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#Was bringt das neue Forum?

Es gibt den Bundestag und den Bundesrat. Und nun auch noch einen Bürgerrat. Parlamentspräsidentin Bärbel Bas (SPD) will das Gremium am Freitag feierlich eröffnen. Das neuartige Ideen-Forum soll im Auftrag des Parlaments Empfehlungen aus der Mitte der Bevölkerung entwickeln. Und zwar als erstes zum Thema Ernährung, das alle im Alltag berührt. Die Teilnehmenden des Bürgerrats können also tatsächlich als „Experten in eigener Sache“ sprechen und ihr Alltags- und Erfahrungswissen einbringen.

Dabei ist klar: Gesetze beschließt der Bundestag, und das soll auch so bleiben. Bürgerräte sind ein sogenanntes konsultatives Beteiligungsformat und damit nicht gleichzusetzen mit Formen direkter Demokratie wie Volksentscheiden.

Ganz unumstritten ist das Experiment mit einer geregelten Bürgerbeteiligung aber nicht. So warnten etwa Unionspolitiker wie Philipp Amthor davor, dass durch Bürgerräte die repräsentative Demokratie ausgehöhlt werde.

Was ist der Bürgerrat?

SPD, Grüne und FDP hatten im Koalitionsvertrag angekündigt, „neue Formen des Bürgerdialogs“ wie Bürgerräte nutzen zu wollen, ohne das Prinzip der Repräsentation aufzugeben. Der Bundestag beschloss im Mai, das Gremium einzusetzen. Neben der Ampel stimmte auch die Linke dafür.

Bas äußerte bei der Ermittlung der Mitglieder im Juli, mit Bürgerräten sollten neue Wege ausprobiert werden. Sie schafften Raum für Begegnungen, um persönliche Sichtweisen und Erfahrungen einzubringen. Die Meinungsvielfalt bereichere die Demokratie und verschaffe auch Menschen aus der „stillen Mehrheit“ eine Stimme. Die Politikwissenschaftlerin Manuela Glaab von der Universität Kaiserslautern-Landau sagte damals der F.A.Z., Bürgerräte könnten auch ein Ansporn für die Abgeordneten sein, ihre Entscheidungen besser zu erklären – wenn es „Zufallsbürgern“ gelinge, „sachlicher und gründlicher zu diskutieren als es in den Parlamenten gelegentlich geschieht“.

Und wer sitzt im Bürgerrat?

Gewählt wie Abgeordnete der Parlamente sind die Mitglieder nicht. Laut Einsetzungsbeschluss gehören dem Rat 160 Personen an, die per Zufallsprinzip aus allen Menschen über 16 Jahren mit Erstwohnsitz in Deutschland ausgewählt wurden. Mit bestimmten Kriterien sollte eine „ausgewogene Beteiligung“ etwa nach Alter, Geschlecht, regionaler Herkunft, Ortsgröße und Bildungshintergrund erreicht werden. Unter den Mitgliedern sind nach Angaben der Organisatoren auch 2,5 Prozent Veganer und 10 Prozent Vegetarier. Beim Bildungsstand seien zunächst mehr als 70 Prozent mit Hochschulabschluss unter den Interessenten gewesen – im Rat sind Akademiker nun mit rund 26 Prozent vertreten.

Wie genau kam die Zusammensetzung zustande?

Bas ermittelte die 160 Mitglieder in einer „Bürgerlotterie“, der wiederum ein Stufenverfahren vorausging. Dafür wurden im Juni knapp 20.000 ausgeloste Bürgerinnen und Bürger zur Teilnahme eingeladen. Davon bekundeten 2200 ihr Interesse, Teil des Forums zu werden. Daraus ermittelte ein Algorithmus 1000 mögliche Zusammensetzungen eines Bürgerrates nach den vom Bundestag bestimmten Kriterien. Bas loste schließlich eine dieser Varianten des Bürgerrats mit 160 Teilnehmern aus. Dafür zog sie die drei Ziffern für die Zusammensetzung des Rates: Nummer 187.

Wie soll der Bürgerrat arbeiten?

Bereits am Wochenende kommt der Bürgerrat das erste Mal zusammen. Insgesamt sind drei Wochenendtreffen und sechs digitale Sitzungen geplant. Bis zum 29. Februar 2024 soll das Gremium dann ein „Bürgergutachten“ mit Empfehlungen vorlegen – und zwar maximal neun, wie es im Konzept heißt. So sollen bewusst Prioritäten gesetzt werden. Abgestimmt werden soll mit Mehrheit, sichtbar werden sollen aber auch Minderheitspositionen. Als „Aufwandspauschale“ gibt es 100 Euro pro Präsenz-Sitzungstag und 50 Euro pro Digital-Sitzung. Zur fachlichen Unterstützung soll ein wissenschaftlicher Beirat dienen.

Worum genau geht es in der Sache?

Das Thema lautet „Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben.“ Dabei soll sich das Gremium vor allem damit befassen, wo der Staat in der Ernährungspolitik aktiv werden soll und wo nicht. Konkrete Themen sind zum Beispiel Kennzeichnungen zur Umweltverträglichkeit und zu Tierwohlstandards, der Steuerrahmen bei Lebensmitteln oder Lebensmittelverschwendung. Im Fokus sollen mögliche Maßnahmen stehen, für die der Bundestag zuständig ist.

Wie sind die Erwartungen?

Die Verbraucherzentralen unterstützten das Konzept, Bürgerinnen und Bürger gemeinsam Lösungsvorschläge für gesellschaftliche Fragen diskutieren zu lassen. Für einen gelungenen Transformationsprozess der Land- und Ernährungswirtschaft sei das gerade wichtig, um ihre Alltagserfahrungen einfließen zu lassen, sagte die Fachreferentin des Bundesverbands, Carolin Krieger.Von Union und AfD kam vorab Kritik an dem neuen Gremium, das vom Parlament nicht benötigt werde. In der Schublade verschwinden soll das „Bürgergutachten“ nicht. Festgelegt ist schon eine Aussprache im Plenum, dem könnten sich dann noch vertiefende Beratungen in den Bundestagsausschüssen anschließen.

Die Politikwissenschaftlerin Glaab warnte gegenüber der F.A.Z. davor, den Bürgerrat mit Erwartungen zu überfrachten. „Bürgerräte bieten zwar Raum für Grundsatzdebatten, aber sie können nicht alle Repräsentationsdefizite in der Demokratie beheben.“ Glaab wies auch auf die Bedeutung einer guten Kommunikation hin, sowohl was den Auftrag des Gremiums als auch die Ergebnisses des Prozesses betreffe. Nur so könnten Enttäuschungen bei den Teilnehmenden vermieden und die öffentliche Debatte über Ernährung bereichert und versachlicht werden.

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