#Megahertzlaser verbessert Satelliten- und Weltraumschrott-Ortung

Inhaltsverzeichnis
Die Überwachung von Satelliten und Weltraumschrott ist heute wichtiger denn je, denn im Erdorbit kreisen immer mehr Objekte. Um die Messungen zu verbessern und effizienter zu machen, haben nun Grazer Forscher ein neues laserbasiertes Messsystem entwickelt. Dabei ermöglicht es die Nutzung eines Megahertzlasers, sowohl hochgenaue Messstrecken zu Satelliten aufzubauen als auch Weltraumschrott zu orten– ohne das bisher nötige Umschalten von Laserstärke und Pulsdauer. Mithilfe dieser Lasertechnik könnten künftig auch die weltweit rund 40 bisher nur für die Satellitenüberwachung genutzten Stationen für die Detektion von Weltraumschrott eingesetzt werden, wie das Team erklärt. Das würde dazu beitragen, Kollisionen von Satelliten mit Weltraumschrott rechtzeitig vorherzusehen und entsprechende Ausweichmanöver einzuleiten.
In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der erdumkreisenden Satelliten rasant gestiegen, sie hat sich auf rund 10.000 aktive Satelliten verdreifacht. Dazu haben vor allem die kommerziellen Megakonstellationen für orbitales Internet wie Starlink, Kuiper und Co beigetragen. Dazu kommen wachsende Mengen an Weltraumschrott: Rund 40.000 Schrottteile von mehr als zehn Zentimeter Größe und rund eine Million Schrottobjekte von mehr als einem Zentimeter Größe sind bisher bekannt. Trotz ihrer geringen Größe können diese rasend schnell fliegenden Fragmente bei einer Kollision schwere Schäden an aktiven Satelliten verursachen. Ein Zusammenstoß mit größeren Schrottteilen kann einen Satelliten sogar komplett zerstören.
Wie Satelliten und Weltraumschrott vermessen werden
Entsprechend wichtig ist eine möglichst genaue Überwachung. Sie findet mithilfe laserbasierter Messstationen auf der Erdoberfläche statt. Im Fokus steht dabei jedoch bisher die Entfernungsmessung zu Satelliten, denn sie dient dazu, beispielsweise das Erdschwerefeld, die Topografie der Erde oder auch das Erdmagnetfeld zu vermessen. “Rund 40 Laser-Ranging-Stationen (SLR) weltweit liefern diese Entfernungsmessdaten dafür an mehrere Datenzentren, die dann die hochpräzisen Flugbahnen und Bahnvorhersagen ermitteln”, erklären Michael Steindorfer und seine Kollegen vom Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz. Dafür nutzen die Stationen Laser mit Pulsdauern von nur zehn Pikosekunden und Leistungen von 0,8 Watt. Diese Laserpulse werden von kleinen Reflektoren an den Satelliten zurückgeworfen und von den Messstationen aufgefangen. Aus der Laufzeit ergibt sich dann die Entfernung und Position des Satelliten. Die gängigen Messanlagen ermöglichen bis zu 2000 Einzelmessungen in der Sekunde und eine Messgenauigkeit der Positionsbestimmung von rund drei Millimetern, wie Steindorfer und sein Team erklären.
Anders ist dies jedoch bei Weltraumschrott: Weil die Schrottteilchen viel kleiner sind als Satelliten und keine Reflektoren besitzen, lassen sie sich nur durch stärkere Laser von rund 16 Watt Laserleistung orten. Diese besitzen meist eine längere Pulsdauer von rund drei Nanosekunden und können daher nur rund 200 Einzelmessungen pro Sekunde durchführen. Dadurch sinkt die Präzision der Positionsbestimmung auf nur rund einen Meter. Das Problem jedoch: “Bisher gibt es nur einige wenige Stationen weltweit, die Weltraumschrott-Überwachung mittels Laser durchführen können”, erklären die Forscher. Dadurch fehlt es auch an Messstationen für die globale koordinierte Weltraumschrottüberwachung. Eine Lösung dafür könnten nun Steindorfer und seine Kollegen gefunden haben. Sie haben eine Methode entwickelt und getestet, mit der Satelliten und Weltraumschrott mit demselben Laser und in höherer Genauigkeit als bisher erfasst werden können.
