#Werbevideo in Dauerschleife

Es ist eine hypothetische Frage, ob die Gespräche auf einer echten Hauptversammlung vor Ort sinnstiftender gewesen wären als die Wartezeit zu Hause vor dem Bildschirm, bis die Börse die Abstimmungsergebnisse mitteilt. Dort läuft mehr als zwanzig Minuten lang ein Werbevideo in Dauerschleife, wie effizient, fair, verlässlich, stabil, integer, wachstum-, wohlstand- und vertrauenschaffend die Börse für die Märkte ist – heute und morgen.

Die Entscheidung, auch nach Corona eine rein digitale HV abzuhalten, gefiel nicht allen Aktionären, zumindest nicht den dreien, die das Wort ergriffen von gut 700, die sich an ihren Endgeräten zugeschaltet hatten. So viel zum Thema lebhafte Debatte. Stellungnahmen von den Anlegervereinigungen SdK und DSW und der Fondsgesellschaft Deka, keine Nachfragen.

Markus Kienle von der SdK wurde am deutlichsten: „Den Aktionär zum Zaungast zu machen – da degeneriert die Hauptversammlung zum Vorstandsfernsehen.“ Mit den Kosten zu argumentieren sei „lächerlich“, er habe kein Verständnis, dass ausgerechnet an den Aktionären gespart werde. Wie er warb Andreas Thomae von der Deka für ein hybrides Format aus Präsenz-HV mit der Möglichkeit des digitalen Zuschaltens.

Aufsichtsratsvorsitzender Martin Jetter betonte die „positiven Erfahrungen“ aus der Corona-Zeit mit dem digitalen Format, erwähnte die um ein Drittel höheren Kosten einer Präsenz-HV und den Anteil mehr als 80 Prozent ausländischer Aktionäre, die das globale Unternehmen habe. Vorstandsvorsitzender Theodor Weimer baute in seine Rede vier kurze Mitarbeiterporträts aus aller Welt ein, um die Vielfalt und Internationalität der Börse zu unterstreichen.

Fragen wurden von den internationalen Aktionären keine gestellt. 80 Prozent der Aktionäre stimmten aber dem Vorschlag zu, der Börse auch in den nächsten Jahren die Möglichkeit zur rein digitalen HV zu geben. Sonstige Kritik am Management gab es nicht, die Unternehmensführung wurde gelobt. Ob Theodor Weimer nach 2024 noch weitermacht oder wer nachfolgt, werde „zu gegebener Zeit entschieden“, sagte Jetter.