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Schafft der „Elektro-Passat“ 600 km am Stück? › Dr. Windows

Schafft der „Elektro-Passat“ 600 km am Stück? › Dr. Windows

Neulich durfte ich einen Leserwunsch erfüllen und habe mir dazu für zwei Wochen einen VW ID.7 ausgeliehen. Im ersten Teil meines Alltagstests habe ich mich dem generellen Fahreindruck und dem Infotainment samt Navigation gewidmet. Nun folgt der zweite und letzte Teil meines Alltagstests zum „Elektro-Passat“ VW ID.7. Dieses Mal dreht sich alles um den Verbrauch, die Reichweite und das Laden. Bevor es jedoch auf die Strecke geht, hier erst einmal die technischen Daten zum VW ID.7.

Technische Daten

• Modell: VW ID.7 Pro (seit 2023 erhältlich),
• Fahrzeugklasse: Oberklasse-Limousine,
• Antrieb: 1x E-Motoren von VW mit 210 kW/286 PS,
• Abmessungen: 4,96 m Länge, 2,14 m Breite (inkl. Außenspiegel), 1,54 m Höhe,
• Radstand: 2,96 m,
• Kofferraum: 532 Liter (bei umgeklappten Rücksitzen: 1.586 Liter),
• Reifen: 235/40 R19,
• Akku: Lithium-Ionen-Akku mit 82 kWh (netto: ca. 77 kWh),
• Basispreis: 55.000 €
• Testwagenpreis: ca. 66.000 €

Da sich der VW ID.7 die Mischbereifung schenkt, sind schon mal die Fahrwiderstände, allen voran der Rollwiderstand der Reifen, niedriger. Das sollte sich positiv auf den Verbrauch und letztlich auf die Reichweite auswirken. Zwar mögen manche sportlichen Fahrer die Mischbereifung, um mehr Grip zu haben, doch damit steigt auch der Verbrauch.

Was verbraucht der VW ID.7?

Laut VW soll der ID.7 im kombinierten WLTP-Zyklus 13,4 kWh pro 100 km verbrauchen. Dabei handelt es sich um eine Verbrauchsangabe, die ohne aktivierte Klimaanlage bei um die 20 Grad Celsius ermittelt wurde. Wie üblich soll der WLTP-Verbrauch lediglich den Vergleich verschiedener Fahrzeuge miteinander erleichtern. Was davon in der Realität übrig bleibt, steht auf einem anderen Blatt. Zu bedenken ist zudem, dass 10 % Ladeverluste beim WLTP-Verbrauch einkalkuliert sind. Schließlich kann es – je nach Ladesäule – zu mal mehr, mal weniger hohen Ladeverlusten beim Aufladen kommen. Geeicht sind nämlich nur die Schnellladesäulen, die DC-Strom abgeben und am direkt an der Ladesäule steckenden Kabel zu erkennen sind. Bei Wallboxen ist die Ladeleistung nicht nur deutlich geringer, es kann auch zu Ladeverlusten kommen. Daher berechnet der WLTP-Verbrauch – pauschal – Ladeverluste mit ein, bei der WLTP-Reichweite hingegen sind die Ladeverluste nicht angegeben. So viel zu dem leidvollen Thema Herstellerangaben.

Im Alltagstest überrascht der VW ID.7 jedoch. Mit aktivierter Klimaautomatik, Licht und Navigation begnügte sich der VW ID.7 mit nur 13,8 kWh bei Stadt-/Überlandfahrt. Hier zeigt sich die Abstimmung des permanent erregten Synchronmotors von Vorteil. So fährt der ID.7 bei städtischem Tempo und Landstraßengeschwindigkeit bis 100 km/h besonders effizient. Doch selbst bei Autobahn-Tempo von 120 bis 130 km/h bleibt der ID.7 effizient unterwegs. Der „Sweet Spot“ beim verwendeten E-Motor „APP550“ liegt bei 130 km/h, dann arbeitet der PSM im optimalen Wirkungsbereich. Erst nahe der elektronisch abgeregelten Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h steigt der Verbrauch merklich an.

