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#Sechs Jahre Haft, weil sie den Krieg beim Namen nennt

„Sechs Jahre Haft, weil sie den Krieg beim Namen nennt“

Mit Marija Ponomarenko ist am Mittwoch die erste Journalistin zu einer langen Haftstrafe unter Russlands faktischer Militärzensur verurteilt worden. Sechs Jahre soll die 44 Jahre alte Mutter zweier Töchter laut der Entscheidung eines Gerichts in Barnaul, der Hauptstadt der südsibirischen Region Altai, ins Straflager. Zudem verbot das Gericht Ponomarenko auf weitere fünf Jahre, eine journalistische Tätigkeit auszuüben. Der Zusatz verdeutlicht, wie es dem Regime darum geht, jede Kritik am Ukrainekrieg zu unterbinden. Die Einzelheiten des Falls zeugen von Staatssadismus.

In Barnaul ist Ponomarenko als Aktivistin bekannt. Sie arbeitete für „RusNews“, das viel über Proteste berichtet. 2020 und 2021 wurde die Journalistin zu Geldbußen verurteilt. So, weil sie eine Gesichtsmaske mit einem Rücktrittsaufruf an die Adresse von Präsident Wladimir Putin getragen hatte. Strafermittlungen wegen wiederholter Versammlungsrechtsverstöße wurden gegen sie geführt, auch darauf stehen Haftstrafen. Allein am 1. März des vorigen Jahres hatte Ponomarenko laut „RusNews“ vier Gerichtstermine.

Bestraft wird jedes Abweichen von der Kreml-Propaganda

Kurz darauf traten eilends verabschiedete Verbote in Kraft, Russlands Streitkräfte zu „diskreditieren“ und „Falschnachrichten“ über die Armee zu verbreiten. Angesichts der hohen Verluste und Rückschläge in der Ukraine liefen die Verbote auf eine Militärzensur hinaus: Bestraft werden kann jedes Abweichen von den Versionen, die Russlands Verteidigungsministerium zum „Spezialoperation“ genannten Krieg verbreitet.

Ponomarenko wurde Ende April des vergangenen Jahres unter entsprechenden Vorwürfen festgenommen, als sie gerade in Sankt Petersburg war. Sie hatte auf einem Telegram-Kanal über die Bombardierung des Theaters der ukrainischen Hafenstadt Mariupol geschrieben; der Post ist längst gelöscht. In dem Gebäude hatten Hunderte Zivilisten Schutz vor den russischen Angriffen gesucht. Vor und hinter dem Gebäude war, gut sichtbar aus der Luft, das russische Wort für „Kinder“ auf den Boden geschrieben worden. Vergebens.

Amnesty International geht von mindestens einem Dutzend Toten und einem russischen Kriegsverbrechen aus. Andere Quellen sprechen von 300 bis 600 Toten. Russlands Verteidigungsministerium sah dagegen eine „Inszenierung“ Kiews. Für den Post in dem Telegram-Kanal mit rund 1600 Abonnenten drohten Ponomarenko bis zu zehn Jahre Haft.

Eine Tortur begann

Eine Tortur begann. Die Journalistin wurde im Frühsommer 2022 aus Petersburg ins mehr als 4000 Kilometer entfernte Barnaul verlegt. Im Gefangenenwaggon sei es heiß, stickig, verraucht und schmutzig gewesen, schrieb Ponomarenko aus der Haft, mit nur sechs matratzenlosen Schlafplätzen auf drei Quadratmetern für zehn Insassen plus Gepäck. Im Barnauler Untersuchungsgefängnis kam Ponomarenko, die an Platzangst leidet, in eine Zelle mit zugeklebten Fenstern, durch die kein Sonnenlicht drang.

Nach eineinhalb Monaten schlug sie die Scheibe ein und kam eine Woche in Strafeinzelhaft. Nach der Rückkehr in die Zelle schnitt sie sich eine Ader auf, erklärte das vor Gericht mit den „Folterbedingungen“. Zum auf sie ausgeübten Druck gehörte, dass auch die beiden minderjährigen Töchter der Journalistin verhört wurden. Im November wurde Ponomarenko aus dem Untersuchungsgefängnis in den Hausarrest überführt – aber in die Wohnung ihres früheren Mannes. Ende Januar stritten die beiden so sehr, dass Ponomarenko selbst zur Polizei ging und zurück in Untersuchungshaft kam.

Schon zwei Dutzend Urteile sind in Prozessen um „Fakes“ über die Armee in Russland ergangen. Die Moskauer Oppositionspolitiker Ilja Jaschin und Alexej Gorinow erhielten achteinhalb respektive knapp sieben Jahre Haft, eine Bloggerin neun Jahre, Letztere indes in Abwesenheit. Der Trend geht zu immer härteren Strafen. Ponomarenko trat vor Gericht, dem sie im landesüblichen Käfig vorgeführt wurde, ungebrochen auf, formte mit gefesselten Händen ein Herz.

„Was geht bei uns im Land vor sich?“, sagte die Journalistin in ihrem Schlusswort. „Wenn Krieg herrscht, nennt den Krieg beim Namen und wendet dann Militärzensur an.“ Die Kriegssymbole „Z“ und „V“ müssten verschwinden, und diejenigen, die sie erdacht hätten, eingesperrt werden. Denn diese Symbole seien es, die die Armee eigentlich diskreditierten. Die Journalistin schloss mit der Hoffnung, vorzeitig freizukommen: Totalitäre Regime erschienen dann am stärksten, wenn sie kurz vor dem Zusammenbruch stünden.

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