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#Neue Zahl, neues Glück?

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Neue Zahl, neues Glück?

Was jüngst in der „Bild“ zu lesen war, klang für viele wie ein Befreiungsschlag. Das ersehnte Ende der Corona-Maßnahmen schien bei diesen Worten nicht mehr fern: „Endlich“ soll die Inzidenz nicht mehr das Maß aller Dinge sein. Diese Zahl der registrierten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner bestimmt in Deutschland, ob Kinder zur Schule gehen und Restaurants Gäste bewirten dürfen, und fiel zuletzt unter 10. Die Bundesnotbremse war starr an sie gekoppelt. Hat das nun ein Ende? Die Tageszeitung berief sich auf ein internes Dokument des Robert Koch-Instituts (RKI): Die Zahl der Covid-Patienten, die im Krankenhaus liegen, soll als weiterer Leitindikator eingeführt werden.

Das Gesundheitsministerium stellte umgehend klar: Die politische Strategie werde dadurch nicht geändert – die Inzidenz sei nach wie vor ein wichtiger Parameter. Wenn die Regierung nun den Blick auf die Situation in den Krankenhäusern weitet, kommt sie den Experten entgegen, die seit Monaten fordern, bei der Pandemiebekämpfung möglichst viele Datenpunkte ins Auge zu fassen – und nicht alles an einen Wert zu binden. Vielen geht das nicht weit genug. Dabei ist es hierzulande auch nach mehr als einem Jahr Pandemie mit viel Aufwand verbunden, überhaupt die Patientenzahlen aus den Krankenhäusern zu erfassen.

Um zu beurteilen, wie hilfreich bestimmte Daten sind, muss man sich erst mal klarmachen, welches Ziel man überhaupt verfolgt. Will man etwa die Gefahr minimieren, dass sich Mutanten des Coronavirus breitmachen, muss man die absolute Zahl der Infektionen niedrig halten. Möglichst wenige Menschen sollten infiziert sein. Dabei kann die Inzidenz helfen, sie gibt Hinweise auf das Infektionsgeschehen – jedoch zählt auch die Qualität der Daten. Ein Problem ist, dass die Gesundheitsämter die Infektionszahlen mit einem gewissen Verzug an das RKI melden, besonders am Wochenende. Das führe zu einer systematischen Unterschätzung der jeweils aktuellen 7-Tage-Inzidenz, gibt die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Statistik zu bedenken. Zudem versteckt sich hinter der Inzidenz eine Dunkelziffer – Infizierte mit schwachen oder gar keinen Symptomen, die sich nicht testen lassen, fallen durchs Raster. Wie groß die Dunkelziffer ist, lässt sich nur beantworten, wenn man eine repräsentative Stichprobe der Bevölkerung testet. In England gibt es ein solches Projekt. Das fordern Statistiker seit Monaten auch in Deutschland. Erhört werden sie nicht.

Das Paradoxon der Corona-Maßnahmen

Ein anderes Ziel der Pandemiebekämpfung ist, die Krankenhäuser vor Überlastung zu schützen. Damit wurden in Deutschland die meisten Corona-Maßnahmen begründet. Es ist paradox: Die Maßnahmen hingen von der Inzidenz ab, die aber für dieses Ziel kaum geeignet ist. Die Zahl der Neuinfektionen kann zwar auf mögliche Trends in der Bevölkerung hinweisen, aber vom Krankheitsgeschehen ist sie entkoppelt. Das hat zwei Gründe.

Erstens hängt die Inzidenz von der Teststrategie ab. Wenn man junge Menschen testet, wie Schüler, steigt die Inzidenz, doch in den Krankenhäusern ändert sich wenig. Dieses Problem ließe sich teilweise beheben, wenn man den Grund des Tests erfassen würde. Auch das fordern Wissenschaftler seit Monaten vergebens. Eine Notlösung wäre, bei einem positiven Testergebnis zumindest auch Informationen zu Symptomen zu übermitteln. Was in den jeweils kommenden Tagen auf das Gesundheitssystem zukommt, ließe sich an der Zahl der Infizierten mit Symptomen nämlich abschätzen. Aber hier versagt die Bürokratie: Zwar sehen die Meldebögen ein Feld für Hinweise zu Symptomen vor, doch bei jeder vierten Meldung beim RKI fehlt diese Information.

Der zweite Grund für die Entkoppelung von Inzidenz und Krankheitsgeschehen ist die Impfkampagne. Die einst stark gefährdeten Risikogruppen, also Menschen, die älter als 80 Jahre oder schwer krank sind, wurden nun weitgehend geimpft und somit vor schweren Verläufen geschützt. Deshalb werden sie selbst bei hohen Inzidenzen nicht so häufig in den Krankenhäusern landen wie vergangenes Jahr.

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