#Pogacar vor dem Rest der Welt
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„Pogacar vor dem Rest der Welt“
Das werden sich die Honoratioren des kleinen Ortes ein wenig anders vorgestellt haben, als Saint-Emilion Zielort der vorletzten Etappe der 108. Tour der France wurde. So ein Besuch der Tour kostet eine Stange Geld. Daran mangelt es dem Örtchen mit seinen 2000 Einwohnern 30 Kilometer östlich von Bordeaux allerdings nicht, denn aus den berühmten Weinbergen rundherum kommen teure, auch sündhaft teure Weine, die sich in alle Welt verkaufen. Die Appellation Saint-Emilion ist eine französische Institution, genau wie die Tour de France, und so passt das gut zusammen.
Die Honoratioren werden darauf gehofft haben, dass an diesem Samstag die ganze Radsportwelt auf den Besuch der Tour in ihrem Örtchen schaut. Das 30,8 Kilometer lange Zeitfahren mit Start in Libourne hätte der Showdown dieser Tour werden können, so wie im vergangenen Jahr, als der Slowene Tadej Pogacar (Team UAE) beim Zeitfahren in La Planche des Belles Filles in den Vogesen seinem Landsmann Primoz Roglic in einer dramatischen Entscheidung noch das Gelbe Trikot abnahm und damit die Tour gewann.
Die abschließende Etappe sonntags nach Paris hat für den Ausgang der dreiwöchigen Frankreich-Rundfahrt traditionell keine Bedeutung. Sie ist eine Ehren-Etappe für den Mann in Gelb, ehe es dann auf den Champs-Élysées für die Sprinter noch einmal ernst wird. Mit der erhofften Spannung und fiebrigen Erwartung wird es nun nichts werden beim Zeitfahren in Saint-Emilion. Das Rennen ist schon vor dem Start entschieden. Vorjahressieger Pogacar liegt mehr als fünf Minuten vorn, ein uneinholbarer Vorsprung, sollte er unterwegs nicht vom Blitz getroffen werden, und selbst das ist bei seinem Tempo eher unwahrscheinlich.
Das Gelbe Trikot von Tadej Pogacar ist unantastbar. Aber was passiert dahinter?
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Bild: AP
Vor dem Kampf gegen die Uhr von Libourne nach Saint-Emilion gibt sich Pogacar noch betont zurückhaltend. „Manchmal gibt es auch schlechte Tage“, sagt er. „Natürlich kann man sechs Minuten verlieren, ich bin aber voller Selbstvertrauen. Wir werden sehen, hoffentlich ändert sich nichts mehr.“ Das ist schon eine Menge Understatement, eine Eigenschaft, die man an Pogacar niemals beobachtet, wenn sich die Räder drehen. Dann fährt er mit einer kühlen Selbstverständlichkeit, dem Habitus des Unschlagbaren, der seinen Gegnern in jeder Sekunde signalisiert: ein zweiter Platz ist auch ein guter Platz, allerdings nicht für mich, nur für euch.
Die Tour ist entschieden. Der Kampf um die Plätze hinter Pogacar noch nicht. Der Däne Jonas Vingegaard (Team Jumbo-Visma) liegt aktuell auf Platz zwei, sechs Sekunden vor dem Ecuadorianer Richard Carapaz (Ineos-Grenadiers). Das sind die beiden Kandidaten für die Plätze neben Pogacar auf dem Podium in Paris. Wenn man die Leistungen vom ersten Zeitfahren auf der fünften Etappe dieser Tour zu Rate zieht, so dürfte Vingegaard das Rennen um Platz zwei machen. Er fuhr in der ersten Woche auf Platz drei hinter Sieger Pogacar und dem Schweizer Stefan Küng. Carapaz war als Dreiundzwanzigster 1:44 Minuten langsamer.
Wer wird Zweiter?
Unterläuft Vingegaard an diesem Samstag kein größerer Fehler, stürzt er nicht, so steht er vor dem größten Erfolg seiner bisherigen Karriere. Einem Erfolg, mit dem beim Start in die Tour niemand rechnen konnte. Seine Aufgabe beim niederländischen Team Jumbo-Visma war es zunächst nicht, um die Gesamtwertung zu fahren, sondern seinem Kapitän Roglic in den Bergen zu assistieren. Erst als Roglic wegen verschiedener Sturzverletzungen aussteigen musste, rückte Vingegaard in die Rolle des Frontmannes. „Es war ein großer Lernprozess für mich“, sagt er. „Jetzt werde ich versuchen, meinen zweiten Platz zu halten.“
Fährt er im Zeitfahren noch aufs Podium? Wilco Kelderman vom deutschen Team bora-Hansgrohe
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Bild: EPA
Hinter ihm und Carapaz klafft in der Gesamtwertung eine weitere Lücke. Vierter ist der Australier Ben O‘Connor (AG2R Citroen), gefolgt vom Niederländer Wilco Kelderman, der das deutsche Team Bora-hansgrohe anführt. O‘Connor liegt 2:27 Minuten hinter Carapaz und nur 32 Sekunden vor Kelderman. Dem Bora-Kapitän, einem starken Zeitfahrer, bietet das die Chance, zumindest noch auf Rang vier vorzufahren. „Ich werde es versuchen, und wenn es nicht klappt, ist der fünfte Platz auch in Ordnung“, sagt er.
Platz vier entspräche der besten Plazierung, die der deutsche Rennstall jemals erreicht hat, 2019 fuhr Emanuel Buchmann als Vierter in Paris ein. Für Bora-hansgrohe würde die Wiederholung dieses Ergebnisses eine erfolgreiche Tour de France abrunden, trotz des Ausfalls von Sprinterstar Peter Sagan.
Nils Politt und Patrick Konrad hatten zuvor schon zwei Etappen in spektakulärer Ausreißermanier gewonnen. Auf der letzten schweren Pyrenäenetappe am Donnerstag hatte sich Kelderman nach einem Sturz wieder aufgerappelt und bis zur Bergankunft in Luz Ardiden als Neunter nur 34 Sekunden auf Sieger Pogacar verloren, zeitgleich mit O‘Connor.
Als klarer Favorit geht, wer sonst, Pogacar ins Zeitfahren. Es ist seine Paradedisziplin. Mittlerweile muss man sagen: Es ist eine seiner Paradedisziplinen. In Paris wird er auch das Trikot des besten Bergfahrers überreicht bekommen. Zeitfahren und Bergfahren – das sind seit jeher die Zutaten, aus denen Tour-Sieger gemacht werden. Pogacar erinnert schon im zarten Rennfahreralter von 22 Jahren an die ganz großen Meister, an Merckx, Hinault, Indurain. Auch an Armstrong.
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