Nachrichten

#Ins seglerische Nirwana

Ins seglerische Nirwana

Beim Boot geht es wie beim Wohnmobil oft um naheliegende Fragen: Wie viel geht rein? Was kann es, und was kostet es? Diesmal werfen wir einen Blick auf ein nautisches Paralleluniversum, den Zweimaster Orion of the Seas. Sein Zweck erschöpft sich beinahe komplett darin, dem Eigner an Bord und dem Spaziergänger am Ufer die Sicherungen rauszudrehen. Er macht das seit 1910.

Fangen wir mit dem unbescheidenen Namen an. Orion sämtlicher Meere, so großspurig heißen sonst höchstens Kreuzfahrtschiffe. Als solches war sie auch gedacht, als privates Meeresdomizil. Zum Besuch herrlicher Buchten mit pastellfarbenen Häusern rings um die niedrige Steinmole an der italienischen Riviera. Lungomare, so nennen die Italiener die Uferpromenade. Dabei begann ihre Laufbahn mit einem bescheideneren Namen. Sie lief als Sylvana, Waldfee, im Auftrag eines englischen Eigners bei der seinerzeit ersten Adresse britischen Yachtbaus vom Stapel. Die königliche Rennyacht Britannia von 1893 war kleiner und als einmastiger Kutter auf eine große Besatzung zur Handhabung weniger, entsprechend großer Segeltücher angewiesen. Der Prince of Wales war eher der Stunden-, kein Tages- oder Wochensegler.

Schonergetakelte Zweimaster, deren hinterer Mast den vorderen Fockmast überragt, hatten sich in der ausklingenden Ära der besegelten Schifffahrt in der Fischerei und für Lotsendienste mit kleiner Besatzung bewährt. Bei viel Wind ist der Bootstyp mit wenigen Tüchern am Fockmast bereits ausreichend besegelt. Bei leichter Brise und halbem Wind wurde am Großmast und zum Ausgleich weit vorn am Klüverbaum über dem Wasser gesetzt, was geht. Die Takelage wurde in der Belle Époque zum Schnell- und Genusssegeln verfeinert. Abgesehen von Flaschenzügen gab es damals keine Hilfsmittel zum Beherrschen der Kräfte. So war der Schoner zur Segeltouristik während langer Reisen mit überschaubarer Besatzung ideal. Bei 7,5 Meter Breite bot er Platz für komfortable Eigner- und Gästekabinen und auch zur Beherbergung der sieben Mann starken Besatzung. Dank seiner Länge war er schnell. Damit wären zwei der üblichen Nutzwertfragen zu Orion beantwortet.

Zum Ausgleich der Motoren, Tanks und einer Edelstahlküche wurde der Großmast gestreckt

Im „Golfo Paradiso“, wie das Gewässer vor Genua heißt, bewegt allenfalls eine leichte thermische Brise des Seglers Spielzeug. Übliche All-you-can-get-Boote, in die beeindruckend viel reingeht, dümpeln dann schwerfällig in der bleiernen See. Deshalb und weil der normalmoderne Freizeitschiffer leider keine Zeit zum Warten auf seinen oft vergessenen Freund, den Wind, hat, werden sie meist kreuz und quer über das Mare Nostrum von Tankstelle zu Tankstelle gedieselt. Mit einer Segelyacht auf einem schnurgeraden Kurs über das Meer motoren ist so langweilig und abtörnend wie Bus fahren. Es ist laut. Schlecht und sinnlos verfeuerter Diesel ist die wahre Pestilenz.

„Vögel der See“: Von diesem Anblick schwärmte schon Schriftsteller Joseph Conrad.


„Vögel der See“: Von diesem Anblick schwärmte schon Schriftsteller Joseph Conrad.
:


Bild: Sandeman Yacht Company

Um zu verstehen, wie Orion dem Segler dieses Elend schon bei einem leichten, das Meer schuppenden Hauch erspart, ist ein kurzer Blick auf die Segelphysik unvermeidlich. Es geht um das Verhältnis von Motorisierung in Gestalt der Segelfläche zum Gewicht. Die sogenannte Segeltragezahl teilt das Ergebnis der 2. Wurzel aus der Am-Wind-Segelfläche (in Quadratmetern) mit der Berechnung der 3. Wurzel aus der Verdrängung (in Tonnen). Das klingt komplizierter, als es ist. Die Zahl lautet für Orion 5,7. Ein sagenhafter Wert, mit dem ansonsten moderne Regattaboote unterwegs sind. Hier wurde anlässlich der zweijährigen Generalüberholung 2005 mit der Verlängerung des Großmasts etwas nachgeholfen. Zum Ausgleich der schweren Motoren, Tanks und einer Edelstahlküche wurde der Großmast gestreckt. Sehen wir Orion in der Ferne über den Golfo Paradiso schweben, entsteht die Illusion eines Einmasters. Der Fockmast verschwindet vor dem Großmast. Wir kennen keinen zweiten Schoner mit derart auf die Spitze getriebener Segelgeometrie.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!