  • Stadt- und Überlandfahrt bei 21 Grad Celsius: 13,8 kWh / 100 km
  • Autobahn-Verbrauch (bei 130 km/h): 18,9 kWh/100 km
  • Autobahn-Verbrauch (bei Top-Speed): ca. 24 kWh / 100 km

Im Vergleich dazu verbrauchte der zuvor getestete VW ID.4 mit dem Vorgänger-Motor APP310 und einem maximalen Drehmoment von 310 Nm noch 15,3 kWh ebenfalls auf dieser Strecke. Der neue Elektromotor, den die VW-Spezialisten im Komponentenwerk in Kassel entwickelt und gebaut haben, ist also sparsamer. Klar, auch die Karosserieform spielt eine Rolle, da der ID.4 schließlich ein SUV mit rund 4,60 m Länge ist, während der ID.7 eine Limousine ist, die mit 1,54 m Höhe deutlich niedriger aufbaut. Dafür streckt sich der ID.7 mit rund 4,96 m Außenlänge deutlich mehr.

Effizienter als der BMW i4

Zum Vergleich: Wer über den Tellerrand hinausschaut, wird feststellen, wie effizient der von VW selbst entwickelte elektrische Antriebsstrang ist. Denn im Vergleich zum VW ID.7 verbrauchte etwa der zuvor von mir getestete BMW i4 bei Stadt und Überlandfahrt 18,9 kWh/100 km. Dabei ist der BMW nicht nur etliche tausend Euro teurer in der Anschaffung, sondern auch noch rund 10 cm kürzer und bietet weniger Platz. Besonders schmerzhaft ist es für die Fond-Passagiere, die in Froschhaltung sitzen müssen. Kein Vergleich zu den opulenten Platzverhältnissen im VW.

VW ID.7 schafft (fast) 560 km Reichweite – mit kleinem Akku

Die Werksangabe für den vollelektrischen VW ID.7 Pro lautet bis zu 619 km Reichweite pro Akkuladung. Wie bereits im Verbrauchskapitel erläutert, bezieht sich diese Angabe auf den WLTP-Verbrauch mit ausgeschalteter Klimaanlage und bei 20 Grad Celsius Außentemperatur. Im Alltagstest überrascht der ID.7 jedoch, denn bei Fahren hauptsächlich im innerstädtischen Bereich sowie auf Landstraßen mit maximal 100 km/h sind annähernd 600 Kilometer Reichweite tatsächlich möglich und das mit eingeschalteter Klimaautomatik.

  • Stadt- und Überlandfahrt (bei 21 Grad Celsius): 13,8 kWh/100 km -> Reichweite von ca. 560 km
  • Autobahn-Verbrauch (bei 130 km/h): 18,9 kWh/100 km -> Reichweite von ca. 410 km
  • Autobahn-Verbrauch (bei Geschwindigkeiten von mehr als 130 km/h): 24 kWh/100 km -> Reichweite: 320 km

Die Werksangabe von 619 km Reichweite verfehlt der VW ID.7 Pro, was jedoch keine Überraschung darstellt. Schließlich verbrauchen auch Verbrenner mehr, als es der Hersteller angibt. Im Alltag will man zudem eher nicht ohne Heizung oder Klima fahren und das kostet nun mal Reichweite, je nach Außentemperatur. Dennoch sind zwischen 400 und 560 km im Alltag problemlos mit dem VW ID.7 Pro mit dem kleinen Akku möglich. Das zeigt, wie effizient der von VW in Kassel gebaute permanent-erregte Synchronmotor arbeitet. Immerhin wird hier ein 4,96 m langes Fahrzeug bewegt!

Selbst wer auf der Autobahn nahe der 180 km/h Höchstgeschwindigkeit unterwegs ist, bekommt – bei einstelligen Außentemperaturen – einen Verbrauch von 24 kWh gemeldet. Damit lässt sich immer noch rund 320 km weit fahren, wenn man den kleinen Akku mit nur 77 kWh nutzbarer Kapazität gekauft hat. Wem das nicht reicht, für den bietet VW den ID.7 als Pro S mit dem 91 kWh (nutzbar: 86 kWh) großen Akkupaket an. Dann kratzt der „Elektro-Passat“ an der 700-km-Reichweiten-Marke, zumindest laut Herstellerangabe.

