren nicht kommen – was nicht dazu verführen sollte, die bohrenden Fragen der Wähler zu den Akten zu legen, die in dem Wahlergebnis zum Ausdruck kamen. Rechtspopulisten erzielen ja nicht nur in Frankreich gute Ergebnisse. In vielen EU-Ländern sind sie von Splitterbewegungen zu starken Parteien geworden, die zweistellige Wahlerfolge einfahren und es teilweise schon in die Regierung geschafft haben. Das reicht von kleinen Ländern wie Ungarn über mittlere wie Polen zu großen wie Italien. Die Entwicklung vollzieht sich inzwischen im Osten wie im Westen. Die Iberische Halbinsel war für die Rechtspopulisten lange die letzte Leerstelle auf der politischen Landkarte der EU, jetzt haben sie sich auch dort etabliert.

Es gibt Unterschiede zwischen diesen Bewegungen, etwa wenn es um Russland geht. Trotzdem speist sich ihr Erfolg vorwiegend aus Quellen, denen die traditionellen Parteien lange zu wenig Beachtung geschenkt haben. Das eine ist eine Skepsis gegen den oft undurchschaubaren und fernen Brüsseler Politikbetrieb, der in der rechtspopulistischen Deutung zu einer Art Fremdherrschaft wird. Das andere ist das Reizthema unserer Zeit, das auch in Gesellschaften außerhalb Europas zu Verwerfungen führt: die Einwanderung. Nimmt man beides zusammen, dann haben wir es praktisch überall in Europa in einem wachsenden Teil der Bevölkerung mit einem Gefühl der Entgrenzung, politischen Ohnmacht und kulturellen Bedrohtheit zu tun.

Diese Einsicht ist heute nicht mehr besonders originell. Aber es fällt der etablierten Politik trotz der Brexit-Erfahrung seit Jahren schwer, daraus Schlüsse zu ziehen. Macron hat am Wahlabend versprochen, dass er auf die Sorgen der Le-Pen-Wähler eingehen werde. So ähnlich hört man das zu solchen Gelegenheiten auch anderswo, aber in der Substanz hat sich die europäische Politik in den vergangenen Jahren wenig verändert. Macron selbst müsste große Teile seines Programms verleugnen, würde er wirklich auf die Forderungen seiner unterlegenen Widersacherin eingehen.

Dagegen spricht schon das Mehrheitsprinzip. Proeuropäische Politiker werden ja (auch) für ihre Position zur EU gewählt. Trotzdem hat man das viel zu lange als Mandat zum Ausbau der Supranationalität verstanden, auch und gerade in Deutschland. Die Ampelkoalition will auf einem Kontinent, auf dem die EU-Gegner bis tief in die Mitte hinein Zustimmung finden, immer noch einen europäischen Bundesstaat gründen. Auch die „Konferenz zur Zukunft Europas“, die derzeit weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit abläuft, wird kaum zum Ergebnis kommen, dass die EU weniger Kompetenzen braucht. Dafür sorgt schon die Federführung durch die Brüsseler Institutionen.

Ein großes Thema des französischen Wahlkampfs war die Migration. Es spricht nichts dafür, dass die Sondersituation mit den ukrainischen Kriegsflüchtlingen etwas daran ändern wird, dass nicht nur in diesem Land viele Bürger erhebliche Vorbehalte gegen ungeregelte Einwanderung haben. Auf kaum einem Feld ist die EU in den vergangenen Jahren so erfolglos gewesen, und das lag nicht zuletzt an der großzügigen deutschen Asylpolitik.

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Deutschland ist nicht schuld daran, dass 13 Millionen Franzosen Le Pen gewählt haben. Aber die deutsche Politik muss sich stärker bewusst werden, dass die harte Durchsetzung ihrer Positionen, die unter Schröder und Merkel normal wurde, unbeabsichtigte Folgen haben kann. So wie Putin von deutscher Beschwichtigung profitierte, so hat Berlin den Rechtspopulisten in der EU immer wieder Stoff geliefert, vor allem in der Euro- und Flüchtlingskrise. Dass sich das nicht wiederholt, sollte auch zur „Zeitenwende“ gehören.

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