#„Schnell gegen Coronavirus-Mutanten eingreifen“
„„Schnell gegen Coronavirus-Mutanten eingreifen““
Die britische, die südafrikanische und neuerdings auch die brasilianische Mutante des Coronavirus sind auch in Hessen entdeckt worden. Handelt es sich jeweils nur um Einzelfälle?
Thorsten Winter
Wirtschaftsredakteur und Internetkoordinator in der Rhein-Main-Zeitung.
Da in den vergangenen Monaten in Deutschland nicht breitflächig ungezielt nach Mutationen unter den positiven Befunden geschaut wurde, bleibt zunächst unklar, wie weit verbreitet die Varianten sind, und inwieweit die bisher vorherrschenden Varianten verdrängt werden. Erste Untersuchen legen aber nahe, dass die Varianten aus Großbritannien, Südafrika und Brasilien sich bisher nicht zu vorherrschenden Varianten in Deutschland entwickelt haben.
Wie oft haben Ihre Labore gezielt nach Mutanten gesucht?
Bisher wurde insbesondere dann durch Sequenzierung nach Mutationen geschaut, wenn es hierfür einen besonderen Anlass gab. In der Diagnostik etwa, wenn ein PCR-Test unerwartet ein negatives Ergebnis in der Testung auf ein bestimmtes Gen ergibt, oder wenn etwa eine Zweitinfektion aufgetreten ist. Darüber hinaus ist aber auch die „ungezielte“ Untersuchung von Proben auf Mutationen in der RNA-Sequenz wichtig, auch um Auswirkungen auf die Wirksamkeit von Impfungen frühzeitig zu erkennen.
Muss es für die Suche nach Mutanten einen bestimmten Anlass geben wie etwa die Einreise aus einem gewissen Land? Oder gibt es spezielle Symptome?
Anlässe, die zur Analyse der Sequenz und somit zur Suche nach Mutationen führen, sind etwa auffällige Konstellationen in der PCR-Diagnostik, Re-Infektionen, oder auch eine besondere Reiseanamnese (Informationen über vorangegangene Reisen; d.Red.). Spezielle Symptome sind bisher für keine der Varianten bekannt.
Wie aufwändig ist ein solcher Test?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, nach einer Mutation zu schauen. Die Sequenzierung des Virusgenoms, also die Entschlüsselung des gesamten Genoms, ist mit verschiedenen Methoden in der Regel sehr zeitaufwendig und auch teuer. Möchte man gezielt nach einer bestimmten Mutation schauen, kann man häufig auch etwa spezielle PCR-Verfahren anwenden.
Tests kosten auch immer Geld. Wie viel mehr kostet es, eine Mutante zu sequenzieren, als einen normalen PCR-Test zu machen?
Eine Sequenzierung ist mit deutlich mehr Aufwand verbunden als ein PCR-Test. Das Labor erhält eine erheblich höhere Vergütung.
Sollten die Kontakte von Menschen, die sich mit einer mutierten Version infiziert haben, durch die Gesundheitsämter priorisiert nachverfolgt werden?
Es gibt eine Vielzahl von Mutationen von Sars-CoV-2. Bei den wenigsten verändern sich die Eigenschaften des Virus durch die Mutation in einer Art, die eine leichtere Ausbreitung, ein schwereres Krankheitsbild, eine schlechtere Wirksamkeit nach durchgemachter Infektion oder Impfung oder Probleme für die Diagnostik befürchten lassen. Ist dies aber der Fall, wie etwa bei den Virus-Varianten aus Großbritannien, Südafrika oder Brasilien, so handelt es sich hier um Varianten, deren Ausbreitung dringend frühzeitig eingedämmt werden muss. Hier müsste also tatsächlich priorisiert eingeschritten werden.
Wirken denn die bekannten Impfstoffe, allen voran jener von Biontech aus Mainz, auch gegen die Mutationen?
Genau das ist jetzt eine Frage mit sehr hoher Priorität. Wir haben bereits Aussagen von Biontech gehört, die davon ausgehen, dass ihr Impfstoff auch bei der Variante B.1.1.7 wirkt. Für alle Impfstoffkandidaten, sowohl bei den in Europa zugelassenen, als auch bei den übrigen, muss das dringend überprüft werden. Die gute Nachricht ist, dass sich die mRNA- und Vektor-Impfstoffe recht gut an neue Virusvarianten „anpassen“ lassen.
In der Politik sorgen die Mutanten für erhebliche Aufregung. Ist sie gerechtfertigt?
Ja, denn es gibt bei besorgniserregenden Varianten, etwa wenn von höherem Ansteckungspotential ausgegangen wird, nur ein relatives kurzes Zeitfenster, um zu verhindern, dass diese sich auch bei uns zur vorherrschenden Linie entwickeln. Daher muss hier sehr schnell und effektiv eingegriffen werden.
In der Debatte um Lockerungen gilt die Inzidenz als Richtwert. Der Chef des Frankfurter Gesundheitsamts meint dagegen: „Entscheidend ist, wie viel freie Intensivkapazitäten und wie viele freie Kapazitäten wir überhaupt in den Krankenhäusern haben.“ Stimmen Sie ihm zu?
Das Bild über die aktuelle Situation im Umgang mit Covid-19 ergibt sich nicht nur aus einem oder zwei Parametern, es spielt eine Vielzahl von Daten eine Rolle. Hierbei hat die Inzidenz eine Berechtigung, ebenso schauen wir jedoch auch auf die Kapazitäten unserer Intensivstationen. Sie spiegeln jedoch unterschiedliche Aspekte wider, und müssen deshalb auch völlig unterschiedlich interpretiert werden.
So beginnt der Tag in Frankfurt und Rhein-Main: das Wichtigste in Kürze, mit Hinweisen auf mobile Blitzer, Straßensperrungen, Gaststätten.
Wie beurteilen Sie die Erfolgsaussichten der Antikörpertherapie, bei der Antikörper aus dem Blut von Genesenen nun Kranken helfen sollen?
Die bisher veröffentlichen klinischen Studien zeigen vor allem einen Nutzen bei dem Einsatz in der frühen Phase der Erkrankung, bei gleichzeitig hoher Viruslast oder als Postexpositionsprophylaxe bei Menschen, bei denen ein schwerer klinischer Verlauf zu erwarten wäre.
Kann diese Form der Therapie die Krankenhäuser spürbar entlasten?
Bei optimaler breitflächiger Anwendung in den Hochrisikogruppen wäre das tatsächlich denkbar.
Wer sollte Antikörper-Medikamente bekommen?
Die Antikörper-Medikamente eignen sich vor allem für Risikopatienten wie Heimbewohner oder Immunsupprimierte. Sie sollten in einem frühen Stadium der Erkrankung gegeben werden, also bevor ein Patient schwer erkrankt ist.
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