 

Laden: in unter 30 Minuten auf 80 %

Für die Langstrecke ist jedoch nicht nur eine hohe Reichweite wichtig, auch die Ladegeschwindigkeit ist ein entscheidender Faktor. Schließlich will man nicht unnötig lange an der Schnellladesäule stehen. Das interne VW-Navi, welches auf TomTom-Karten und Verkehrsinfos zurückgreift, plant notwendige Ladestopps automatisch ein. Man kann angeben, mit wie viel Puffer an Akku man an der Ladesäule ankommen möchte, das VW-Navi berücksichtigt dies dann. Im Test klappte die Ladeplanung problemlos. Zudem gefällt, dass in der Navi-Karte ersichtlich ist, ob eine Ladestation frei (grün) oder belegt (rot) ist.

An der Ladestation angekommen, überraschte der VW ID.7. So verfügt der größte E-VW über nur 400-Volt-Ladetechnik, und doch schafft er es, die Werksangabe einzuhalten. Schließlich versprechen die Niedersachsen, dass der ID.7 in ca. 28 Minuten von 10 auf 80 Prozent geladen ist (oder in 23 Minuten von 20 auf 80 Prozent). Bei mehreren Ladevorgängen zu unterschiedlichen Temperaturen konnte der ID.7 immer seine Werksangabe erfüllen. So sind die 80 Prozent im Akku in manchen Ladungen bereits in 24 Minuten im Akku. Das spricht dafür, dass die maximale Ladegeschwindigkeit von 175 kW lange gehalten wird. So ist nicht nur die Peak-Leistung interessant, wichtig ist, wie lange eine hohe Ladeleistung von z. B. mehr als 100 kW gehalten werden kann. Oder kurz: Wie die Ladekurve verläuft. Der ID.7 macht hier seine Sache hervorragend, auch wenn es schon Konkurrenten gibt, die mit 800-Volt-Systemen noch schneller laden. Dann sind auch Ladezeiten von ca. 20 Minuten auf 80 Prozent Akkustand möglich. Künftig wird wohl gar das Fenster von nur 15 bis 18 Minuten für eine Ladung von 10 auf 80 Prozent anvisiert, doch dazu sind hohe Ladeleistungen vonnöten, wie es etwa der Smart #5 mit seiner Technik aus dem chinesischen Geely-Konzern beweist. Hier liegt die Peak-Ladeleistung bei 400 kW, verspricht zumindest die Ex-Mercedes-Marke.

Fazit

Der „Elektro-Passat“ VW ID.7 gefällt im Alltagstest mit seinen opulenten Platzverhältnissen, dank des 2,96 m messenden Radstandes. Zudem gibt es erstklassige Sitze mit Massagefunktion, die sogar im Sommer den Rücken kühlen können. Auch die Progessivlenkung ist eine Empfehlung, hilft sie doch, den 4,96 m langen ID.7 zielsicher und genau zu manövrieren. Auf der Langstrecke kann auch der Federungskomfort des optionalen DCC-Fahrwerks überzeugen, das die Spreizung zwischen Sport und Komfort auf Knopfdruck zu bieten hat. Doch wo Lob ist, gibt es auch Raum für Verbesserung. Die Touch-Bedienung am Lenkrad lenkt sehr ab und ist wenig präzise im Vergleich zu Tasten. Die Klimabedienung nur über Touchscreen ist ebenfalls im Praxistest durchgefallen und nervt. Immerhin gelobt VW hier bei künftigen Modellen Besserung. Gut gefallen hat die Ladegeschwindigkeit am Schnelllader, zumindest wird die Werksangabe eingehalten. Auch wenn eine 800-Volt-Ladetechnik die Ladezeit deutlich verkürzen würde und daher zu wünschen ist. Die reale Reichweite beträgt – je nach Geschwindigkeit und Außentemperatur – zwischen 400 und 560 Kilometern beim kleinen 77-kWh-Akkupaket ID.7 Pro. Wer mehr möchte, muss zum ID.7 Pro S greifen und hat dann 86 kWh nutzbaren Akku. Bei einem Verbrauch in der Stadt und Überland von 13,8 kWh/100 km lassen sich dann tatsächlich mehr als 600 km pro Akkuladung im ID.7 fahren.

Über den Autor

Claus Ludewig

Claus Ludewig

Ich bin mit Windows 98 aufgewachsen und habe seitdem jede Windows- und Office-Version genutzt. Zum Entspannen dient die Xbox. Neben der engen Verbundenheit zu Microsoft-Produkten, schaue ich auch gerne mal über den Tellerrand hinaus in die weite Welt. Ich interessiere mich für alles, was vier Räder hat. In diesem Sinne nehme ich Euch gerne zu einer Spritztour mit.

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