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#Missbrauch nach dem Fotoshooting?

„Missbrauch nach dem Fotoshooting?“

Den Gerichtssaal im Landgericht Köln betritt Achim Lippoth 20 Minuten nach dem ursprünglich angesetzten Prozessbeginn. Gestresst oder gereizt scheint er nicht zu sein, im Gegenteil. Er geht gemächlich durch den Raum, vorbei an Fernsehkameras und setzt sich zwischen zwei seiner Verteidiger.

Für den renommierten Kinderfoto­grafen geht es in dem Prozess, der am Dienstag vor der 10. Großen Strafkammer des Kölner Landgerichts begonnen hat, um vieles, vielleicht sogar um alles: Es geht um sexualisierte Gewalt gegen Kinder und den Besitz von Kinderporno­graphie.

Ein Vorwurf schlimmer als der nächste

Beim Verlesen der Anklageschrift beschreibt der Staatsanwalt die mutmaßlichen Taten im Detail, beschreibt, was wann wo wie passiert sein soll und fügt hinzu, wann Lippoth mutmaßlich zum Samenerguss gekommen ist. Obwohl die Verlesung nicht mal 13 Minuten dauert, zieht sie sich in die Länge. Ein Tatvorwurf ist schlimmer als der nächste. Der Staatsanwalt referiert nicht monoton, aber dann doch nüchtern.

Am Ende fasst er zusammen: Achim Lippoth muss sich für 17 Straftatbestände vor Gericht verantworten. Dem Vierundfünfzigjährigen werden zwölf Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern vorgeworfen, vier Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern und der Besitz kinderpornographischen Materials, das bei einer Hausdurchsuchung im Juni 2021 auf einem Cloud-Speicher sichergestellt wurde.

Lippoth schweigt

Die mutmaßlichen Opfer sind allesamt Jungen, die zum Tatzeitpunkt höchstens 13 Jahre alt waren. Sie sollen alle als Kindermodels für den Fotografen vor der Kamera gestanden haben. Während der Taten sollen sie zum Teil geschlafen haben und deshalb widerstandsunfähig gewesen sein. Mit einzelnen alleinstehenden Müttern der Kinder habe Lippoth „familienähnliche Zusammenschlüsse“ geformt, sagt der Staats­anwalt. Er spricht von Lippoth in einer „Vater-Rolle“. Die Missbrauchstaten sollen zwischen Frühjahr 1999 und Sommer 2017 oder 2018 unter anderem in Köln sowie auf Reisen ins Ausland stattgefunden haben.

Nicht in der Anklageschrift tauchen zwei weitere mutmaßliche Opfer auf, mit denen das „Zeit-Magazin“ vor dem Prozess gesprochen hat. Das Magazin hatte die Vorwürfe gegen den Fotografen, der bereits seit einem Dreivierteljahr in Unter­suchungs­haft sitzt, vergangene Woche öffentlich gemacht.

„Da arbeitet keiner an der Wahrheitsforschung“

Während Lippoth im Sommer 2021 die Vorwürfe gegenüber dem Magazin über seine Anwälte bestritt, teilt der Rechtsbeistand des Fotografen kurz nach Prozessbeginn mit, dass sich der Fotograf nicht zu den Vorwürfen äußern wolle. Und so sagt Lippoth an diesem Tag bis auf eine Ausnahme nichts: Nur als der Vorsitzende Richter ihn bittet, sich vorzustellen, antwortet er. Immer kurz angebunden, oft auch nur einsilbig. Ansonsten überlässt er das Reden seinen drei Verteidigern, in erster Linie Ulrich Sommer, der nach dem Verlesen der Anklage eine lange Erklärung abgibt.

„Unser Mandant wird sich schweigend verteidigen“, teilt der Strafverteidiger zu Beginn mit. Dann holt er aus – und wirft den ermittelnden Beamten Fehlverhalten vor. Sie hätten Gerüchte und Verdachtsfälle für Tatsachen gehalten; hätten ein sich selbst bestätigendes System gebaut, in dem Lippoth nur Täter sein kann; hätten Druck auf mutmaßliche Opfer ausgeübt, dass diese auch aussagten. „Da arbeitet keiner an der Wahrheitsforschung“, sagt Sommer. „Man arbeitet daran, eine Person ins Gefängnis zu bringen.“

Bis zur Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung

Auch den Journalisten des „Zeit-Magazins“ macht der Strafverteidiger Vorwürfe. Sie suggerierten, zusammen mit den von ihnen interviewten Menschen aus Lippoths Umfeld, seine Schuld. „Aus unserer Sicht ist dieses Verfahren manipuliert und korrumpiert“, sagt Sommer. Lippoth schaut währenddessen durch den Gerichtsraum, verhält sich unauffällig, faltet mal die Hände vor dem Bauch zusammen oder verschränkt die Arme vor der Brust.

Während seiner Zeit als Kinderfotograf machte Lippoth unter anderem Aufnahmen für die „New York Times“, die „Vogue“, die „Zeit“ und viele andere international bekannte Medien. Auch für die Organisation „Innocence in Danger“, die sich weltweit gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern einsetzt, hat Lippoth fotografiert. Mittlerweile hat die Organisation angekündigt, alle Bilder von Lippoth, die für sie zwischen 2004 und 2016 entstanden sind, aus dem Verkehr zu ziehen.

In Köln endet der erste Prozesstag nach rund 90 Minuten, in denen es vor allem um prozesstechnische Belange geht. Insgesamt sind 28 Termine angesetzt, sie werden sich vermutlich bis in den Herbst hinziehen. Am 14. Juni soll weiterverhandelt werden. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.

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