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#Pflastersteine in Richtung Kinderhort

Pflastersteine in Richtung Kinderhort

An das Corpus Delicti zu gelangen ist gar nicht so einfach. In gleich drei Schichten ist es eingewickelt: weißes Packpapier, braunes Packpapier, drum herum eine wattierte Versandtasche. Der Richter hat seine liebe Müh und Not mit dem aufwendig verpackten Ding, doch dann kommt es zum Vorschein: ein dunkler Pflasterstein.

Ganz so groß, wie es in der Anklageschrift heißt, nämlich zehn mal zehn Zentimeter, ist das Beweisstück wohl nicht. Doch davon getroffen zu werden, das möchte man niemandem wünschen. Und zum Glück ist es ja auch nicht passiert. Die Kinder aus einem Hort im Frankfurter Stadtteil Eschersheim, in deren Richtung dieser Stein flog, sind noch mal mit dem Schrecken davongekommen.

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Die Frau, der nun vorgeworfen wird, dass sie diesen und einen zweiten Stein in Richtung der Kinder geworfen hat, sitzt am Montagvormittag im Amtsgericht auf der Anklagebank: Roswitha K., Rentnerin, 79 Jahre alt, verheiratet, Mutter zweier Kinder. Über Lärm im Hof soll sie sich nicht nur an diesem Tag echauffiert haben, zu Auseinandersetzungen mit Mitarbeitern und Kindern des Horts war es auch zuvor schon gekommen. An diesem Tag im Oktober 2019 aber, zur Mittagszeit, als ihr Mann im Bett lag, um sich auszuruhen, eskalierte das Ganze. Auf rabiate und brutale Weise wollte Frau K. die tobenden und spielenden Hortkinder zur Ruhe bringen und griff zu den Steinen. So lautet der Vorwurf.

Die Frau aber bestreitet die Tat vehement. Zu Prozessbeginn ist sie spürbar aufgeregt, nestelt an ihrer Maske im Gesicht, atmet schwer. Zum grauen Blazer trägt sie eine bunte Bluse, um den Hals ein goldenes Kettchen. „Das stimmt alles nicht“, sagt die Frau. „Ich habe nie einen Stein angefasst.“

„Dumpfer, lauter Schlag“

Danach lässt sie, da sie „sehr nervös“ sei, ihre Anwältin für sich sprechen. Die Verteidigerin erklärt, dass es allein aus gesundheitlichen Gründen gar nicht Frau K. gewesen sein kann, die damals die zwei Steine in Richtung der Kinder geworfen habe. Denn die Beweglichkeit ihrer Arme sei stark eingeschränkt. Ihre Mandantin könne schon länger nichts Schweres mehr heben und sich auch nicht mehr selbst anziehen. Sie sei darum ganz sicher nicht in der Lage, solche Steine zu werfen.

Die Leiterin des Horts ist von der Unschuld der Frau K. nicht so überzeugt. Vor Gericht schildert sie, wie sie damals einen dumpfen, lauten Schlag hörte, zu den erschreckten Kindern in den Hof eilte und gerade noch mitbekam, wie dort ein zweiter Stein aufschlug. Der erste der Steine war auf einem Dach aus orangefarbenem Plexiglas gelandet, der zweite auf dem Boden. Auf ihrem Balkon stehend, sah die Pädagogin Frau K., außer ihr war dort keine andere Person. „Haben Sie Steine geworfen?“, rief sie ihr zu. Frau K. antwortete darauf nicht, sondern zog sich in ihre Wohnung zurück. Kurz darauf rief die Pädagogin die Polizei.

Ärger mit dem Ehepaar habe es häufig gegeben, erzählt die Leiterin des Horts. In der Regel sei es aber der Mann und nicht die Frau gewesen, der mit den Erziehern und Kindern aneinandergeraten sei. Übergriffig sei er gewesen, einem auch körperlich zu nah gekommen, vor Beleidigungen habe er nicht zurückgeschreckt. „Angststimmung“ habe im Haus geherrscht, sagt die Pädagogin.

Waren Steine nur Baumaterial?

Nachdem es zu den Steinwürfen gekommen war, habe sie den Hort für zwei Tage geschlossen, die Kinder standen unter Schock. Auch danach haben sie sich erst einmal nicht mehr in den Innenhof getraut. Erst seit das Ehepaar ausgezogen sei, würden die Schüler wieder gern draußen spielen.

Freiwillig haben Herr und Frau K. ihre Wohnung nicht verlassen. Nach einem Eigentümerwechsel hatte der neue Vermieter Eigenbedarf angemeldet. Das Ehepaar wehrte sich dagegen, auch in dieser Sache kam es zu einem Prozess. Und auch damals spielte der Vorfall mit den Pflastersteinen eine Rolle.

Die Verteidigerin von Frau K. sagt, es gebe keine Beweise, dass ihre Mandantin die Steine geworfen habe. Es sei nicht einmal nachzuweisen, dass damals überhaupt Steine geflogen sind. Schließlich wurde zu der Zeit gebaut, und im Innenhof befand sich ein Lager mit Baumaterialien. Der gefundene Pflasterstein könnte also auch daher stammen. Deshalb fordert sie die Einstellung des Verfahrens.

Die Staatsanwältin will sich darauf nicht einlassen, sie glaubt weiter an die Schuld der Rentnerin. Sie setzt schon zum Plädoyer an, als der Richter sie unterbricht. Er schlägt vor, dass man nun auch noch eines der Kinder hören sollte, das damals im Hof spielte. Anders als geplant wird der Prozess also fortgesetzt. In zweieinhalb Wochen muss Frau K. noch einmal vor Gericht.

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