#Mehr Emissionen bei Öl- und Gasförderung als gedacht
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Bei der Förderung von Öl und Erdgas gelangt einer Studie zufolge mehr Methan in die Atmosphäre als bisher angenommen. Messungen aus der Luft sowie an einzelnen Messstationen in sechs großen Förderregionen in den USA zeigen, dass fast drei Prozent des geförderten Methans ungenutzt entweichen – rund dreimal mehr als in offiziellen Angaben berücksichtigt. Dabei sind die Emissionen an neuen, schnell wachsenden Förderstandorten höher als an etablierten. Die größte Rolle spielen einzelne Lecks, die verhältnismäßig einfach behoben werden könnten.
Neben Kohlendioxid ist Methan eines der wichtigsten vom Menschen verursachten Treibhausgase. Im Vergleich zu Kohlendioxid hat es kurzfristig betrachtet eine um ein Vielfaches stärkere Treibhauswirkung, verbleibt aber nur etwa zehn Jahre in der Atmosphäre. Werden die Methan-Emissionen verringert, wirkt sich das somit vergleichsweise schnell positiv auf das Klima aus. Auf der Klimakonferenz COP26 in Glasgow 2021 schlossen sich über 100 Länder der Global Methane Pledge an und vereinbarten, ihren Methan-Ausstoß bis 2030 um mindestens 30 Prozent zu verringern.
Als Bio- und Erdgas ist Methan ein begehrter Energieträger. Bei der Verbrennung wird es zu CO2 umgewandelt. Gerade bei der Erdgasförderung entweicht allerdings ein Teil des Methans auch ungenutzt in die Atmosphäre. Rund 40 Prozent der von Menschen verursachten Methanemissionen stammen aus der Energiewirtschaft. Wie groß der Anteil des entweichenden Methans ist, wird üblicherweise mit Messstationen an einzelnen Förderstandorten erhoben und hochgerechnet. Während diese Methode gut geeignet ist, um kleine Emissionsquellen zuverlässig zu erfassen, könnte sie jedoch potenziell große Emissionen von Förderstandorten ohne entsprechende Messeinrichtungen übersehen.
Kombination von Messmethoden
Um dieses Problem zu beheben und realistische Werte der gesamten Methanemissionen aus der Öl- und Gasförderung zu ermitteln, kombinierte ein Team um Evan Sherwin von der Standford University in Kalifornien Daten dieser Einzelmessungen mit Messungen aus der Luft, bei der mit Hilfe von Infrarotspektroskopie große Methanquellen sichtbar gemacht werden. „Wir haben etwa eine Million Messungen aus der Luft durchgeführt und diese in regionale Emissionsmessungen integriert“, berichtet das Team. „Dabei erfassen wir sechs Förderregionen in den USA, die 52 Prozent der Onshore-Öl- und 29 Prozent der Gasproduktion umfassen.“ Durchgeführt wurden die Messungen 2020 und 2021.
Das Ergebnis: Durchschnittlich entweichen 2,95 Prozent des gesamten geförderten Methans ungenutzt in die Atmosphäre – rund dreimal mehr, als die offiziellen Zahlen, die sich lediglich auf die Daten von Messstationen verlassen, angeben. „Zusammengenommen bedeuten die hier quantifizierten Emissionen einen jährlichen Verlust von etwa 1 Milliarde US-Dollar an kommerziellem Gaswert und 9,3 Milliarden US-Dollar an jährlichen Umweltkosten“, schreibt das Forschungsteam.
Wenige Lecks als Hauptverursacher
Die Daten zeigen, dass nur 0,05 bis 1,66 Prozent der Förderanlagen für mehr als die Hälfte der Emissionen verantwortlich sind. Die meisten Emissionen stammen dabei aus schnell expandierenden Förderregionen mit einem Fokus auf Ölförderung. Lange etablierte, hochproduktive Gasförderregionen tragen hingegen einen deutlich geringeren Anteil bei. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Transport und Speicherung des geförderten Gases. Auch hier sind einige wenige große Lecks für einen großen Teil der Gesamtemissionen verantwortlich.
„Die gute Nachricht der Studie ist, dass wir durch gezieltes Abstellen von einzelnen, starken Lecks im Einvernehmen mit Produzenten schnelle Fortschritte im Klimaschutz erzielen können“, kommentiert Hinrich Schaefer vom National Institute of Water & Atmospheric Research Ltd (NIWA) in Neuseeland, der nicht an der Studie beteiligt war. „Die schlechte Nachricht ist, dass fossile Brennstoffe noch umweltschädlicher sind als weithin angenommen und dass ein schneller Ausstieg ihrer Nutzung noch dringlicher wird.“
Staatliche Regulation erforderlich
Doch auch die Produzenten haben ein Interesse daran, Lecks zu beheben, sodass weniger verkaufsfähiges Erdgas verloren geht. „Die Kosten für das Abdichten der Lecks im Öl- und Gassektor sind nicht hoch und werden in vielen Fällen durch die höheren Einnahmen aus dem Verkauf des zurückgewonnenen Gases gedeckt“, erklärt Lena Höglund Isaksson vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Österreich, die ebenfalls nicht an der Studie beteiligt war. „Da die Gewinnspannen bei der Öl- und Gasförderung sehr hoch sind, übertrumpft eine Investition in die Produktionssteigerung allerdings fast immer den relativ geringeren Gewinn aus der Kontrolle von Methan-Leckagen, insbesondere in Zeiten, in denen die Weltmarktpreise für Öl und Gas hoch sind – wie aktuell.“ Wichtig seien deshalb staatliche Vorschriften und potenziell auch Abgaben für entweichendes Gas.
Quelle: Evan Sherwin (Stanford University, Kalifornien, USA) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-024-07117-5.
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