Nachrichten

#Wie viel EU-Geld geht an die Mafia?

„Wie viel EU-Geld geht an die Mafia?“

Es war ein Mafia-Massenprozess von historischem Ausmaß: 91 Personen wurden am 1. November 2022 von einem Gericht in der sizilianischen Küstenstadt Patti zu insgesamt mehr als 600 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Die Anklage lautete auf Missbrauch von EU-Agrarhilfen, illegale Aneignung von Land, Erpressung, Brandstiftung, Betrug und Urkundenfälschung.

Die Verurteilten hatten jahrelang Druck auf Landwirte ausgeübt, um ihrer Grundstücke durch kostenlose oder fingierte Pacht habhaft zu werden. Damit wurden dann EU-Gelder abkassiert, ohne dass das Land je­mals bewirtschaftet war. Oder die Mafiosi bekamen von Mitarbeitern öffentlicher Agrar-Hilfszentren Tipps über brachliegende Grundstücke, für welche sie dann ohne Eigentumstitel Subventionen beantragten.

Die Aufgabe dieser landwirtschaftlichen Hilfszentren ist es eigentlich, An­tragsteller auf EU-Hilfen zu unterstützen und sich zu vergewissern, dass Flächen und Betriebe auch existieren. Doch das Gegenteil war der Fall: Man arbeitete mit der Mafia zusammen. Emanuele Galati Sardo, ein ehemaliger Leiter eines der Hilfszentren, bekam daher eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und zwei Monaten. Er winkte die illegalen Anträge einfach durch. 2019 wurde Sardo sogar zum Bürgermeister der 6000-Einwohner-Ortschaft Tortorici gewählt, ein Jahr später kam er unter Hausarrest.

Die längsten Strafen erhielten die Angehörigen zweier Clans von Tortorici, von denen einem Verbindungen zur sizilianischen Cosa Nostra nachgewiesen wurde. Der Bandenchef Aurelio Salvatore Faranda soll für 30 Jahre ins Gefängnis. Das Vermögen von 17 Unternehmen wurde beschlagnahmt.

Geld im Ausland versteckt

Laut der Anklageschrift hatte die EU zwischen 2010 und 2017 in der Provinz Messina 5,5 Millionen Euro an 151 landwirtschaftliche Betriebe gezahlt, die sich in den Händen der Bosse von Tortorici befanden. Ein Teil dieses Geldes wurde auf ausländischen Konten versteckt. Die Mittel stammten aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER).

Ist das Problem mit dem Urteil nun erledigt? Daran glaubt kaum ein Experte, denn die italienischen Mafia-Organisationen gleichen dem Ungeheuer Hydra, dem immer wieder neue Köpfe nachwachsen. Giuseppe Antoci war staatlicher Verantwortlicher für den Regionalpark Nebrodi, in dem die sogenannte Mafia der Weiden ihr Unwesen trieb. In dieser Funktion deckte er die kriminellen Umtriebe auf. 2016 überlebte er einen Mordanschlag auf sein gepanzertes Fahrzeug. „Neun von zehn Angeklagten wurden verurteilt – die Urteile sind die richtige Antwort des Staates auf die Mafia. Aber es ist nicht der Endpunkt“, sagte Antoci der F.A.Z.

Denn die Mafia könne nicht mit einem Prozess besiegt werden. Der stellvertretende Staatsanwalt Vito di Giorgio hatte schon gleich nach dem Urteilsspruch daran erinnert, dass „es sich nur um die erste Instanz handelt“. In den schwersten Fällen wird es zur Berufung kommen. „Die Mafia hat die besten Anwälte, denn sie zahlt ihnen viel Geld. Der Staat in Italien ist dagegen arm“, berichtet der Mafia-Experte Rosario Cunsolo. Der ehemalige Handelsvertreter und Versicherungsmakler ist Gründer eines Antimafiavereins in Sizilien, der Geschäftsleute dazu ermutigt, Anzeige zu erstatten, wenn sie erpresst werden. „Dort, wo es Geld gibt, wird es auch die Mafia geben“, meint Cunsolo nüchtern.

191 Milliarden Euro fließen

Und viel Geld gibt es: Italien ist der größte Empfänger des europäischen Wiederaufbaufonds – 191 Milliarden Euro fließen zwischen 2021 und 2026. Nicola Gratteri, der Oberstaatsanwalt von Catanzaro, wurde in einem Interview kürzlich sehr deutlich: „Die Gelder gehen an Gemeinden und lokale Behörden, die nicht über die administrativen und bürokratischen Strukturen verfügen, um dem Druck der Mafia zu widerstehen.“ Für den Mann aus der Regionalhauptstadt von Kalabrien, der die Mafia seit vierzig Jahren bekämpft, „liegt es auf der Hand, dass die Clans sich einen Teil dieser Gelder aus Europa aneignen wollen“.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!