#Mit Lust und Leidenschaft
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„Mit Lust und Leidenschaft“
Das deutsche Nationalteam ist mit genauen Vorstellungen nach England gekommen. Die alles überragende Absicht lautet, bei der Vergabe des Titels ein maßgebliches Wort mitzureden. Bei diesem ambitionierten Projekt, das sich im Erfolgsfall über nahezu vier Wochen hinziehen wird, sollte zudem jede Gelegenheit genutzt werden, vor dem Augen der Öffentlichkeit, die bei dieser Europameisterschaft mehr denn je hinsieht, den eigenen Ruf aufzupolieren, der bei vergangenen Gelegenheiten gelitten hat.
Das klappt fürs Erste ausgesprochen gut. Dem überzeugenden Auftakt ins Turnier (beim 4:0 über Dänemark) folgte am Dienstag in London die zweite sehenswerte Vorstellung, die mitunter glanzvolle Fußballmomente bot und ihnen zur Krönung des Feier-Abends drei weitere Punkte bescherte, mit der sie ihre Ausbeute auf sechs Punkte ausbauten: Die Deutschen bezwangen Spanien 2:0. Die Tore erzielten Klara Bühl (3. Minute) und Alexandra Popp (37.).
Damit führt das Ensemble von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg die Gruppe B an – und daran wird sich auch nach dem Duell mit den bereits ausgeschiedenen Finninnen zum Abschluss der Vorrunde an diesem Samstag (21 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Fußball-EM und im ZDF) in Brighton nichts ändern. Was den angenehmen Nebeneffekt mit sich bringt, dass die Deutschen kommenden Donnerstag im Viertelfinale den Engländerinnen aus dem Weg gehen, an deren aktueller Klasse nach dem 8:0 gegen Norwegen kein Zweifel besteht. Viel aussichtsreicher hätte das Unterfangen auf der Insel bislang kaum laufen können.
Voss-Tecklenburg hatte sich für eine Aufstellung entschieden, bei der sie auf die erfahrene Popp zurückgriff. Die 31 Jahre alte Wolfsburgerin ersetzte die Münchnerin Lea Schüller im Sturmzentrum, von der am Montag bekanntgeworden war, dass sie an Corona erkrankt ist. Popp selbst war erst im Juni von der Virusinfektion genesen und sollte, so sahen es jedenfalls die ursprünglichen Pläne vor, auch im Hinblick auf eine schwere Knieverletzung, die sie lange außer Gefecht gesetzte hatte, sukzessive wieder aufgebaut werden. Nun entschied sich die Bundestrainerin jedoch dafür, ihr den Vorzug zu geben vor der auf der großen Bühne ungleich weniger routinierten Frankfurterin Laura Freigang – ein Schachzug, der sich auszahlen sollte, wie sich bald rausstellte.
Popp führte das Team als Kapitänin und offensive Wegbereiterin eine Stunde lang auf dem Feld an. Ansonsten verzichtete Voss-Tecklenburg auf Veränderungen in der Startelf im Vergleich zum Sieg gegen Dänemark (4:0) vier Tage zuvor.
Die deutsche Startelf, mit Lea Schüller im Sinn.
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Bild: AFP
Auch bei den Spanierinnen musste ihr Kollege Jorge Vilda Umstellungen vornehmen, die er in sorgloseren Momenten kaum in Erwägung gezogen hätte; ihm fehlten mit Alexia Putellas (Kreuzbandriss) und Jennifer Hermoso (Innenbandverletzungen) gleich zwei exzellente Einzelkönnerinnen – was der Rest der Truppe diesmal nicht so einfach kompensieren konnte wie beim 4:1 gegen Finnland am Freitag. Worauf Vilda in seiner Hinführung auf die Begegnung mit der DFB-Garde offenbar nicht ausgiebig genug hingewiesen, war die Tatsache, dass zum taktischen Stilmittel der Deutschen gegenwärtig ein mutiges Pressing gehört, das sich nach nicht einmal 180 Sekunden mit dem Führungstreffer auszahlte: Lucia Garcia hatte den Ball zurück auf Torhüterin Sandra Panos gepasst, in der Absicht, so den Aufbau einzuleiten. Es blieb allerdings beim Versuch, denn der Keeperin verunglückte der Abschlag. Die Kugel landete auf Höhe des Elfmeterpunkts bei Bühl. Die Münchnerin erkannte die Gunst der Situation sofort, schlug noch einen Haken und schoss sodann mit einem satten Linksschuss ins rechte untere Eck zum 1:0 ein.
Dieser Start nach Maß beruhigte die Nerven und brachte Sicherheit gegen einen Gegner, der in der Anfangsphase nicht weniger als achtzig Prozent Ballbesitz besaß, doch es mit einer deutschen Defensive zu tun bekam, in der die Laufbereitschaft stimmte, Kathrin Hendrich, Lena Oberdorf, Marina Hegering sowie Felicitas Rauch Aktionen antizipierten und dadurch rechtzeitig eingreifen konnten. Glück hatten sie auch. So hätte Garcia ihr Missgeschick in der 10. Minute im Alleingang beinahe wettgemacht – sie umkurvte Torhüterin Merle Frohms, traf dann aber aus spitzem Winkel nur das Außennetz; zudem zielte Mariona Caldentey knapp am rechten Pfosten vorbei (18.). Erst nach rund einer halben Stunde reduzierten beide Seiten die Betriebsamkeit, mit der sie sich zunächst kaum Verschnaufpausen gegönnt hatten, ein bisschen.
An der Attraktivität der Darbietung änderte sich trotzdem nichts. Wobei die Frauen in den schwarz-weißen Jerseys der traditionell rot gekleideten Selección eine Lehrstunde in Sachen Effektivität erteilten: Rauch schlenzte einen Eckball zentral in den Strafraum, wo Popp am höchsten stieg und mit dem Kopf auf 2:0 erhöhte. Es war ihr 55. Treffer im 116. Länderspiel.
Mit Leidenschaft in jeden Zweikampf
Nach der Pause blieben die Spanierinnen bestimmend, was Takt und Tempo anbelangte, fanden aber keine Lücke, weil die deutsche Viererkette und das defensive Mittelfeld ein engmaschiges Netz auslegten, in dem sich die Angreiferinnen immer wieder verhedderten. Popp wurde in der 61. Minute von ihrer Wolfsburger Klubkollegin Tabea Waßmuth ersetzt, und der Fokus des Teams lag nun darauf, mit vereinten Kräften den Vorsprung zu sichern und bei Kontern für Entlastung zu sorgen. Im Fall der Fälle griff Frohms als letzte Instanz reaktionsschnell ein, so auch gegen Caldentey (71.).
Mit jeder Minute, in der den Spanierinnen die Grenzen ihrer Kleinkunst vor Augen geführt bekamen, nahm die Hektik in ihren Bemühungen zu. Das konnte den Deutschen nur recht sein, sie stürzten sich mit Leidenschaft in jeden Zweikampf und nahmen sich gleichermaßen erschöpft wie glücklich in die Arme, als die französische Schiedsrichterin Stéphanie Frappart mit dem Schlusspfiff und unter dem Applaus der 16.000 Zuschauer im Brentford Community Stadium um kurz vor 22 Uhr Ortszeit ihren Coup besiegelte.
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