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#Sehbehinderter Schwimmer Taliso Engel will zu Olympia

Fünfzig Meter lang und zweieinhalb Meter breit. Die Maße der Schwimmbahn bieten auf den ersten Blick nicht gerade viel Platz zur Selbstverwirklichung. Für Taliso Engel jedoch ist es ausreichend Raum, um Höchstleistungen zu präsentieren und dabei ein besonderes Gefühl von Freiheit zu erleben.

Denn wenn der 21-Jährige in dieser Woche bei der Para-Schwimm-WM in Manchester antritt, geht es nicht nur darum, seinen Titel zu verteidigen, sondern auch die Tiefpunkte der vergangenen Monate hinter sich zu lassen. „Endlich fühlt sich mein Körper gesund an“, sagt Engel. „In den letzten Jahren hatte ich immer wieder Verletzungen vor großen Wettkämpfen, war öfter mal krank. Das war nicht immer einfach.“ Im Dezember vergangenen Jahres folgte dann ein Rückschlag, der sogar fast das Karriereende des erfolgreichen Para-Athleten bedeutet hätte.

„War schon hart“

„Im Trainingslager in der Türkei bekam ich starke Probleme mit dem rechten Ohr. Hatte Schmerzen. Es floss Blut und Eiter heraus“, erinnert sich Engel. Die Diagnose lautete: eine verschleppte Mittelohrentzündung und ein Riss des Trommelfells. Engel, der seit seiner Geburt mit einer starken Sehbehinderung lebt, verlor nun zusätzlich auf einem Ohr das Gehör.

Ob der Schaden jemals verheilt, können die Ärzte bis heute nicht sagen. „Bei meiner Sehbehinderung, da kenne ich es nicht anders. Das ist für mich normal“, sagt Engel. „Für Leute wie mich ist das Hören allerdings schon extrem wichtig. Schon in der Schule konnte ich so immer alle Gespräche und das Geschehen irgendwie um mich rum mitverfolgen. Dann die Diagnose zu bekommen: Okay, kann sein, dass du für immer da taub bleibst, war schon hart.“

Wochenlang musste Engel daraufhin das Schwimmbecken meiden. Para-Nationaltrainerin Ute Schinkitz spricht von einer „physisch und mental“ schwierigen Zeit für ihren erfolgreichen Schützling, der 2021 bei den Paralympics in Tokio über 100 Meter Brust Gold gewann – und dabei einen neuen Weltrekord aufstellte.

Bestleistungen, an die Engel nun wieder anknüpfen möchte. Dafür hat er in den vergangenen Wochen hart gearbeitet. Statt bloß möglichst viele Kilometer im Becken hinter sich zu bringen, hat er mit schneller Pace direkt wettkampforientiert trainiert. Die WM in Manchester soll nun ein wichtiger Schritt auf dem Weg in Richtung Paralympics in Paris sein.

Trotz der verletzungsbedingten Auszeit glaubt Engel weiterhin an seine Stärken: „Ich muss ganz ehrlich sagen, ich hab mich da nun relativ gut mit dem Ohr arrangiert“, sagt er. Dennoch kämen seit der schweren Verletzung hin und wieder einige neue Unsicherheiten hinzu. Beispielsweise auf den Flügen zu den Wettkämpfen oder Trainingslagern. Dort habe er nun ständig die Sorge, dass er den Druck auf dem gesunden Ohr nicht mehr ausgleichen könnte.

Goldmedaillengewinner: Taliso Engel siegte bei den Paralympics in Tokio.


Goldmedaillengewinner: Taliso Engel siegte bei den Paralympics in Tokio.
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Bild: picture alliance / Sportfoto Zink / Daniel Marr

Davon entmutigen lässt sich Engel nicht. Ein Ende seiner Karriere käme für ihn nicht in Frage. Dafür sorgt das Schwimmbecken, wo er sich, wie er sagt, befreit fühlt von den Zweifeln und Einschränkungen, die außerhalb auf ihn warten: „Dort weiß ich immer genau, wo ich bin. Die Bahnlinie kann ich ja noch immer erkennen. An der orientiere ich mich dann.“

Wie mit einer dunklen Brille

Die größte Herausforderung liege allerdings darin, den Abstand zur Wand früh genug einzuschätzen für die Wende und die Züge entsprechend anzupassen. Da hätten es die Schwimmer ohne Behinderung, mit denen Engel regelmäßig trainiert deutlich leichter. Man könnte sich seine Wahrnehmung im Becken wie das Schwimmen mit einer komplett dunklen Brille vorstellen, sagt der Para-Athlet.

Dessen ungeachtet träumt Engel davon, eines Tages auch an den Olympischen Spielen teilzunehmen – das ist bisher noch keinem Para-Schwimmer gelungen: „Ja, meine Leistung ist noch ein Stück weit davon entfernt“, sagt er und fügt prompt hinzu: „Aber jetzt auch nicht super weit.“ Zum Vergleich: Für seinen Weltrekord benötigte Engel 1:02,97 Minuten. Der deutsche Rekord von Lucas Matzerath liegt seit der Weltmeisterschaft in der vergangenen Woche bei 58,74 Sekunden.

Engels unmittelbarer Fokus liege aber zunächst auf der Para-WM. Nach der Goldmedaille bei den 100 Meter Brust am Dienstagabend geht es in den kommenden Tagen weiter mit 100 Meter Freistil, 50 Meter Kraul und 200 Meter Lagen. Länger sollen die Strecken aber auch nicht sein. Da würde man, so Engel, nur unnötig ins Grübeln kommen. Das aber störe seine Freude am Rennen und auch das Gefühl von Freiheit

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