Luca Witzke, Julian Köster und Marko Grgic wechseln

Inhaltsverzeichnis
Am Telefon wirkt Ingo Meckes aufgeräumt wie eh und je – warum auch nicht an diesem schönen Frühlingstag. Der Sportvorstand des Deutschen Handballbundes (DHB) startet in die letzte Lehrgangswoche dieser Saison; die ausstehenden Qualifikationsspiele an diesem Mittwoch gegen die Schweiz (19.00 Uhr im ARD-Livestream) in Zürich und am Sonntag gegen die Türkei (18.00 Uhr im ARD-Livestream) in Stuttgart haben keinen allzu großen Wert mehr, denn die Nationalmannschaft ist schon teilnahmeberechtigt an der nächsten Europameisterschaft Anfang 2026 in Dänemark, Schweden und Norwegen.
Es ist etwas anderes, was in der Bundesliga-Szene und auch bei Bundestrainer Alfred Gislason und Vorstand Meckes für Aufsehen gesorgt hat – entgegen früherer Entwicklungen hat es einige Vereinswechseln von Stammspielern der Nationalmannschaft gegeben, die aufhorchen lassen: „Es freut mich, dass unsere Spieler zu Topklubs wechseln, die im besten Alter sind“, sagt Meckes, „das ist ein Qualitätsmerkmal für die gute Nachwuchsarbeit der Vereine und wird auch der Nationalmannschaft gut tun.“
Ein Coup des THW Kiel
Den Anfang machte Luca Witzke. Der 26 Jahre alte Leipziger geht zur neuen Saison nach Flensburg – wo er Mitte 2026 auf den fünf Jahre jüngeren Marko Grgic trifft. Der wurfkräftige Rückraumspieler hat sich trotz anderen Angebote ebenfalls für die SG entschieden, wird aber noch ein Jahr in Eisenach spielen. Überraschend war der Transfer vor allem deshalb, weil Grgic dick unterstrichen auf dem Zettel der TSV Hannover-Burgdorf stand.
Als wolle man dem Nordrivalen in Nichts nachstehen, präsentierte der THW Kiel vergangene Woche seinen Coup – schon lange hatte Sportchef Viktor Szilagyi an Julian Köster (25 Jahre) gebaggert. Nun zieht der derzeit beste deutsche Handballspieler im nächsten Sommer von Gummersbach im Bergischen Land nach Kiel an die große Förde, um die dortige Oldie-Truppe zu verjüngen.

Champions League und European League statt nur Bundesliga: Witzke, Grgic und Köster wagen den nächsten Schritt. „Es wirkt alles gut überlegt“, sagt Meckes, „sie wollen sich weiterentwickeln und haben sich in ihrer Karriereplanung weitblickend Gedanken gemacht.“ Gleiches gelte für Juri Knorr, 24 Jahre alt, der ab diesem Sommer im dänischen Aalborg und auch in der kontinentalen Meisterklasse auftreten wird.
Es sind Akteure im besten Alter, die die Komfortzone ihrer Heimatklubs verlassen, um ab sofort oder von 2026 an dann weitgehend alle drei Tage antreten zu müssen. Auch dazu hat Meckes eine Meinung: „Vielleicht kann auch das ein Vorteil für unsere Nationalmannschaft werden, wenn unsere Stammspieler es bei den großen Turnieren aus den Vereinen gewohnt sind, alle zwei, drei Tage zu spielen.“
„Gutes Training, gute Pflege“
Kollidieren könnte diese Hoffnung mit der damit einhergehenden Verletzungsgefahr, die Meckes mit Verweis auf den Flensburger Akkord-Spieler Johannes Golla aber relativiert: „Mit gutem Training und guter Pflege können sie der Belastung standhalten.“ Wie das gehe, sehe man auch bei dänischen Vielspielern wie Mathias Gidsel.
Bestand die Nationalmannschafts-Rückraumachse der vergangenen Dekade meist aus Akteuren von Vereinen der Bundesliga-Mittelklasse und schaute man neidisch auf Frankreich, wo alle entscheidenden Profis Champions-League-gestählt waren, steigen die Genannten nun von Leipzig, Eisenach, Gummersbach auf und messen sich in Training und Spiel mit den Besten. Für den Berliner Linkshänder Nils Lichtlein, 22, gilt das schon.

Dabei werden Witzke, Köster und Grgic nicht die Letzten sein, die diesen Schritt ins Rampenlicht wagen – die Hannoveraner Justus Fischer und Renars Uscins (22, 23) werden vermutlich nicht ewig an der Leine bleiben; auch der 23 Jahre alte Torwart David Späth von den Rhein-Neckar Löwen ist umworben. „Sie haben noch Zeit. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass auch sie bei Topklubs landen werden“, sagt Meckes.
Ihn freut besonders, dass die transferierten Nationalspieler nicht geholt worden sind, um „das deutsche Gesicht“ in Flensburg und Kiel unter lauter Skandinaviern zu zeichnen – sondern weil sie dort als sofortige Verstärkungen wahrgenommen werden.
Mit möglichen Schattenseiten: „Sie alle werden lernen müssen, sich dort gegen starke Konkurrenz durchzusetzen.“ Bei Köster hat der früherer Bundestrainer Heiner Brand schon warnend den Zeigefinger gehoben – er scheint zu bezweifeln, dass er ins hochbezahlte Kieler Star-Ensemble passt.
Darauf zumindest setzen Meckes und Bundestrainer Alfred Gislason: Nichts wäre schädlicher für die persönliche und mannschaftliche Entwicklung, als säßen Witzke, Grgic, Köster und auch Knorr bei ihren neuen Klubs auf der Bank. Doch davon geht in diesen Wochen der spektakulären Wechsel niemand aus.
Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.
Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.