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#Wenn man lieber allein bleibt

„Wenn man lieber allein bleibt“

Ginge es nach allgemeinen gesellschaftlichen Erwartungen, verliefe das Leben in einer immer gleichen Spannungskurve: Man beginnt allein, begibt sich auf die Suche – und findet einen Partner. Ein Leben ohne diese Er­zählung, ohne den Kuss von Susi und Strolch bei Pasta und Kerzenschein, ist schon in Kindertagen kaum vorstellbar. Und so hat auch Georgia, die Protagonistin von Alice Osemans Jugendroman „Loveless“, eine regelrechte Überdosis Romantik abgekommen: Sie liest schnulzige Romane und schaut mit ihren zwei besten Freunden immer und immer wieder Baz Luhrmanns Kitschfeuerwerk „Moulin Rouge“. Nur verlieben tut sie sich nicht – auch wenn sie das möchte. Denn Georgia, das wird sie im Verlauf dieses Buches herausfinden, ist aromantisch und asexuell: Sie fühlt keinerlei körperliche oder romantische Anziehung zu anderen Personen. Wenn es zu einer Liebesgeschichte kommen könnte – und die Gelegenheiten dazu gibt es für sie in diesem Buch durchaus – lehnt sie ab, ja ekelt sich sogar davor.

Anna Vollmer

Redakteurin im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

Den meisten Menschen ist klar, dass es mit der Liebe nicht so einfach ist, wie Literatur und Filme es häufig vermitteln. Beziehungen zerbrechen, Leidenschaften bleiben un­erwidert, klar. Aber der Glaube daran, dass es nur noch ein bisschen Zeit, nur noch ein bisschen Suche braucht, um das große Glück zu finden, verlässt die wenigsten. Dass eine romantische Liebe nicht für al­le Leute Glück bedeuten muss, ist dagegen so fern von unserer gesellschaftlichen Realität, dass Georgia, für die das zutrifft, es selbst nicht glauben kann. Das macht ihren persönlichen Findungsprozess, ihr Ou­ting, umso schwieriger.

Alice Oseman: „Loveless“. Roman.


Alice Oseman: „Loveless“. Roman.
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Bild: Loewe Verlag

„Loveless“ gehört zur Young-Adult-Literatur, einem Genre, in dem das Suchen und Finden der Liebe zentral ist. Und tatsächlich be­dient Oseman, die hier fiktionalisiert von ihren eigenen Erfahrungen an der Universität von Durham erzählt, alle erdenklichen Konventionen, die diese Sparte zu bieten hat: Verwirrungen und scheinbar fatale Missverständnisse, große Gesten und Versöhnung. Diese Entscheidung ist ziemlich klug, denn sie wertet das Leben ohne Partner auf – als etwas, das ebenso erzählenswert, spannend und, ja, auch erheiternd ist wie eine klassische Liebesgeschichte. Und sie erlaubt, mit Leichtigkeit, im besten Sinne massentauglich, von einem The­ma zu erzählen, das in gesellschaftlichen Diskursen so gut wie nicht vorkommt.

Wenn die Suche nach Zweisamkeit zwecklos ist

Was im Übrigen verwunderlich ist. Denn um den sozialen Druck zu spüren, der auf jedem Einzelnen lastet, der gerade keinen Partner vorzu­weisen hat, muss man nicht einmal asexuell sein. Das überzeugende an „Love­less“ ist, wie genau Oseman Dialoge und Situationen abbildet, die Familienfeiern, Studentenpartys, aber auch Gespräche zwischen Freun­den immer und immer wieder begleiten. Tröstende Worte („Du wirst eines Tages jemanden treffen. Du hast nur noch nicht die richtige Person gefunden.“) sind gut gemeint, aber stets geprägt von der Annahme, das Gegenüber sei auch auf der Su­che.

„Loveless“ stellt dagegen die wesentlich seltenere, aber auch interessantere Frage: Was, wenn man allein bleiben möchte? Georgia wird im Lauf der Geschichte lernen, dass die Suche nach Zweisamkeit für sie zwecklos ist. Und dass diese Erkenntnis „gar kein ‚Aufgeben’ war. Es war Akzeptanz.“ Als Titel ist „Loveless“ insofern irreführend, als dass ein Leben ohne Partner mitnichten ein Leben ohne Liebe bedeutet. Für Georgia sind es ihre besten Freunde, die den Platz ei­ner fürsorglichen, ja liebevollen Beziehung auf Augenhöhe einnehmen. Und so passt „Loveless“ durchaus gut in sein eigenes Genre: Weil eine Freundschaft ebenso schön sein kann wie ein Kuss bei Kerzenschein.

Alice Oseman: „Loveless“. Roman. Aus dem Englischen von Vanessa Walder. Loewe Verlag, Bindlach 2022. 480 S., br., 14,95 €. Ab 14 J.

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