Megahertzlaser kann beides
Basis des neuen Überwachungssystems ist ein Megahertzlaser, der hohe Leistung und kurze Pulsdauern in sich vereint. “Der Megahertzlaser arbeitet mit Wiederholraten zwischen 0,05 und zehn Megahertz, einer zentralen Wellenlänge von 532,15 Nanometern und zehn Pikosekunden Pulsdauer”, berichten Steindorfer und sein Team. Die hohe Leistung dieses Lasers erlaubt die Vermessung von Weltraumschrott, die geringe Pulsdauer wiederum macht es möglich, mitdemselben System auch hochpräzise Messungen zu Satelliten durchzuführen. Für erste Tests installierten die Forscher ihren neuen Laser am Observatorium Lustbühel bei Graz, das bisher zwar schon Satelliten und Weltraumschrott überwacht, dafür aber zwei verschiedene Laseraufbauten benötigt. Im ersten Test des neuen Megahertzsystems nutzten sie einen sogenannten monostatischen Messmodus. Dabei sind Messlaser und Empfangsteleskop direkt benachbart. “Mit Ausnahme des Megahertz-fähigen Lasers ist dieser Aufbau identisch zu den Systemen für die geodätischen Standardbeobachtungen”, so das Team. Um Störeffekte durch atmosphärische Rückstreuungen des Laserlichts zu vermeiden, muss die Lasermessung im monostatischen Modus in Intervallen erfolgen. Dadurch verringert sich jedoch die nutzbarer Laserleistung, wie die Steindorfer und seine Kollegen erklären.
Eine effektivere Alternative ist daher der Einsatz des Megahertzlasers in einer sogenannten bistatischen Messung. Dabei wird das Empfangsteleskop für die aus dem Erdorbit reflektierten Lasersignale in größerem Abstand zum Lasersender postiert. “Mit Hilfe eines zweiten Teleskops am Dach des Observatoriums Lustbühel konnten wir nachweisen, dass bereits ein Abstand von rund zehn Metern zwischen Sender und Empfänger zur Vermeidung von atmosphärischen Streuungen ausreicht”, berichtet Steindorfer. “Dadurch konnten wir die volle Laserleistung nutzen und erstmalig Satelliten und Weltraumschrott bei einer Wiederholrate von einem Megahertz vermessen.” Im Test gelang so die hochgenaue Positionsbestimmung und Vermessung mehrerer Schrotteile, darunter ausgedienter Satelliten und Raketenoberstufen. Die Testmessungen ergaben zudem, dass sich auch die Genauigkeit der Messungen zu Satelliten durch den Megahertzlaser erhöht. So gelang es dem Team, innerhalb von 15 Sekunden bis zu zwei Millionen erfolgreiche Entfernungsmessungen zu dem mit Reflektoren bestückten ehemaligen Forschungssatelliten Jason-2 durchzuführen. Dies bewirkte eine deutliche Reduktion der sogenannten Normal-Point-Genauigkeit. “Mit unserem System ist es gelungen, diese Normal-Point-Genauigkeit auf wenige Mikrometer zu reduzieren”, sagt Steindorfer. Bisher lag dieser Wert im Millimeterbereich.
Nach Ansicht der Forscher eröffnet ihr neues Laserverfahren damit die Chance, das bestehende Netzwerk von Lasermessstationen für Satelliten künftig auch für die Überwachung von Weltraumschrott einzusetzen. “Durch eine Aufrüstung auf ein Megahertz-fähiges System könnten solche Stationen im regulären Beobachtungsbetrieb Weltraumschrott vermessen, ohne laufend Adaptierungen am System machen zu müssen”, erklärt Steindorfer. “Dadurch könnten die Stationen gemeinsam beispielsweise die Orbitgenauigkeit von Hochrisiko-Objekten verbessern, ohne dabei die regulären Beobachtungen von Forschungssatelliten zu reduzieren.”
Quelle: Michael Steindorfer (Institut für Weltraumforschung, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Graz) et al., Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-024-55777-8
Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.
Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Wissenschaft kategorie besuchen.