#Sierra Leone wählt – und hat Angst vor Gewalt
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Fotos von Opfern des langen Bürgerkriegs sieht man in Sierra Leone immer seltener. Doch wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl an diesem Samstag sind sie vermehrt in den Medien aufgetaucht. Was ist mit dem Vorsatz „Nie mehr wieder“ passiert, fragte die Zeitung „Sierra Leone Telegraph“. Aufrufe zu einer friedlichen Stimmenabgabe häuften sich. Auch der in Großbritannien lebende Schauspieler Idris Elba, dessen Vater aus Sierra Leone stammt, meldete sich zu Wort: „Bitte, lasst uns dieses Land nicht in die Vergangenheit führen, wenn wir vorwärtsgehen müssen.“
Auslöser ist die jüngste Polizeigewalt gegen Demonstranten gewesen. Ein junger Mann wurde Berichten zufolge von Sicherheitskräften erschossen. Die größte Oppositionspartei All People’s Congress (APC) hatte angeblich zu den Protesten aufgerufen. Sie fordert den Rücktritt des Chefs der Wahlkommission und die Verschiebung der Wahl.
Stichwahl wahrscheinlich
Anzeichen von Unruhen lösen in dem kleinen westafrikanischen Land besondere Nervosität aus. Noch nicht vergessen ist der lange, 2002 beendete Bürgerkrieg, in dem zwei Millionen Menschen getötet oder vertrieben worden waren. Das war ein Drittel der Bevölkerung. Seit Kriegsende jedoch hat das Land zwei Jahrzehnte relativer Stabilität erlebt. Vier weitgehend freie und faire Wahlen fanden statt. Bis zur vergangenen Woche war auch der Wahlkampf eher ruhig verlaufen.
Um die Präsidentschaft ringen der Amtsinhaber Julius Maada Bio von der Sierra Leone People’s Party (SLPP) und Samura Kamara von der APC. Die beiden waren bereits 2018 gegeneinander angetreten. Damals gewann Bio mit einer knappen Mehrheit in einer Stichwahl.
Wer auch immer die Wahlen gewinnt, steht vor enormen Herausforderungen und ist mit wachsender Unzufriedenheit in der Bevölkerung konfrontiert. Sierra Leone gehört noch immer zu den ärmsten Ländern auf der Welt. Eine Inflation von derzeit 43 Prozent erschwert das Leben zusätzlich. Im August kam es deswegen zu Protesten in der Hauptstadt Freetown und anderen Städten. 33 Menschen kamen dabei ums Leben.
Der 59 Jahre alte Präsident hat in seiner Amtszeit unter anderem eine kostenlose Schulausbildung eingeführt, außerdem setzte er sich für die Gleichstellung der Geschlechter ein. Damit und auch mit einem Jobprogramm für Jugendliche versucht er im Wahlkampf zu punkten. Bio ist ein Veteran der Politik in Sierra Leone. Schon Mitte der Neunzigerjahre hatte er als Militärführer die Regierung nach einem Putsch übernommen, aber drei Monate später demokratische Wahlen ausgerichtet und die Macht übergeben.
Sein 72 Jahre alter Herausforderer gehört ebenfalls zum politischen Establishment, war früher Finanzminister, Außenminister und Zentralbankgouverneur. Im Wahlkampf warf er seinem Kontrahenten vor allem vor, für die schlechte wirtschaftliche Lage verantwortlich zu sein. Beobachter zollen ihm Sachverstand in Wirtschaftsfragen zu. Überschattet wird seine Kandidatur von einem Gerichtsverfahren wegen Korruptionsvorwürfen. Kamara soll bei geplanten Renovierungen des Konsulats in New York 2,5 Millionen Dollar veruntreut haben.
Ein großer Teil der Nachkriegsgeneration in Sierra Leone wird am Samstag erstmals zu den Wahlurnen gehen. Wie Umfragen ergaben, unterscheiden sich die Wünsche der Erstwähler jedoch nur unwesentlich von denjenigen der Älteren. Demnach sind die Sierra Leoner auch weiterhin überzeugte Verfechter der Demokratie. Der Sieger in der Präsidentschaftswahl muss 55 Prozent der Stimmen erlangen. Eine Stichwahl gilt auch diesmal als wahrscheinlich. Außerdem finden am Samstag die Parlaments- und Kommunalwahlen statt.
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