Wissenschaft

#Riesige Kohlenstoffspeicher im Boden

Große Mengen an Kohlenstoff lagern im Boden. In Klimamodellen wird jedoch bislang meist nur organischer Bodenkohlenstoff einbezogen, der beispielsweise aus verrottenden Pflanzen stammt. Anorganischer Kohlenstoff, der unter anderem in Form von Kalk vorkommt, galt bislang als weitgehend stabil, sodass die Wissenschaft davon ausging, er würde eine zu vernachlässigende Rolle für den globalen Kohlenstoffhaushalt spielen. Doch nun zeigt eine Studie, dass die riesigen Speicher anorganischen Kohlenstoffs anfällig für Umweltveränderungen sind und beispielsweise durch das Versauern von Böden freigesetzt werden.

Unsere Böden sind ein wichtiger Speicher für Kohlenstoff. Im Fokus steht bislang vor allem der organische Kohlenstoff, der beispielsweise von Pflanzen im Laufe ihres Lebens gebunden wird und nach ihrem Absterben in den Boden gelangt. Doch auch in anorganischer Form ist Kohlenstoff in vielen Böden reichlich vorhanden. In Verbindung mit Kalzium beispielsweise bildet er Kalziumkarbonat, also Kalk, das sich je nach Umweltbedingungen über lange Zeitspannen im Boden anreichert.

Anfälliger als gedacht

„Das Problem ist jedoch, dass dieser riesige Kohlenstoffspeicher anfällig für Umweltveränderungen ist, insbesondere für die Versauerung des Bodens“, erklärt Yuanyuan Huang von der chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking. „Säuren lösen Kalziumkarbonat auf und geben es entweder als Kohlendioxidgas oder in gelöster Form ins Wasser ab.“ In bisherigen Klimamodellen werden die anorganischen Kohlenstoffspeicher im Boden jedoch üblicherweise nicht berücksichtigt. „Deshalb sind der Umfang und die Verteilung des anorganischen Kohlenstoffs im Boden sowie mögliche Einflussfaktoren weitgehend unbekannt sind“, schreiben Huang und ihr Team.

Um diese Forschungslücke zu schließen, haben sie eine globale Datenbank der anorganischen Kohlenstoffspeicher im Boden zusammengestellt. Die Basis dafür bilden 223.593 Messungen von mehr als 55.000 Messstellen weltweit, die viele verschiedene Kontinente, Klimazonen, Bodenarten und Ökosysteme umfassen. Dabei berücksichtigte das Team jeweils den anorganischen Kohlenstoff in der oberen Bodenschicht bis zu einer Tiefe von zwei Metern. „Die Messungen zeigen, dass der Gehalt an anorganischem Kohlenstoff sehr variabel ist“, berichtet das Team. „42 Prozent der Bodenproben enthalten nahezu keinen anorganischen Kohlenstoff, andere dagegen erreichen hohe Werte von mehr als 100 Gramm Kohlenstoff pro Kilogramm Boden.“ Die höchsten Kohlenstoffwerte treten dabei in trockenen Regionen im Nahen Osten, der Sahara und dem mittleren Westen der USA auf, aber auch entlang von Flüssen, Seen und Küstengebieten mit kalkreichen Ablagerungen.

Billionen Tonnen Kohlenstoff

Um die Messungen zu verallgemeinern und ein weltweites Bild zu erhalten, trainierten die Forschenden ein Modell des maschinellen Lernens darauf, den Gehalt an anorganischem Kohlenstoff im Boden anhand von Faktoren wie Klima, Bodeneigenschaften, Vegetation und menschlicher Nutzung abzuschätzen. „Mit diesen Berechnungen kommen wir zu dem Ergebnis, dass die oberen Bodenschichten bis zu einer Tiefe von zwei Metern weltweit mehr als 2,3 Billionen Tonnen anorganischen Kohlenstoff speichern“, berichtet das Team. Das ist mehr als das Fünffache des Kohlenstoffs, der in der gesamten Vegetation der Welt gespeichert ist.

Angesichts der Versauerung der Böden könnten innerhalb der kommenden 30 Jahre bis zu 23 Milliarden Tonnen Kohlenstoff aus den Böden freigesetzt werden, wie die Forschenden ermittelten. Ob der Kohlenstoff dabei direkt in die Atmosphäre gelangt, in gelöster Form in Gewässern bleibt oder sich in tieferen Bodenschichten wieder absetzt, hängt jedoch von vielen verschiedenen Faktoren ab, die bislang erst unzureichend verstanden sind. Auch die Auswirkungen auf die Bodenqualität und das Pflanzenwachstum sind komplex.

Relevant für Klimamodelle

„Veränderungen des anorganischen Kohlenstoffs wirken sich auf die Nährstoffverfügbarkeit, die Pflanzenproduktivität, das Säurepuffervermögen des Bodens und die Stabilität des organischen Kohlenstoffs aus“, erklärt das Team. „Zudem kann eine kleine Veränderung dieses Bestands große Auswirkungen auf die CO2-Konzentration in der Atmosphäre und damit auf die globale Erwärmung haben.“ Da der pH-Wert der Böden durch den Klimawandel sowie menschliche Industrie und Landwirtschaft immer saurer wird, gehen die Forschenden davon aus, dass der Abbau von anorganischem Kohlenstoff aus dem Boden seit der vorindustriellen Zeit zugenommen hat und sich weiter beschleunigen wird. Wichtig sei deshalb, auch diesen Faktor bei zukünftigen Modellierungen einzubeziehen.

Quelle: Yuanyuan Huang (Chinesische Akademie der Wissenschaften, Peking) et al., Science, doi: 10.1126/science.adi7918

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