Wissenschaft

Medikament könnte auch gegen Migräne-Vorboten helfen

Schon bevor die Kopfschmerzen beginnen, leiden Migränepatienten oft unter Vorboten-Symptomen: Sie sind empfindlich gegenüber Licht und Geräuschen, können sich schlecht konzentrieren, haben einen steifen Nacken oder leiden unter Symptomen wie Schwindel und Übelkeit. Nun legt eine Studie nahe, dass das in den USA bereits zugelassene Migränemedikament Ubrogepant auch gegen diese Frühsymptome helfen könnte. Die Ergebnisse müssen allerdings noch in weiteren Studien überprüft werden.

Eine Migräneattacke setzt Betroffene oft stunden- bis tagelang außer Gefecht – nicht nur die die Kopfschmerzen selbst, sondern auch durch sogenannte Prodromal-Symptome, die oft mehrere Stunden vor Beginn der eigentlichen Attacke auftreten. Dazu zählen unter anderem Licht- und Geräuschempfindlichkeit, Übelkeit, Nackenschmerzen, Müdigkeit und Schwindelgefühl. Bisherige Migränemedikamente kommen aber üblicherweise erst zum Einsatz, wenn die Kopfschmerzen beginnen. Gegen die Frühsymptome gibt es dagegen bislang noch keine zugelassene Behandlung.

Die 2023 veröffentlichte PRODROME-Studie hatte jedoch bereits gezeigt, dass das Medikament Ubrogepant, das in den USA zur Behandlung akuter Migräneattacken zugelassen ist, auch hilft, wenn es einige Stunden vor Beginn der Kopfschmerzen eingenommen wird. Die Studienteilnehmer mussten dazu vorab mit Hilfe eines prospektiven Tagebuchs unter Beweis stellen, dass sie ihre Migräneattacken zuverlässig vorausahnen können. Für die eigentliche Studie wurden sie angewiesen, ein bis sechs Stunden vor Beginn der Kopfschmerzen eine Tablette einzunehmen, die entweder 100 Milligramm Ubrogepant oder ein Placebo enthielt. Tatsächlich berichteten 46 Prozent der Probanden, die das echte Medikament eingenommen hatten, dass danach keine Kopfschmerzen auftraten. In der Placebogruppe waren es dagegen nur 29 Prozent.

Auch gegen Frühzeichen

Doch wirkt sich die frühzeitige Einnahme auch auf die Vorboten-Symptome der Migräne aus? Um diese Frage zu beantworten, hat ein Team um Peter Goadsby vom King’s College London nun die Ergebnisse der PRODROME-Studie noch einmal nachanalysiert. Denn auch wenn die primäre Fragestellung der Studie war, inwieweit sich Migräneattacken durch frühzeitige Einnahme verhindern lassen, hatten die Probanden auch Fragen zu ihren weiteren Symptomen beantwortet, darunter auch zu den typischen Prodromal-Symptomen.

Und tatsächlich: „Die Ergebnisse legen nahe, dass Ubrogepant bei frühzeitiger Einnahme dabei helfen kann, dass die üblichen Prodromal-Symptome verschwinden“, berichten Goadsby und seine Kollegen. So fühlten sich 19,5 Prozent der Betroffenen zwei Stunden nach der Einnahme von Ubrogepant weniger lichtempfindlich, in der Placebogrupe waren es nur 12,5 Prozent. Auch weitere Beschwerden wie Nackenprobleme, Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und Geräuschempfindlichkeit besserten sich in der Ubrogepant-Gruppe stärker als in der Placebogruppe.

Weitere Studien erforderlich

Dagny Holle-Lee, die Leiterin Westdeutsches Kopfschmerzzentrum am Universitätsklinikum Essen, die nicht an der Studie beteiligt war, weist jedoch darauf hin, dass die Ergebnisse dieser explorativen Analyse weniger aussagekräftig sind, als wenn eine kontrollierte Studie gezielt die Prodromal-Symptome als zentrale Fragestellung untersucht hätte. „Dennoch liefern die vorliegenden Daten erste Hinweise darauf, dass Ubrogepant in der Vorphase der Migräne wirksam sein könnte“, sagt sie. „Allerdings sind weitere, gezielt konzipierte Studien erforderlich, um diesen vielversprechenden Ansatz wissenschaftlich zu untermauern.“

Der Wirkstoff Ubrogepant blockiert im Gehirn die Rezeptoren, an die der Entzündungsbotenstoff CGRP bindet – einer der zentralen Übeltäter bei Migräne. In Europa ist das Medikament bislang nicht zugelassen, wohl aber andere Wirkstoffe aus der Klasse der Gepante: Atogepant und Rimegepant. Beide wirken nach dem gleichen Mechanismus wie Ubrogepant. Ob sie ebenfalls das Potenzial haben, Vorboten-Symptome einzudämmen, wurde bislang noch nicht untersucht.

Quelle: Peter Goadsby (King’s College London, UK) et al., Nature Medicine, doi: 10.1038/s41591-025-03679-7

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