#Leipziger Buchmesse 2024: Was die Jungen lesen und die Jury auszeichnet
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Bock auf was Lustiges oder was Ernstes? Und überhaupt: Bock auf Buch? Auf der Leipziger Buchmesse wird der „Minihorror“ von Barbi Marković gefeiert – und eine Antwort auf die Frage gefunden, was junge Leute lesen, wenn sie lesen.
Das ist, sagte der Literaturwissenschaftler Moritz Baßler, als er, im Namen der Leipziger Buchpreis-Jury, die Laudatio auf die diesjährige Preisträgerin Barbi Marković und deren Geschichtenband „Minihorror“ hielt, „im Großen und Ganzen unsere Situation“. Und zählte sie einmal auf, die Elemente unserer Situation, wie Marković sie in ihren kurzen Stadtgeschichten von Mini und Miki montiert: „Hinten die Kriegsverbrechen, vorne der Klimawandel, dazwischen aber Linsenchips, die Blondierung beim Friseur und die neue Küchenplatte bei Ikea.“
Wie witzig und präzise die Prosa der serbischen Autorin aus Wien ist, hatte Barbi Marković dann kurz in ihrer Dankesrede vorgeführt, die sie vom Telefon ablas und die im Wesentlichen davon handelte, dass ihre Figur Mini diesen Leipziger Preis bekommt, aber alles falsch macht, das Preisgeld zurückzahlen und am Ende der Messe aufräumen muss, um dann wieder kellnern zu gehen.
Am Anfang der Verleihung hatte die koreanische Übersetzerin Ki-Hyang Lee über ihren Preis für die Übertragung von Bora Chungs „Der Fluch des Hasen“ geweint. Mittendrin freute sich Tom Holert, komplett entwaffnet von der Überraschung, über den Preis für sein Sachbuch „ca. 1972“, auch das mehr die Analyse einer Situation und ihrer ästhetisch-politischen Elemente. Am Ende, bei Barbi Marković, wurde laut gelacht.
Baßler sprach noch von „der absurden Fallhöhe zwischen Alltag und existenzieller Weltlage“ in „Minihorror“, es wäre wohl auch eine Formel für sämtliche Buchmessen im Maxihorror der vergangenen Jahre, Corona, Ukraine-, Gazakrieg. Und es passt so auch auf die diesjährige Buchmesse in Leipzig, die am Mittwochabend mit Protestrufen bei der Eröffnungsrede von Kanzler Scholz begann, um dann tags darauf, als die Leute in die Hallen strömten, aber natürlich auch Platz zu bieten für Entertainment und Ablenkung. „Habt ihr Bock auf was Lustiges oder was Ernstes?“, fragte die Wiener Instagramerin Toxische Pommes bei ihrem Auftritt beim „Forum Literatur“ ins Publikum – und las dann Passagen aus ihrem Debüt „Ein schönes Ausländerkind“, die beides waren, ernst und lustig, weil das halt unsere Situation ist.
Ja, die jungen Menschen lesen
„Bock auf Buch“ wiederum heißt die Studie, die der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (avj) jetzt auf der Messe vorgestellt haben: Wie finden und kaufen junge Menschen zwischen 10 und 29 Jahren heute Bücher? Die Ergebnisse lösen gemischte Gefühle aus. Ja, für junge Lesende ist das gedruckte Buch immer noch das Maß aller Dinge und der Buchladen der Ort, es zu kaufen, aber das Buch wird auch teurer, was einige im Publikum anwesende Buchhändlerinnen besorgt ansprachen, weil es eine soziale Frage sichtbar mache. Ja, die jungen Menschen lesen, aber sie finden zum Buch stärker in der Schule als in der Familie, weswegen Peter Kraus vom Cleff, Geschäftsführer des Börsenvereins, einen stärkeren staatlichen Einsatz für die Leseförderung forderte und Bernd Herzog vom avj mehr Geld für Schulbibliotheken.
Interessant auch, was die Studie ein „Verschwimmen der Genres“ nennt: Beim Buchkauf geben 13- bis 15-Jährige 46 Prozent ihres Geldes für Belletristik aus, mehr als für das klassische Jugendbuch. Da unter „Belletristik“ allerdings auch Manga und Graphic Novel fallen, ist schwer zu sagen, was das genau bedeutet für die Literatur, es zeigt jedenfalls den Wunsch nach mehr, hat man einmal mit dem Lesen begonnen. Die große Rolle der sozialen Medien für junge Lesende auf der Suche nach dem Buch bestätigt die Studie übrigens auch. Dass mehr Mädchen als Jungen lesen. Und dass ein Buch „spannend“ erzählt sein muss. Aber welcher Lesende, egal ob Mini oder Maxi, wünschte sich das nicht?
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