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#„Putins Diktatur ist die größte Bedrohung der Menschheit“

„Putins Diktatur ist die größte Bedrohung der Menschheit“

Garri Kasparow, 58, war Schachweltmeister von 1985 bis 2000. Er ist Vorsitzender des Human Rights Forum und der Renew Democracy Initiative. Seit 2013 hat er Russland nicht mehr betreten und seine Mutter bis zu ihrem Tod 2020 nicht mehr getroffen. Er lebt mit seiner Familie in New York.

Am 10. März ist es 17 Jahre her, seit Sie Ihre Schachkarriere beendet und sich zur Lebensaufgabe gemacht haben, die Welt vor Wladimir Putin zu warnen. Es hat sehr lange gedauert, bis die Welt den russischen Präsidenten sieht, wie Sie das tun. Steckt darin jetzt, irgendwie, auch ein gutes Gefühl?

Dass ich recht hatte, ist kein Anlass zum Feiern. Es ist tragisch für mein Land. Tausende junge Russen sterben für diesen verrückten Diktator. Viele von ihnen wurden unter Putin geboren und sterben unter Putin.

In Ihrem Buch „Winter is Coming“ (deutsche Ausgabe: „Warum wir Putin stoppen müssen“) warnten Sie 2015, Putin werde die Ukraine wieder angreifen. Warum wurde Ihr Aufruf, der Ukraine Waffen zu liefern und die Abhängigkeit von russischem Gas und Öl zu beenden, nicht gehört?

Es war kein Erfolg, niemand wollte mir damals glauben. Auf die Frage, ob ich Putin wirklich für gefährlicher hielte als ISIS, sagte ich: Die Terrororganisation kommt und geht, Putin ist eine ständige existenzielle Bedrohung. Da wurde ich angeschaut, als ob ich ein Idiot wäre. Inzwischen wissen viele nicht mehr, wofür ISIS steht. Heute stehe ich als Nostradamus da, weil ich etwas beschrieb, was die Leute nicht sehen wollten. Mein sieben Jahre altes Buch ist auf Amazon jetzt Kindle-Bestseller im Bereich politisches Buch. Ich hoffe, dass dieser Krieg zum Kollaps seines Regimes führt. Es ist das erste Mal seit dem Ende des Kalten Kriegs, dass fast die ganze Welt zusammenhält. In meinen wildesten Träumen hätte ich eine solche Solidarisierung binnen vier oder fünf Tagen nicht erwartet.

Was erstaunt Sie besonders?

Selbst Kasachstans Präsident Tokajew, dessen Herrschaft Putin kürzlich gerettet hat, zeigt ihm jetzt die kalte Schulter und hat die Verbreitung russischer Fernsehkanäle beendet. Olaf Scholz hat mich verblüfft, als er eine bis Willy Brandt zurückgehende Ostpolitik geändert und Deutschland in die globale Sicherheitspolitik eingeordnet hat. Die FIFA macht mit, das IOC macht mit.

Gegner, nicht nur am Brett: Regimefreund Anatoli Karpow (rechts) im WM-Duell 1984 gegen Regimekritiker Garri Kasparow


Gegner, nicht nur am Brett: Regimefreund Anatoli Karpow (rechts) im WM-Duell 1984 gegen Regimekritiker Garri Kasparow
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Bild: imago

Mit Olympischen Winterspielen in So­tschi, der Fußball-WM 2018 oder auch zig Millionen für den Weltschachbund hat Putin immens in den Sport investiert.

Aber dabei geht es ihm nicht um Sport, es geht ihm immer nur um Putin. Es ist Teil seines Netzwerks ebenso wie Chelsea oder Schalke 04 oder diverse Benefizveranstaltungen. Wie er durch all das Soft Power aufgebaut hat, wird wahrscheinlich als raffinierteste Operation zur Untergrabung der freien Welt in die Geschichtsbücher eingehen. Putin hat sich nicht gescheut, Milliarden dafür auszugeben, und Schach ist ein kleiner Teil dieser riesigen Kampagne. Das Überraschende ist, dass binnen einer Woche nichts mehr davon übrig ist.

Wie kann Putins Regime fallen?

Damit eine Diktatur kollabiert, müssen drei Faktoren erfüllt sein: Der erste ist eine militärische Niederlage. Das kann passieren, wenn die Ukraine lange genug Widerstand leistet. Der zweite Faktor ist der wirtschaftliche und finanzielle Zusammenbruch, und das ist nur eine Frage von Wochen. Der dritte Faktor ist Isolation. Das ist psychologisch sehr wichtig. Wenn alle drei Komponenten erfüllt sind, kann das Regime über Nacht zusammenbrechen, weil die Leute auf die Straße gehen und die Oligarchen Putin herauswerfen werden. Russland heute ist nicht mit dem Fanatismus unter Stalin oder in Hitler-Deutschland zu vergleichen, in dem Menschen bereit waren, für ihren geliebten Führer zu sterben. In Putins Regime geht es nur um Geld, es ist mehr wie ein Mafiastaat. Solange der Boss Geld und Schutz verteilt, stehen die Leute hinter ihm. Sobald kein Geld mehr fließt, ist die Loyalität sofort dahin.

Wer wird Putin in Russland stoppen?

Wenn wir wüssten, wer das kann, wäre diese Person bereits tot, denn Putin hätte die Bedrohung ausgeschaltet. Ich werde ständig gefragt, was passieren muss: Müssen Millionen Demonstranten auf dem Roten Platz stehen? Kommt es zu einem Palastcoup? Schreiten die Oligarchen ein? Es ist alles zusammen. Wenn Diktaturen enden, kann man nie vorhersagen, wer den letzten Zug macht. Auf dem Video aus dem russischen Sicherheitsrat haben wir die erschrockenen Gesichter gesehen, ihre Angst vor Putin und vor den Konsequenzen seiner Verrücktheit. Man kann nicht erwarten, dass sie sofort handeln, aber jeden Tag verlieren sie Vermögen und Handlungsspielraum. Zehntausende sind auf die Straße gegangen, obwohl sie riskieren, geschlagen, verhaftet und für Jahre weggesperrt zu werden. Heute protestieren sie gegen den Krieg, nächste Woche vielleicht schon, weil der Lebensstandard zusammenbricht. Wenn Hunderttausende oder Millionen auf den Straßen sind, wer wird sie dann noch angreifen? Auch die Propagandamaschine erodiert. In den letzten Tagen sehen wir viel weniger russische Trolle im Internet. Wahrscheinlich bezahlt sie niemand mehr.

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