#Mein Ex, dein Liebhaber
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„Mein Ex, dein Liebhaber“
Das ZDF hat eine neue Samstagskrimireihe aufgelegt, sie heißt „Kolleginnen“ und bringt die Schauspielerinnen Caroline Peters und Natalia Belitski als frischgebackenes Ermittler-Duo in eine gleichermaßen komplizierte wie konstruierte Situation: Julia Jungklausen (Belitski) ist mit Hans (Götz Schubert), dem Staatsanwalt zusammen, von dem sich Irene Gaup (Peters) just getrennt hat. Nun sollen die beiden Kommissarinnen den Mord an einem Achtzehnjährigen aufklären, dessen Leiche in der Nähe eines Selbstversorgerhofes gefunden wurde, auf dem „urbanmüde, sinnsuchende und postkapitalistische Utopisten“ sich von einem Pferdeschamanen den rechten Weg weisen lassen.
Es geht bunt zu in diesem neuen ZDF-Krimi, aber der Neugier des Zuschauers ist das zunächst auch dank gelungen kauziger Nebenfiguren nicht abträglich. Gleich zu Beginn wird Irene Gaup vermisst und alles, was dazu führt, erzählen Vanessa Jopp (Regie) und Anette Simon (Buch) in einer langen Rückblende. Angenehm, dass der Film erstmal „jwd“ und nicht gleich in Berlin beginnt, denn auch Jungklausen, die vorher in Leipzig gearbeitet hat, braucht noch etwas Eingewöhnungszeit. Bei den Selbstversorgern – „das ist ’ne Sekte“ – eckt sie an: „Ich darf kein Getreide … und keine Laktose.“ Und auch vor dem Überbringen der Todesnachricht an die Mutter des Opfers würde sie sich lieber drücken.
Zu Beginn – daran lassen Worte, Taten und Einstellungen (Kamera Hans Fromm) wenig Zweifel – sind die Sympathien klar auf der Seite von Gaup, die zunächst nicht weiß, dass ihr Mann („wir sind noch nicht geschieden“) mit ihrer Kollegin zusammen ist. Irene Gaup hat ein Händchen für andere Kollegen und potentielle Zeugen, ist natürlich und verwundbar, nimmt sich Zeit für die Mutter des Opfers und bereitet ihrem Stiefsohn nach der Arbeit noch selbst gemachte Ravioli zu – zumindest sagt sie das Hans. Jungklausen hingegen ist immer einen Tick zu bemüht gekleidet, tickert zu oft auf ihrem Handy herum und fährt – Zeichen größtmöglicher Rastlosigkeit – immer einen Schwung leerer 0,5-Liter-Energydrinkdosen in ihrem Mini durch die Gegend.
Ein Elefant im Raum, der auf den Namen Hans hört
Die Halskette des Opfers bringt Irene Gaup mit einem alten Fall in Verbindung, der sie, wie das damit verbundene Trauma, nie losgelassen hat. Eine junge Frau namens Emma Lennartz (Emilie Neumeister), die vor vier Jahren mit ihrer frischgeborenen Tochter verschwand, scheint etwas mit dem Mord zu tun zu haben. Für die Verdächtigen, die sich hier nacheinander die Klinke in die Hand geben – der Schamane Keanu (Marek Harloff), die Hofmutter und ehemalige Strafverteidigerin Gudrun (Karoline Eichhorn), Emmas Stiefvater Karl (Hendrik Heutmann) und ihr etwas aus dem Hut gezaubert wirkender Therapeut Prof. Dr. Helmholdt (Helmut Mosshammer) –, interessiert sich die erste „Kolleginnen“-Folge „Das böse Kind“ ebenso wenig wie für den Fall an sich. Im Vordergrund steht Irene Gaups emotionale Verwicklung in den Fall sowie der Elefant im Raum, der auf den Namen Hans hört.
Und trotz dieser konstruierten Spannungssituation, die Anlass für viele schlimme deutsche Fernsehsätze und Kalauer geboten hätte, gelingt es dem Ensemble unter der Führung von Vanessa Jopp, jene erklärende Geschwätzigkeit zu vermeiden, die vielen Krimis immer zu eigen ist. Szenen, in denen normalerweise ein tougher Spruch den nächsten provoziert, bleiben mitunter einfach offen. Auf der Bildebene werden die Szenen zwar konventionell aufgelöst. Doch herrscht auch hier der Mut Dinge wegzulassen und größere Sprünge zu wagen. Dann ist der gerade noch flüchtige Verdächtige plötzlich gefunden, ohne dass man dem Publikum zeigt, wie. Meist funktioniert das gut, nur manchmal tauchen die Figuren dann doch sehr abrupt auf. Auf Seiten der Kolleginnen wiederum kann der Zuschauer recht genau beobachten wie sich ihr Seelenleben mit den Lichtverhältnissen ändert. Auch andere Figuren, erscheinen, nach dem sie vom Zwielicht befreit sind, wie verwandelt.
Leider büßt der Film seinen natürlichen Charme gegen Ende etwas ein und gibt kluge Zurückhaltung zugunsten erzählerischer Kontraste und einer gehörigen Portion Melodram auf. Zuletzt sitzt eine Frau unter einem heiligen Baum und muss wieder zu sich finden. Das traut man auch den „Kolleginnen“ zu. Sie überzeugen, weil sie weder sich, noch ihren männlichen Kollegen oder dem Publikum stets ihre Härte beweisen müssen.
Kolleginnen – Das böse Kind, 20.15 Uhr, ZDF.
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